Intensivstationen am AnschlagJetzt beginnt der Verteilkampf um Covid-Kranke
Der Bund will nun koordinieren, wer Corona-Patienten übernimmt. Die Kantone sollen ihre Spitäler notfalls dazu zwingen.
Bei der Onlinekonferenz von Gesundheitsverantwortlichen des Bundes und der Kantone geht es am Montagnachmittag um mehr als um die Repatriierung von 80 Covid-Patientinnen und -Patienten in die Schweiz, über die Hälfte davon vom Balkan. Allein schon die reservierte Sitzungsdauer, gemäss Einladung «maximal eineinhalb Stunden», deutet darauf hin.
Am digitalen Treffen wird auch vorgespurt für den Fall, dass die bereits gut ausgelasteten Intensivstationen zahlreiche weitere Erkrankte aufnehmen müssen. Armee, Spitäler und Kantone verhandeln über einen Verteilschlüssel, der nicht nur bei Rückflügen eine Rolle spielen dürfte.
«Es geht um die Anwendung der Kriterien für die Priorisierung und Verteilung angesichts der angespannten Lage», sagt Michael Jordi. Gemäss dem Generalsekretär der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) finden bereits wieder Verlegungen von stärker zu schwächer ausgelasteten Schweizer Spitälern statt: «Zürich hat Covid-Patienten nach Basel verlegt und der Thurgau nach Zürich.» «Wir schauen jetzt», sagt Jordi, «was weitere Möglichkeiten sind.» Er warnt vor «der falschen Illusion, dass sich viele neue Intensivplätze schaffen liessen». Dazu fehle das Personal, und Ausbildungen dauerten zwei Jahre. Auch die Qualität der Leistungen für alle Intensivpatienten würde darunter leiden.
Mehr Betten fordern insbesondere die SVP und nun in einem Brief an die Kantone, über den die «SonntagsZeitung» berichtete, auch Bundesrat Alain Berset.
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Eingeladen zur Sitzung am Montag hat der Koordinierte Sanitätsdienst (KSD), der dem Oberfeldarzt untersteht. In Unterlagen dazu erinnert der KSD die öffentlichen Spitäler und die Privatkliniken an ihre Pflicht, Notfälle aufzunehmen. Und auch an die Möglichkeit, dass Kantone Spitäler und Kliniken verpflichtet werden können, Betten für Corona-Kranke zur Verfügung zu stellen und nicht dringende Untersuchungen und Behandlungen zu beschränken – oder einzustellen.
Mit rechtzeitiger Koordination will man Konfusion und Missmut verhindern, wie sie Ende 2020 entstanden waren. Damals hatte sich der Kanton Zürich geweigert, nicht dringende Operationen zu verschieben, während in der Westschweiz die Intensivstationen stark belastet waren.
Heute ist die Situation in allen Landesteilen ähnlich angespannt, wobei ausgerechnet in Zürich die Lage etwas kritischer ist als vielerorts. Der Oberfeldarzt ruft nun zu «Solidarität, Transparenz und Ehrlichkeit» auf.
Bislang läuft die Koordination gemäss GDK-Präsident Lukas Engelberger ohne grössere Probleme: «Ich habe keine Hinweise, dass Spitäler ihrer Verantwortung nicht nachkommen.» In Basel, wo Engelberger Gesundheitsvorsteher ist, kämen momentan von den 14 Covid-Intensivpatienten rund die Hälfte aus einem anderen Kanton.
Engelberger hält es für falsch, ohne Not Termine abzusagen: «Es ist wichtig und richtig, dass man nicht vorzeitig anfängt, Operationen zu verschieben. Auch Nicht-Covid-Patienten haben ein Anrecht auf bestmögliche Behandlung.»
In Basel gingen die Corona-Fälle, die nach den Sommerferien anstiegen, momentan leicht zurück. «Wir müssen aber auf die kältere Jahreszeit vorbereitet sein», warnt Engelbeger. «Es ist eine Hypothese, aber keine unwahrscheinliche, dass dann die Situation noch schwieriger wird.»
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