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Mamablog: Plädoyer für einen Begriffswandel
Die verstaubte Hausfrau

Ergeben und immer gut gelaunt: Der Hausfrauen-Begriff lässt viele an Werbeclips aus den Fünfzigern denken.
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Die Küche glänzt, das Abendessen dampft auf dem Herd. Die frisch gekämmten Kinder sitzen erwartungsvoll am hübsch dekorierten Tisch. Ich streiche noch mein Kleid glatt, lege einen Spritzer Parfüm auf, einen Tupfer Lippenstift. Prüfe, ob mein Haar gut sitzt. Dann, endlich, öffne ich die Tür und begrüsse ihn mit meinem wärmsten Lächeln und mit sanfter Stimme: meinen Ehemann. Wait, what?! Ich kann nicht anders: Das verstaubte Bild der bürgerlichen, von der Werbung propagierten Fünfzigerjahre-Hausfrau krallt sich unwillkürlich in meinem Hirn fest, wenn ich das Wort Hausfrau höre. 

Ist es berufsbedingte Wortspalterei? Oder bin ich, gemeinsam mit der britischen Autorin Jacinta Nandi und ihrem gleichnamigen Buch, nur «die schlechteste Hausfrau der Welt?» Schliesslich wusste ich lange weder, wie man Flecken richtig entfernte, noch wie ein Haushaltsbudget zu führen war. Hatte nie genug Küchenpapier auf Lager und benutzte das Bügeleisen höchstens für die Bügelperlen meiner Kinder. Aber für mich klingt das Wort eben nach altbackener Spüli-Werbung aus den Fünfzigern und verkörpert ein Rollenbild, das heute einfach nicht mehr zeitgemäss ist. Jedenfalls konnte ich mich —und da bin ich sicher nicht die Einzige— während mehrerer Jahre zu Hause mit meinen Kindern nie damit identifizieren.

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Denn im Gegensatz zur englischen «Housewife» hört man der «Hausfrau» die fügsame Ehefrau zwar nicht an, was aber nicht heisst, dass sie nicht doch noch in ihr drinsteckt. Die Hausfrau aus der Spüli-Werbung definierte sich vorrangig ebenso über ihren Mann. Um seines Ansehens willen, und um das Bild bürgerlichen Wohlstands zu wahren, sollte sie ihre Arbeit möglichst im Verborgenen verrichten.  

Die soziale Vereinsamung der Hausfrau

Das war übrigens nicht immer so. Wie es zu dieser Unsichtbarkeit kam, erzählt Kulturwissenschaftlerin Evke Rulffes in ihrem Buch «Die Erfindung der Hausfrau – Geschichte einer Entwertung». Darin legt sie dar, wie sich das Konstrukt der bürgerlichen Hausfrau erst im 19. Jahrhundert entwickelte. Während sie zuvor als «Hausmutter» dem Haus und ihren Angestellten vorstand, wurde sie im Laufe der Zeit allein für Haus- und Care-Arbeit zuständig gemacht. Unter dem Deckmantel der Liebesheirat sollte sie diese gerne – da aus Liebe – und somit ohne Gegenleistung verrichten. So seien Haus- und Care-Arbeit spätestens in den Fünfzigerjahren zu einer unsichtbaren Selbstverständlichkeit geworden. Natürlich habe die technische Entwicklung die Arbeit etwas erleichtert. Doch je mehr diese durch eine Person machbar war, desto eher wurde sie von ihr gefordert. Die häufige Folge: die soziale Vereinsamung der Hausfrau. 

Diese Unsichtbarkeit sorgt bis heute für mangelnde gesellschaftliche Anerkennung. Nicht selten bekommen Frauen, die sich ausschliesslich um Haushalt und Kinder kümmern, zu hören: «Was machst du eigentlich den ganzen Tag? Kaffee trinken?» Jacinta Nandi kontert: «Die Wut darüber, dass Frauen, die ihr Leben mit unbezahlter Arbeit füllen, mit Kinderbetreuung, Putzen, Wäsche, Kochen – manchmal heisse Getränke dabei trinken, ist ziemlich alt.»

Bleib-zu-Hause-Mutter?

Warum gibt es vor diesem Hintergrund keinen bezeichnenderen Begriff für moderne Mütter, die in Vollzeit ihre Kinder betreuen und dabei die Hausarbeit leisten? Im englischsprachigen Raum hat sich nicht umsonst der Begriff «Stay-At-Home-Mum» etabliert, bei dem immerhin nicht der Mann im Vordergrund steht, sondern die Kinder.

Zugegeben, mir fällt gerade auch kein besserer Begriff ein. Aber vielleicht ja Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Etwas, was wir nicht schon hatten und uns mehr als ein müdes Lächeln einbringt. Schliesslich ist Sprache ein mächtiges Instrument, wenn es darum geht, Wirklichkeiten zu schaffen. Bis dahin kann man allerdings im ganz Kleinen etwas tun, um Sichtbarkeit für Hausarbeit zu schaffen: Wenn man zum Beispiel bei uns zu Besuch ist, sieht man meist irgendwo einen Wäschekorb mit ungefalteter Wäsche herumstehen. Und das ist fast ein bisschen Absicht.

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