Kolumne «Miniatur des Alltags»Die Sache mit den Eiern
Man könnte annehmen, dass Hühner ein genügsames Völkchen sind: Ein paar Körner, ein paar Würmer, und gut ist. Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht.
Blauer Himmel, die Sonne scheint – ein wunderschöner Sommertag. Doch leider wird die heimische Gartenidylle unterbrochen vom Zetern eines Huhns. Seit den Morgenstunden gackert es fast ununterbrochen und läuft kreuz und quer im Garten herum.
Ich streue ein paar Handvoll Körner in den Stall, in der Hoffnung, die kleine Krawallmacherin damit zu besänftigen. Doch weit gefehlt: Nachdem sie die Sonnenblumenkerne aus der Mischung gepickt hat, wird das Gegackere fortgesetzt. Auch die dargebotene Portion Extragemüse verfehlt ihre Wirkung.
Wenig später sehe ich jedoch, wie das Hühnchen in einen Strohsack in der Garage hüpft und sich darin eine Mulde scharrt. Ach je! Dass ich nicht früher darauf gekommen bin: Die Henne sucht einen geeigneten Ort, um Eier zu legen und sie fernab unseres Zugriffs auszubrüten. Der Umstand, dass aufgrund der Abwesenheit eines Hahnes nicht viel dabei herauskommen wird, hält sie wohl für vernachlässigbar.
Höchste Aufmerksamkeit kommt hingegen der Umgebung des Nestes zu – und diese scheint in der Garage nicht passend zu sein. Jedenfalls hühnert das schwarz gefiederte Tierchen schon wieder in der Gegend herum. Nun folgt eine Odyssee durch diverse Gefässe nach dem immer gleichen Muster: Stroh rein, Huhn rein, abwarten. Doch nichts passt, und die Henne wirkt immer gestresster.
Kurzerhand klemmt deshalb meine Jüngste die Henne unter den Arm und trägt sie in die Stube. Dort räumt sie einen geflochtenen Korb frei, setzt das Huhn hinein und legt ein Tuch darüber. Keine fünf Minuten später liegt ein seidenweisses Ei im Korb, und die Henne stolziert fröhlich von dannen. Endlich!
Einen Tag später erklingt das Gegackere von neuem, diesmal direkt vor der Verandatür. Besagtes Hühnchen verlangt Eintritt. Schnurstracks läuft es zum Korb, hüpft hinein, legt ein Ei und trollt sich davon. Dieses Prozedere wiederholt sich ab nun alle zwei Tage.
Im Kopf ergänze ich meine Liste für den Feriensitter: Achtung, morgens zwischen acht und zehn Uhr als Türöffner bereithalten – der Eierkurier kommt.
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