Kolumne «Dorfgeflüster»Die Seekuh schlägt wieder zu
Eine Seegrasmähmaschine auf dem Zürichsee vermiest einem fast – aber nur fast – den Sommer.
Ihr Heisshunger muss gross sein. Die «Seekuh», wie das türkisblaue, metallene Spezialboot des Kantons heisst, grast momentan Hafen um Hafen und Badi um Badi ab. Das Mähboot schneidet dort das störende Seegras, das unter der Wasseroberfläche wuchert. Mehrere Tonnen kann die Seegrasmähmaschine an einem Tag vertilgen.
Kürzlich weidete die schwimmende Kuh in Stäfa. In der Hafenanlage türmten sich schliesslich stapelweise Grasteppiche, mit denen man ganze Fussballfelder belegen könnte. Und es lag ein Duft in der Luft, der zwar nicht so unangenehm wie jener aus Venedigs Kanälen bei Wassertiefstand ist, der einen aber ein bisschen nach Südeuropa versetzte.
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Menschen mit empfindlicher Nase hätten deshalb gleich Tiraden über die negativen Seiten des Sommers lostreten können: Zu stark ist dieser ekelhafte Geruch des Seegrases und zu schwach die Brise vom See, die ihn verwehen könnte und zudem noch Kühlung verspräche.
Der Sommer kann es ohnehin niemandem recht machen. Mal ist es zu heiss und zu trocken, dann wieder zu schwül und zu nass. Es gibt zu viel Sonnenschein und zu wenig Schatten, zu starke Sturzregen, zu viel Blitz und Donner, zu viele Leute in der Badi und zu wenige bei der Arbeit. Zu gross ist das Chaos an den Flughäfen, zu lang der Stau am Gotthard, zu laut die Grillparty von nebenan und zu gross das Sommerloch der Zeitungen.
Aber ehrlich: Wollen wir wirklich all diese Allgemeinplätze über den Sommer wiederkäuen wie die Seekuh jenes Gras, das sie später wieder aus ihrem Magen befördert und stinkend am Ufer liegen lässt? Nein, bitte nicht. Entspannen wir uns doch. Lassen wir Gras über alles wachsen, was uns diesen Sommer stört. Wir werden ihn noch früh genug vermissen.
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