Lautsprecher von Piega Die Schweizer Alternative zu Apples Homepod im Test
Die Lautsprecher aus Horgen am Zürichsee versprechen besseren Klang, mehr Funktionen und sind teurer als die Funklautsprecher von Apple. Wir haben reingehört und verglichen.
Guter Rundumklang, elegantes Design, aber nicht sehr kooperativ mit Diensten, die nicht von Apple sind. So lautete vor ein paar Wochen das Fazit zum neuen Homepod von Apple (Hier gehts zum Testbericht).
Dass der 2021 eingestellte Homepod bereits wieder und fast unverändert ein Comeback feiert, ist eine der grössten Überraschungen des noch jungen Techjahres. Wer wie ich aber schon seit Jahren zwei Homepods im Einsatz hat, wird kaum in Versuchung kommen, diese durch die neuen zu ersetzen.
Darum sind für mich die grösste Lautsprecher-Überraschung des noch jungen Jahres zwei Lautsprecher, die ich Mitte Januar persönlich beim Hersteller geborgt und abgeholt habe. In Horgen am Zürichsee ist der Luxus-Lautsprecher-Hersteller Piega zu Hause. Gleich hinter dem Bahnhof am Seeufer werden Lautsprecher im Wert von Zehntausenden Franken zusammengeschraubt und verschickt. Die sogenannten Bändchen-Hochtöner werden dort in Handarbeit wie in einer Uhrenmanufaktur selbst hergestellt. Dabei handelt es sich – arg vereinfacht – um eine Art dünne Alufolie, die in Schwingung versetzt wird und Ton erzeugt.
Geborgt habe ich mir aber keines dieser High-End-Modelle, sondern ein Einsteiger-Set bestehend aus zwei Funklautsprechern. Wie man es von Apple kennt, wurden auch die in Asien hergestellt. Aber Design und Idee stammen von Piega. Darum kosten die getesteten Ace 30 Wireless dann auch nicht 10’000, sondern «nur» 2000 Franken. Rund 1000 pro Stück.
Alu statt Holz
Als Erstes fallen Design und Materialien auf. Die Lautsprecher sind nicht aus Holz oder Plastik, sondern aus Aluminium. Eine Spezialität von Piega. Als Nächstes fällt auf, dass die zwei Lautsprecher unterschiedlich heissen und nicht dieselben Anschlüsse haben. Einer heisst «Tx» und der andere mit weniger Anschlüssen «Rx».
Der «Tx» ist der Hauptlautsprecher. Der «Rx» wird vom «Tx» mit Ton versorgt. Schliesst man den «Tx» mit dem HDMI-Kabel an den TV an, gelangt das Tonsignal per Funk zum «Rx». Die zahlreichen Anschlüsse auf der Rückseite sind dann auch ein grosses Highlight des Ace 30 Wireless. Wer will, kann eben auch Stereoanlagen, Plattenspieler oder Fernseher per Kabel anschliessen.
Das ist längerfristig praktisch, wenn Funkstandards ändern und reine Funklautsprecher in Rente geschickt werden. So geschehen im eigenen Haushalt beim Wechseln von Apples Airplay 1 auf Airplay 2, den nicht alle Lautsprecher mitmachten. Auch Sonos-Fans kennen das. Auch dort gab es einen Systemwechsel, den nicht alle Lautsprecher mitmachen konnten.
Spotify und Apple Music
Aber auch wenn die Ace 30 Wireless für «kabellose» Lautsprecher überraschend viele Kabelanschlüsse bieten, sind sie doch in erster Linie für drahtlose Übertragung von Musik optimiert. Sie beherrschen mit Apples Airplay 2 und Spotify Connect die zwei wichtigsten Funkstandards. Das ist einer mehr als bei Apples Homepods. Die bieten nämlich kein Spotify Connect.
Das grösste Highlight der Ace 30 Wireless ist aber (und hoffentlich – bei dem Preis) ihr Klang. Ohne dass man sich mit Einstellungen und Apps herumschlagen oder gar den Raum akustisch vermessen muss, klingen sie grossartig. Egal welche Art von Musik und welche Lautstärke (von Nachbarschreck bis Nachbars Liebling) ich ausprobiere, der Klang ist ausgesprochen präzise und elegant.
Gleich wieder vergessen
Stimmen sind angenehm und deutlich, der Bass ist wuchtig, aber nicht peinlich oder aufdringlich, und Instrumente bekommen so viel Raum, dass ich immer wieder welche entdecke, die ich (selbst in Lieblingssongs) noch nie gehört habe. Ja, es macht grossen Spass, mit den kleinen Lautsprechern den ganzen Katalog an Lieblingsliedern noch einmal neu zu hören.
Fans von grossen und teuren Soundsystemen dürften jetzt schmunzeln oder etwas überheblich die Nase rümpfen. Kennen sie diesen Effekt doch schon lange. Aber im Bereich der Funklautsprecher und für die bei Hi-Fi-Fans verpönten Streaming-Dienste klingen die Piega überraschend sehr gut.
Die Soundbar eines bekannten TV-Herstellers, die ich gleich nach Abschluss des Piega-Tests installiert habe, klingt dagegen wie Brei. Ich habe sie nun noch mal weggepackt, um erst mal den Höreindruck der Ace 30 wieder etwas zu vergessen.
Aber klingen die Piega nun dreimal besser als die Homepods? Mir gefällt der noch präzisere Klang tatsächlich besser. Wo die Homepods aber die Nase vorn haben, ist beim Raumklang. Da sie Rundum-Lautsprecher sind, verteilen sie den Ton in alle Himmelsrichtungen. Gerade wenn man Musik in Dolby Atmos (exklusiv bei Apple Music) über zwei zu einem Stereo-Paar verbundene Homepods hört, ist das schon auch sehr spektakulär.
Fazit: Wer den Komfort der Homepods schätzt, aber auf der Suche nach noch mehr Hi-Fi-Genuss und Anschlussmöglichkeiten ist, sollte sich – das entsprechende Budget vorausgesetzt – die Ace 30 Wireless unbedingt anhören. Sie haben zwar weder Siri noch Lautsprecher, die in alle Himmelsrichtungen tönen, aber dafür grossartig unaufgeregten Klang.
Idealerweise entscheidet man sich für ein Lautsprechersystem und setzt komplett darauf. Bei uns in der Wohnung ist das etwas anders. Einerseits, weil ich als Tester mehrere Hersteller im Auge behalten möchte, und andererseits, weil sich im Alltag herausgestellt hat, dass je nach Situation ein anderer Anbieter die Nase vorn hat.
Das sind die Lautsprecher, die ich im Alltag nutze:
Küche
2018 gekauft, um etwas damit zu experimentieren, hat der Nest Hub (100 Franken) von Google eine erstaunliche Karriere hingelegt. Das Gerät wurde zum Publikumsliebling und ist inzwischen auch in der halben Verwandtschaft im Einsatz. Es zeigt Familienfotos und kann auf Zuruf den Lieblingsradiosender abspielen (was Apples Homepods bis heute nicht können).
Badezimmer
Nicht nur beim Kochen ist es praktisch, wenn der Lautsprecher per Stimme gesteuert werden kann. Auch unter der Dusche. Darum steht auch im Badezimmer ein Google-Lautsprecher: der Nest Audio (110 Franken). Der klingt deutlich besser als der Nest Hub, hat aber dafür keinen Bildschirm, was im Badezimmer auch nicht nötig ist. Er soll ja nur Radio oder Spotify spielen.
Ausführlicher Test des Nest Audio
Wohnzimmer
Im Wohnzimmer haben sich Apples grosse Homepods (je 300 Franken) durchgesetzt. Einer steht seit 2018 unter dem Sofa und einer unter einem Sessel. Die automatische Soundanpassung ist so gut, dass sie sogar die unvorteilhafte, aber optisch sehr begrüssenswerte Platzierung vergessen macht. Nebenher steuern sie smarte Glühbirnen, Steckdosen und Temperatursensoren.
Ausführlicher Test des Homepod
Fernseher
Die Homepods sind inzwischen in Kombination mit einer Apple-TV-Box auch grossartige TV-Lautsprecher. Trotzdem nutze ich dort am liebsten die Arc-Soundbar von Sonos (900 Franken) kombiniert mit dem Sub Mini (500 Franken). Die Kombination macht auch langweiligste Filme zum akustischen Spektakel. Und ist optisch dank der Möglichkeit, Weiss zu wählen, dann doch ziemlich dezent. Da man nicht – wie für richtige Heimkino-Soundanlagen nötig – hinter dem Sofa auch noch Lautsprecher aufstellen muss, stolpert so auch niemand darüber.
Ausführlicher Test des Sub Mini
Ausführlicher Test des Sonos Arc
Kinderzimmer
Nachdem ein UE Boom von Logitech bei den Kindern jahrelang die erste Wahl war, dominiert seit über einem Jahr ein Homepod Mini im Kinderzimmer. Die kleine Kugel lässt sich – zur Freude der Eltern – aus der Ferne leiser stellen oder gar ausschalten, und dank Intercom kann man die Jungmannschaft schon mal per Gegensprechfunktion zum Essen rufen. Besonders praktisch: Dank dem neusten Update misst der Mini sogar Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Ausführlicher Test des Homepod Mini
Balkon und unterwegs
Auch hier wurden die UE Boom von Logitech abgelöst. Die neue mobile Allzweckwaffe im Lautsprecher-Arsenal sind die Roam von Sonos. Etwa gleich gross wie die Logitech-Lautsprecher, haben sie einen entscheidenden Vorteil: Sie beherrschen eben auch WLAN und damit Airplay 2 und Spotify Connect. So können sie in der Wohnung genauso verwendet werden wie Homepods oder Sonos/Google-Lautsprecher. Dank dem Akku kann man sie aber in das Zimmer nehmen, wo sie gerade gebraucht werden. Oder auf den Balkon. Reicht das WLAN nicht, funktionieren sie auch ganz bequem per Bluetooth.
Ausführlicher Test des Sonos Roam
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