Corona-Medienkonferenz«Die Hälfte der Ungeimpften, die jetzt im Spital liegen, hat keine Vorerkrankungen»
Fachleute von BAG und Taskforce informieren über die aktuelle Pandemie-Situation. Wir berichteten live.
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Das Wichtigste in Kürze
Schweizweit sind 84 Prozent der zertifizierten Intensivbetten belegt. 42 Prozent davon belegen Covid-Patienten
Laut Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD), ist das eine «hohe Auslastung».
Insgesamt seien 857 Covid-Patienten hospitalisiert, 534 auf Akutstationen, 291 auf Intensivstationen.
10 Prozent der 80 in Covid-Patientinnen und -Patienten, die auf eine Repatriierung in der Schweiz warten, sind dringliche Fälle. «Sie sollten innert Wochenfrist repatriiert werden.»
Da die Intensivstationen stark ausgelastet sind und die Patienten unterschiedliche Pflegebedürfnisse haben, wird ihr Empfang in der Heimat zentral koordiniert.
Gut zu wissen: Die Corona-Zahlen im Dashboard, der Impf-Monitor, die Auslastung der Spitäler, der internationale Corona-Ticker. Aktuell gelten diese Corona-Regeln.
Fragen und Antworten
Die Fragerunde hat begonnen.
Michael Jordi zur Repatriierung von Patienten
Michael Jordi, Generalsekretär der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren GDK, übernimmt das Wort.
Bei der Repatriierung von Covid-Patienten gehe die Verteilung über eine Koordinationsstelle. Diese übernimmt die zentrale Beurteilung nach einheitlichen medizinischen Kriterien und nach Dringlichkeit. Es dürfen keine direkten Anfragen an die Spitäler mehr gestellt werden. Man werde in den nächsten Wochen diese Methode anwenden und bei Bedarf Anpassungen vornehmen. Die Spitäler müssen ihre Kapazitäten im nationalen System immer aktuell halten.
«Wir sind nach wie vor nicht in einer normalen Situation, auch wenn wir uns eine normale Situation wünschen oder uns so verhalten. Auf IPS-Stationen bemüht man sich, das Möglichste zu tun. Trotzdem kann es zu Engpässen kommen. Deshalb sind Massnahmen nötig,» schliesst Jordi.
Laut Andreas Stettbacher sind rund 10 Prozent der 80 Covid-Patientinnen und -Patienten, die auf eine Repatriierung in der Schweiz warten, dringliche Fälle. «Sie sollten innert Wochenfrist repatriiert werden.»
Die anderen Patientinnen und Patienten könnten aktuell länger warten, sagte Stettbacher am Dienstag vor den Medien in Bern. Aber auch für sie seien die Kantone in der Verantwortung, Betten zur Verfügung zu stellen. Falls keine Intensivbetten gefunden werden könnten, werde die nationale Koordinationsstelle die Kantone bei der Suche unterstützen.
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Stettbacher über die Lage in den Spitälern
Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst KSD, spricht nun.
«Zurzeit sind 857 Covid-Patientinnen und -Patienten hospitalisiert, 291 davon liegen auf Intensivstationen. 84 Prozent der Intensivbetten in der Schweiz sind belegt. 42 Prozent davon sind Covid-19-Patienten. Die Zahl variiert nach Kanton.» Der Anteil der Corona-Patienten hat in den letzten Tagen um zwei Prozent zugenommen.
Die Reservekapazitäten sind in den Kantonen unterschiedlich verteilt, einige habe keine mehr. Zertifizierte Reservekapazitäten konnten in den letzten Tagen um 7 Prozent erhöht werden, nicht zertifizierte haben um 19 Prozent abgenommen. In 55 Spitälern gibt es 130 zertifizierte Reservekapazitäten, in 14 Spitälern 39 nicht zertifizierte. «23 Intensivstationen haben nur noch eine freie Kapazität bei den zertifizierten Betten.»
Alle Intensivstationen bemühen sich darum, Kapazitäten zu schaffen. Dafür müssen Patienten in stark belegten Intensivstationen in andere Spitäler verlegt werden. Der Bund unterstützt bei Bedarf die Verlegung durch eine Koordinationsstelle. Durch Verzicht von Operationen mit anschliessendem Intensivstation-Aufenthalt könnte man zusätzliche Plätze zur Verfügung stellen.
Mehr zum Thema: Jetzt beginnt der Verteilkampf um Covid-Kranke
Stadler über die Wirksamkeit der Impfung
«Die Pandemie ist erst zu Ende, wenn ein Grossteil eine Immunität entwickelt hat, entweder durch Infektion oder durch Impfung.»
Zweifel an der Wirksamkeit des Impfschutzes seien verständlich und Gegenstand internationaler Forschung. Der Impfschutz gegen Erkrankung ist laut aktuellem Wissensstand 90 Prozent. Trotzdem erreichen uns Nachrichten von reduzierter Wirksamkeit von 70 Prozent, doch diese seien auf eine Verzerrung der Statistik zurückzuführen. Dies, weil ältere Geimpfte einen geringeren Impfschutz haben und in der Statistik übervertreten sind, da sie noch immer die Mehrheit von den Hospitalisierten ausmachen.
«Doppelt geimpfte und infizierte Personen können das Virus in geringem Mass weitergeben,» so Stadler.
Tanja Stadler zum Schutz durch Massnahmen
Tanja Stadler, Präsidentin der Covid-19 Science Task Force, übernimmt das Wort.
Es überrasche nicht, dass das Virus in der Schule stark zirkuliert, wenn man die grössere Übertragbarkeit der Delta-Variante beachtet. Doch das wirke sich auch auf das psychische Wohlbefinden der Kinder aus.
In Spitälern müssen Operationen verschoben werden. Die Reiserückkehrer machen noch einen Drittel der Hospitalisierten aus, mit rückläufiger Tendenz. Doch diese werden vermehrt von jungen, sportlichen Menschen ohne Vorerkrankungen abgelöst. Diese sind zu einem grossen Teil nicht geimpft.
Mit den aktuellen Massnahmen und Werkzeugen wie Mund-Nasen-Schutz, Abstand, etc könnten die rund 1,1 Millionen Kinder, die noch nicht geimpft werden können, geschützt werden. «Doch keine Schutzmassnahme ist so wirksam wie die Impfung», so Stadler.
Masserey zur Impfkampagne
Virginie Masserey empfiehlt Genesenen, sich impfen zu lassen. Die Immunität nach einer Infektion sei beschränkt. Sie sei zudem weniger hoch nach einer asymptomatischen Erkrankung.
«Der Schutz durch die mRna-Impfungen ist sehr hoch, auch gegen die Delta-Variante.» Deshalb spreche man in der Schweiz noch nicht von Boosterimpfungen. Man stelle noch keinen verringerten Schutz der geimpften Personen fest. Das BAG verfolge die Lage aber weiter.
Wie steht es um die Impfungen von Kindern? «Die wiederholten Tests an Schulen weisen eine steigende Positivitätsrate auf. In dieser Altersklasse gibt es also mehr unentdeckte Fälle als noch im April. Die Tests sind wichtig, um Infektionsherde zu vermeiden und dass die Schule durch Quarantäne Unterbrüche erfährt.«
Masserey zur aktuellen Lage
Virginie Masserey berichtet über die aktuelle Corona-Lage in der Schweiz. Die Fallzahlen haben sich stabilisiert. Die neuen Hospitalisierungen sind rückläufig. «Seit gestern gab es 9 neue Todesfälle, die Tendenz ist seit drei Wochen leicht steigend, mit durchschnittlich 7 Todesopfern pro Tag.» Ausserdem spricht sie über die ausgeführten Tests, die Positivitätsrate beträgt 3,3 Prozent.
Die Schweiz habe, mit Ausnahme von Grossbritannien, eine der höchsten Inzidenzraten. Die Fälle bei Jüngeren nehmen stärker zu als bei den Älteren. Die Gefahr einer Hospitalisierung sei daher etwas geringer. Ausserdem gibt es bei den Meldungen von Spitaleintritten eine leichte Verzögerung. 15 bis 20 Prozent der Corona-Patienten befinden sich auf den Intensivstationen, die sehr stark ausgelastet sind. Die Lage bleibt sehr stark angespannt.
Wer ist auf den Intensivstationen? Über die Hälfte der Patienten ist unter 53 Jahre alt, die meisten unter 44 Jahren, die wenigsten leiden unter Vorerkrankungen. Hauptsächlich handle es sich um Ungeimpfte. «Die Hälfte der Ungeimpften, die jetzt im Spital liegen, hat keine Vorerkrankungen»
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Start der Medienkonferenz
Die Medienkonferenz zur aktuellen Corona-Lage hat begonnen. Andreas Ledergerber, Informationsbeauftragter der Bundeskanzlei, übernimmt die Moderation und begrüsst die Anwesenden.
Diese Fachleute informieren heute ab 14 Uhr
An der Medienkonferenz nehmen teil:
Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, Bundesamt für Gesundheit BAG
Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst KSD
Michael Jordi, Generalsekretär, Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren GDK
Tanja Stadler, Präsidentin, National Covid-19 Science Task Force
Marius Brülhart, National Covid-19 Science Task Force
Moderation: Andreas Ledergerber, Informationsbeauftragter, Bundeskanzlei BK
BAG meldet am Dienstag 2835 neue Fälle
Dem BAG sind am Dienstag 2835 neue Coronavirus-Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden gemeldet worden. Gleichzeitig wurden neun neue Todesfälle und 80 Spitaleinweisungen registriert. Zum Vergleich: Am Dienstag vor einer Woche wurden 2702 Neuinfektionen, elf Tote sowie 79 Hospitalisationen gemeldet. Am Dienstag vor zwei Wochen waren es 2993 Neuinfektionen, sechs Tote sowie 97 Hospitalisationen.
Spitäler am Anschlag, Intensivstationen voll
Mitte August verkündete Gesundheitsminister Alain Berset, dass man sich nun für Corona-Entscheide nicht mehr primär an den Fallzahlen, sondern an der Auslastung der Spitäler orientieren werde. Während sich die Neuinfektionen auf erhöhtem Niveau einigermassen stabilisiert haben, melden immer mehr Spitäler, dass sie am Anschlag sind. Und ihre Intensivstationen teilweise bereits völlig belegt.
Auch der Platz auf den Intensivstationen im Kanton Zürich wird knapp. Nur noch 17 Intensivbetten sind noch frei. Rettungsdienste müssen für Verunfallte Betten suchen – und verlieren dabei wertvolle Zeit.
Mehr dazu: Spitäler am Anschlag: «Wir fragen uns, wie lange wir noch durchhalten»
Die Spitäler leiden an akutem Personalmangel. Das Problem trifft dabei längst nicht nur die Pflege. Betroffen sind alle Intensivteams, von den Ärztinnen bis zu den Labors, den Therapeuten und dem Personal der Stationen, die die Intensivpatienten später aufnehmen. Für eine Aufstockung an Betten auf Intensivstationen, wie dies die SVP fordert, fehle daher das Personal.
Experten befürchten, dass darunter auch bald die Versorgung von Patienten auf Intensivstationen schlechter ausfallen könnte – mit gefährlichen Folgen. «Nur wenn genügend erfahrenes Personal da ist, erkennen wir kleine Veränderungen der Beatmungssituation und des Kreislaufes so früh, dass wir sie leicht korrigieren können», erklärt Franziska von Arx, geschäftsführende Präsidentin der Gesellschaft für Intensivmedizin und selber diplomierte Expertin für Intensivpflege.
Mehr dazu: Ländervergleich der Situation auf Intensivstationen in Westeuropa
Die Situation in den Intensivstationen führt zu einem Verteilkampf um Covid-Patienten. Der Bund will nun koordinieren, wer diese übernimmt. Die Kantone sollen ihre Spitäler notfalls dazu zwingen. Am Montagnachmittag haben die Gesundheitsverantwortlichen des Bundes und der Kantone in einer Onlinekonferenz das weitere Vorgehen besprochen. Armee, Spitäler und Kantone verhandeln über einen Verteilschlüssel.
Gemäss Michael Jordi, dem Generalsekretär der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), finden bereits wieder Verlegungen von stärker zu schwächer ausgelasteten Schweizer Spitälern statt: «Zürich hat Covid-Patienten nach Basel verlegt und der Thurgau nach Zürich.» «Wir schauen jetzt», sagt Jordi, «was weitere Möglichkeiten sind.»
Lesen Sie dazu: Jetzt beginnt der Verteilkampf um Covid-Kranke
Berset plant Ausbau der Zertifikatspflicht
Für Gesundheitsminister Alain Berset ist der Zeitpunkt gekommen, um die Corona-Massnahmen zu verschärfen. Konkret will er die Zertifikatspflicht ausbauen. Gemäss der «SonntagsZeitung» hat Berset dies am letzten Freitag bei einem Gespräch mit den Spitzen der Bundesratsparteien angekündigt. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth sagt dazu: «Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der Bundesrat am Mittwoch nicht darum herumkommen wird, die Zertifikatspflicht zu erweitern.»
Die Kantone fordern schon länger, dass der Zugang zu Restaurants, Fitnesscentern oder Kinos nur noch Geimpften, Getesteten und Genesenen erlaubt sein soll. Dass der Bundesrat damit an seiner letzten Sitzung zugewartet hat, stiess auf Kritik. Den Kantonen macht nicht nur die Lage in den Spitälern zu schaffen, sondern auch die Situation an den Schulen. Das zeigt eine Umfrage bei 13 Kantonen. Fast alle melden mehr Ansteckungen.
Zum Thema: Berset bereitet Ausweitung der Zertifikatspflicht vor
80 Repatriierungen von Covid-Patienten auf Intensivstationen
Letzte Woche gab die Konferenz der Gesundheitsdirektoren und - direktorinnen bekannt, dass derzeit etwa 80 Repatriierungen von Covid-Patienten auf Intensivstationen anstünden, von denen mehr als die Hälfte aus Balkanländern stammten. Die ersten 8 Patienten sollen in den nächsten Tagen auf Schweizer Intensivstationen verteilt werden.
Zum Thema: Eine Covid-Erkrankung im Ausland kann sehr teuer werden
/sep
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