Presse zu Boris Johnsons Gartenfesten«Die Party ist vorbei, Boris»
Feiern trotz Lockdown: Grossbritanniens Premier hat sich für die Teilnahme an einem Fest im Regierungssitz entschuldigt. Selbst Johnson-treue Medien sind ob der Affäre ausser sich.

Der britische Premierminister Boris Johnson hat den Besuch einer Gartenparty am Regierungssitz in der Downing Street während des Corona-Lockdowns zugegeben. Er entschuldigte sich heute vor den Abgeordneten in London «von Herzen» und gab an, damals von einem Arbeitstreffen gemäss der geltenden Pandemie-Regeln ausgegangen zu sein. Er verstehe die Wut in der Bevölkerung, sagte Johnson.
Zuvor hatte sich die Lage um den Premier dramatisch zugespitzt. Auch immer mehr Tories verlangten sofortige Auskunft darüber, ob Johnson während des Lockdown 2020 an Gartenpartys teilnahm, wie seine Regierung sie damals verboten hatte – und ob er Parlament und Öffentlichkeit in Bezug auf diese Partys in den letzten Wochen dreist belog.
Die britischen Medien haben ihr Urteil bereits vor Johnsons Auftritt im Parlament gefällt. Kein Erbarmen mit dem britischen Premier hat die Boulevardpresse. «Die Party ist vorbei, Boris» titelt der «Daily Mirror» auf der Frontseite. Gemäss einer Umfrage seien zwei Drittel der Bevölkerung der Meinung, Johnson solle zurücktreten. Die Enthüllungen werden im Text gegengeschnitten mit Angehörigen von Covid-Opfern, die ihre Familienmitglieder kein letztes Mal mehr sehen konnten. «Wie ein Stich ins Herz» fühlten sich die neuen Enthüllungen über Johnsons Gartenpartys an, wird eine Britin zitiert.

Auf denselben Titel in Frageform kamen die Titelredaktorinnen und -redaktoren bei «Daily Mail». Das Revolverblatt spricht von «Johnsons grösster Krise» und kritisiert, dass der Premier sich gestern nicht umgehend zu den Vorwürfen geäussert habe. Die Stimmung in der Regierungszentrale sei miserabel, es herrsche grosse Konfusion, schreibt «Daily Mail».
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Auch «The Sun» kritisiert, dass sich Johnson gestern nicht zu den neuen Vorwürfen äussern wollte. Sie titelt «It’s my party and I’ll lie low if I want to» (deutsch: «Es ist meine Party, und ich tauche ab, wenn ich will»). Das Blatt zitiert den ehemaligen Verteidigungsminister Johnny Mercer, der die Situation als «demütigend» bezeichnet.
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Es sind allerdings nicht nur die berüchtigten Boulevardmedien, die Boris Johnson schwer belasten. Einige etablierte Medienhäuser haben Details recherchiert, die den Premier sehr schlecht aussehen lassen. Dem «Independent» zufolge sollen Beschäftigte in der Downing Street vergangenen Monat die Anweisung bekommen haben, möglicherweise belastende Nachrichten von ihren Geräten zu löschen, wie Insider dem Blatt verrieten. Die BBC berichtete unter Berufung auf ungenannte Quellen, hochrangige Mitarbeiter hätten aktiv verhindern müssen, dass während der Corona-Kontaktbeschränkungen im vergangenen Jahr noch weitere Partys stattfanden.
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Der konservative «Daily Telegraph» und der liberale «Guardian» fokussieren darauf, dass Johnson in der eigenen Partei unter Beschuss steht. Viele Tories sind wütend, dass der Premier jetzt das Ergebnis bereits eingeleiteter interner Untersuchungen zu den Party-Vorwürfen abwarten will. Johnson soll seine Teilnahme an den Partys zugeben und sich entschuldigen, werden anonyme Tory-Mitglieder im «Guardian» zitiert. Sollte er bei früheren Gelegenheiten das Parlament belogen haben, müsse er zurücktreten, sagen Konservative im «Daily Telegraph».
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Gar von einer «Meuterei» spricht die führende Wirtschaftszeitung «Financial Times». Sie legt den Fokus auf die heute stattfindende Fragestunde, die für Johnson gemäss Aussagen von führenden Konservativen «potenziell tödlich» verlaufen könne. In dieser wird sich Johnson nach mehr als 24 Stunden des Schweigens zu den Vorwürfen äussern müssen. Sollte sich bestätigen, dass er wie berichtet selbst an der Party teilgenommen hat, halten gemäss dem Wirtschaftsblatt viele seine Position als Premier für unhaltbar.
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Die jüngsten Enthüllungen kommen für Boris Johnson zur Unzeit. Der Ruf des Premiers ist ohnehin schon wegen der Berichte über Korruption und Günstlingswirtschaft in Regierungskreisen sowie über die Luxus-Renovierung seines Amtssitzes stark angeschlagen. Fast die Hälfte der Wählerinnen und Wähler der Konservativen Partei sagten in einer aktuellen Umfrage, Finanzminister Rishi Sunak wäre ein besserer Regierungschef als Johnson.
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