Ärger für den britischen PremierWhatsapp über Luxus-Umbau von Johnsons Dienstwohnung veröffentlicht
Der britische Premierminister hat bei der Renovation seines Zuhauses über die Stränge geschlagen. Ein Chat darüber mit einem wohlhabenden Parteispender ist brisanter als gedacht.
Omikron, Partygate und jetzt eine Parteispenden-Posse: Die Serie an Enthüllungen über mögliches Fehlverhalten des britischen Premierministers Boris Johnson reisst auch im neuen Jahr nicht ab.
Am Freitag sah sich der konservative Politiker Korruptionsvorwürfen ausgesetzt, nachdem am Vortag ein Austausch von Whatsapp-Nachrichten zwischen ihm und dem wohlhabenden Tory-Spender David Brownlow veröffentlicht worden war.
Johnson hatte in den Textnachrichten vom November 2020 um die Freigabe finanzieller Mittel für die Renovierung seiner Dienstwohnung an der Downing Street in London gebeten. «Ich fürchte, Teile unsere Wohnung sind noch immer ein bisschen eine Halde», schrieb Johnson dem Unternehmer, der auch für die Konservativen im Oberhaus sitzt.
Im Gegenzug, so scheint es, versprach Johnson ein von dem Unternehmer favorisiertes Projekt voranzubringen – eine Grossveranstaltung mit dem Titel «Great Exhibition 2.0». Nur Wochen später traf sich der damalige Kulturminister Oliver Dowden mit Brownlow, um darüber zu sprechen.
«Es sieht so aus, als habe Lord Brownlow Zugang zum Premierminister und zum Kulturminister gehabt, weil er für dessen Umbau bezahlt hat. Es ist ziemlich unglaubwürdig, dass Boris Johnson nicht wusste, wer für die Luxus-Renovierung der Wohnung zahlte. Wenn das so ist, handelt es sich schlicht und ergreifend um Korruption», sagte die Vize-Chefin der oppositionellen Labour-Partei, Angela Rayner.
Umbau kostete 140’000 Franken
Johnson hatte seine Dienstwohnung Berichten zufolge für rund 112’000 Pfund (knapp 140’000 Franken) renovieren lassen. Britische Regierungschefs dürfen jährlich aber nur bis zu 30’000 Pfund (rund 37’000 Franken) an öffentlichen Geldern für Renovierungsarbeiten beanspruchen.
Wie andere Premierminister vor ihm wohnt auch Johnson – mit seiner Frau Carrie Symonds und ihrem gemeinsamen kleinen Sohn – in der Downing Street Nr. 11, da die Wohnung geräumiger ist als diejenige am Amtssitz Nr. 10.
Das Paar wollte das Vierzimmer-Appartement mehr nach dem eigenen Geschmack einrichten, berichtete das britische Tatler-Magazin im März. Symonds sollen die von der Johnson-Vorgängerin Theresa May hinterlassenen Möbel aus dem britischen Einrichtungshaus John Lewis nicht gefallen haben. Die traditionsreiche Möbelhauskette gilt in Grossbritannien eigentlich als gute Adresse und längst nicht als für jeden erschwinglich. Doch die Oberschicht schaut darauf herab.
Johnson hatte Brownlow mit der Gründung einer Stiftung beauftragt, die für die Finanzierung aufkommen sollte, doch die Pläne zerschlugen sich. Davon will Johnson aber nichts gewusst haben. Wer genau den Luxus-Umbau bezahlt hat, war bereits Inhalt mehrerer Untersuchungen. Das Geld kam aber weitgehend von Brownlow selbst, wie sich herausstellte.
Die britische Wahlkommission verhängte wegen einer nicht ordnungsgemäss deklarierten Parteispende von Brownlow eine Strafe von 20’000 Pfund gegen die Tory-Partei. Erst als die Finanzierung Schlagzeilen machte, griff Johnson selbst in die Tasche und zahlte nachträglich selbst für den Umbau.
Eine interne Untersuchung hatte Johnson zuvor bescheinigt, zwar unklug, aber nicht in Widerspruch zum Verhaltenskodex für Minister gehandelt zu haben. Der Premier handelte sich aber nachträglich eine Rüge ein, weil er die Whatsapp-Nachrichten nicht zur Verfügung gestellt hatte. Deren Existenz kam erst durch die Untersuchung der Wahlkommission ans Tageslicht. Ihr Inhalt ist brisanter als gedacht.
Johnson hatte beteuert, er habe wegen eines neuen Handys keinen Zugriff auf sein altes Gerät und die Nachrichten mehr gehabt. Eine Erklärung, die für bissige Kommentare sorgte. Eine Glosse im «Guardian» am Freitag legte nahe, Johnson hätte genauso gut behaupten können, sein Hund Dilyn habe das Mobiltelefon gefressen.
Johnson hat bereits mit Enthüllungen über Partys in Downing Street während des Lockdown im Winter 2020 und miserablen Umfragewerten zu kämpfen. In einem Rating des Magazins «Politico» liegt Johnson bei der Zustimmung auf einem Rekordtief von 31 Prozent. 69 Prozent der Briten lehnen ihn als Premier ab, so viele wie noch nie.
SDA/ij
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