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Wohnzimmer-Sport
Die Vorturner in diesen Corona-Zeiten

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Das Video könnte simpler kaum sein: Eine junge Frau in schwarzen Leggings und pinkem Top trainiert auf einer blauen Matte ihre Bauchmuskeln. Aus dem Off klingt die Stimme eines Mannes, der erklärt, was die Frau gerade vorzeigt. So schnörkellos wie der Inhalt ist der Titel des Beitrags: «10 Minuten Bauchmuskeltraining».

Damit haben die Vorturnerin Kelli Segars und ihr Mann Daniel einen Nerv getroffen. Seit die Segars dieses Fitnessvideo am 17. Januar 2012 auf Youtube stellten, wurde es rund 69 Millionen Mal aufgerufen. «10 Min Abs Workout», wie es im Original heisst, zählt damit zu den meistgeschauten – und somit wohl auch meistmitgemachten – Fitnessfilmchen je.

600’000 Aufrufe pro Tag

Das Ehepaar ist mittlerweile so erfolgreich, dass es in diesem Jahr die 6-Millionen-Marke an Abonnenten knackte. Sein Angebot wird gerade in diesen schwierigen Corona-Zeiten innig angeklickt. Denn die Welt da draussen mag fast stillstehen, in den eigenen vier Wänden aber wird geschwitzt, gehechelt oder einfach nur schwer geatmet: Mehr als 2000 Bewegungsfreudige kommen zurzeit täglich zur Segars-Familie hinzu.

Fitness Blender, wie die Firma der Segars heisst, verzeichnet in diesen seltsamen Zeiten pro Tag mehr als 600’000 Aufrufe ihrer Filme (sonst sind es eher 300’000).

Das hängt auch damit zusammen, dass der Grossteil der Beiträge gratis ist, weil sie finden: Fitness soll möglichst vielen zugänglich sein, egal wo, egal ob reich oder arm, egal wie sportlich (oder eben unsportlich).

Dieses Credo mag etwas gar pathetisch klingen, die wohl erfolgreichsten Vorturner der Welt aber halten zu grossen Teilen, was sie versprechen: Weder werben der 39-Jährige und die 36-Jährige für irgendwelche (absurden) Produkte, noch verkaufen sie unnötige Gimmicks. Die Segars sind im Prinzip ganz klassische «Wohnzimmer-Personal-Trainer» für jedermann.

Nie würde man Daniel Segars beim Vorturnen oben ohne sehen.

Nie würde man Daniel Segars darum beim Vorturnen oben ohne sehen oder herumschreien hören. Auch auf Musik verzichten die beiden in den Beiträgen, da jeder seine Lieblingsstücke dazu laufen lassen soll. Weil sie zudem viele Übungen ohne Geräte vorzeigen, braucht es wirklich kaum Aufwand, mitzumachen.

Die vielen Mitturnerinnen

Und ein umkämpfter Markt garantiert, dass die Segars regelmässig mit neuem Inhalt nachlegen und via Website ein Angebot garantieren, das fast jedem Wunsch entspricht: ob für Einsteiger, Alte, Langsame oder Duracell-Hasen: Es hat für fast alle etwas. Wie das zum Textbeginn erwähnte Video offenbart, zählen ein flacher Bauch oder ein knackiger Po zu den Dauerbrennern. Ist es darum Zufall, dass der Grossteil der Mitbeweger weiblich ist – und zwischen 20 und 30 Jahre jung?

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Ganz können darum auch die geerdeten Segars nicht vom typischen Gedröhne der Branche lassen. Sie haben darum einen «Before & After»-Bereich eingerichtet, in dem ihre zufriedenen Kunden in Bildern und Texten schwelgen, wie sie sich erfolgreich verdünnten beziehungsweise modellierten. Die beiden versprechen allerdings weder schnelle Erfolge noch Monstermuskeln. Entsprechend sehen sie aus: zwar schlank und durchtrainiert, aber trotzdem noch sehr menschlich.

Start mit 5000 Dollar

Zu den Besonderheiten von Fitness Blender zählt auch die Entstehungsgeschichte: Die Segars arbeiteten beide als Fitnessinstruktoren, als sie 2008 innert einer Woche ein Haus kauften, heirateten und ihre Jobs verloren. Mit 5000 Dollar begannen sie, ihr Onlinetrainingsprogramm aufzubauen, während sie gleichzeitig allen möglichen Jobs nachgingen, um Geld zu verdienen.

Zufällig erfolgreich: Kelli und Daniel Segars.

In Werbung konnten sie nicht investieren, dafür schaffte es Kelli Segars, die Videos so clever zu verschlagworten, dass sie in der Google-Suche immer wieder rasch auftauchten. Nach fünf Jahren und einigen Hundert Filmen verfügten sie über 1 Million Abonnenten. Sie verdienen darum primär an der auf Youtube geschalteten Werbung – plus kostenpflichtigen Bonusbeiträgen, die sie sukzessive ausbauten.

Keineswegs nur eine Erfolgsstory

Einfach nur eine Erfolgsstory ist Fitness Blender nicht, was die Segars in ihren unregelmässigen Beiträgen auf ihrer Website offenlegen. Diese Ehrlichkeit schafft Nähe und macht sie authentisch. 2015/16 bauten sie eine komplett neue Internetplattform auf, nur um nach dem Start festzustellen, dass sie auf eine Betrügerfirma hereingefallen waren und diese Plattform nicht wie gewünscht funktionierte.

Ihre Herzen bluteten, der finanzielle Verlust war gross, die Motivation, weiterzumachen, erst klein. Sie rappelten sich auf und begannen von vorne. 2018 dann fiel Kelli Segars wegen einer Nervenkrankheit über Monate aus, wohl auch, weil sich das Duo über Jahre geschunden hatte und kaum pausierte.

Die Workaholics versuchen sich inzwischen zu verlangsamen und die Arbeit auf zusätzliche Schultern zu verteilen, was dank des gestiegenen Einkommens möglich ist (Zahlen legen sie keine offen). Fitness Blender aber dreht sich weiterhin primär um die Segars, schliesslich sind sie der Inhalt. Ohne die Star-Vorturner, die für ihre vielen Abonnenten zu unersetzlichen virtuellen Trainingspartnern geworden sind, läuft gar nichts.