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Bauernpräsident Markus Ritter im Interview
«Die ländliche Schweiz war extrem mobilisiert»

Am Sonntag verfolgte Markus Ritter die Abstimmungsergebnisse in einem Kuhstall in Oberbottigen BE.
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Sie können einen grossen Erfolg verbuchen. Die mächtige Agrarlobby hat sich wieder einmal durchgesetzt.

Das ist ein Erfolg aller Schweizer Bauernfamilien und von vielen, die sich zusätzlich engagiert haben, etwa in der Lebensmittelbranche – Zehntausende Menschen im ganzen Land.

Die Gegner sprechen von einem ungleichen Kampf, von David gegen Goliath.

Das ist sicher nicht so. Auf der anderen Seite waren die Umweltverbände mit einer sehr kräftigen Kampagne, die mit einer Negativkampagne auch gegen den Schweizer Bauernverband, seine Führungsleute und mich aktiv Politik gemacht haben. Ich glaube, die verschiedenen Protagonisten waren gleichwertig, aber die Mittel, die gewählt wurden, waren nicht in unserem Sinne.

Es war ein harter Abstimmungskampf mit schweren Anschuldigungen, mit Drohungen, auch vonseiten der Bauern.

Die Emotionen gingen sehr hoch auf beiden Seiten. Auf unserer Seite waren natürlich Zehntausende von Bauernfamilien, aber auch Leute in vor- und nachgelagerten Bereichen direkt in ihrer Existenz bedroht. Das hat viele Leute stark verängstigt. Auf der anderen Seite hatten wir Leute, die sehr stark emotional durch die Grundwasserdiskussion geprägt wurden und sich entsprechend eingebracht haben. Ich habe auch sicher 30 anonyme Briefe bekommen, die mit Hassinhalten gefüllt waren.

Hat sich letztlich die ländliche Schweiz gegen die städtische durchgesetzt?

Es ist so, dass die ländliche Schweiz extrem mobilisiert war. Ich habe das die letzten 30 Jahre seit der EWR-Abstimmung nie mehr so gesehen. Die Leute waren stark betroffen. Das hat dazu geführt, dass die ländliche Schweiz ihre Anliegen stärker einbringen konnte.

Der Graben zwischen Stadt und Land ist zuletzt tiefer geworden. Wie kann man ihn überwinden?

Es braucht den Dialog. Es braucht ausgeglichene, ausgewogene Lösungen. Es gibt heute Themen, die betreffen vor allem städtische Bereiche, etwa der Nahverkehr, aber auch Themen, die die ländliche Schweiz stark betreffen. Hier muss man aufeinander hören.

Wie meinen Sie das konkret? Wie können Sie den Städten entgegenkommen?

Nehmen wir zum Beispiel die teuren Mieten, die in den Städten ein Problem sind, weniger auf dem Land. Dort haben wir die Finanzierung der Genossenschaftswohnungen mitgetragen. Es gibt auch Anliegen im Verkehr oder im gesellschaftlichen Bereich, die wir mittragen können oder zumindest nicht bekämpfen.

Sie sind seit Jahren damit beschäftigt, Angriffe auf die Bauern abzuwehren, Sie sind ständig in der Defensive.

Das ist Teil der Politik. Die Volksinitiative ist heute natürlich ein sehr gängiges, probates Mittel auch von Minderheiten, Einzelpersonen sogar, um ihre politischen Forderungen auf die nationale Ebene zu bringen. Wir rechnen damit, dass das auch die nächsten Jahre so weitergehen wird. Diese politischen Diskussionen haben Tradition. Sie sollten einfach fair und sachlich sein.

Bald geht es um die nächste Initiative aus der städtischen Schweiz – die Initiative zur Massentierhaltung.

Die Massentierhaltungsinitiative kommt im September in die vorberatende Kommission. Wir sind konkret in Gesprächen mit den Initianten, mit Meret Schneider, der Nationalrätin der Grünen, und mit dem Tierschutz. Sowohl die Initianten als auch wir lehnen den direkten Gegenvorschlag des Bundesrates ab. Wir sehen keine Notwendigkeit, eine Verfassungsergänzung zu machen, weil die heutige Verfassungsbestimmung im Tierschutz genügend ist. Für das, was auf Gesetzesebene umgesetzt werden muss, schauen wir, ob ein indirekter Gegenvorschlag entwickelt werden kann.

Sie haben mehrfach den indirekten Gegenvorschlag aus dem Parlament gelobt, der die Gefahr von Pestiziden reduzieren soll. Der wäre ohne den Druck der jetzt abgelehnten Initiativen gar nicht zustande gekommen, oder?

Das ist eine parlamentarische Initiative, die unabhängig von diesen beiden Initiativen vom Ständerat lanciert wurde, es gibt keine direkte Verknüpfung. Wir haben eine Lösung gewählt, die sich auf die Probleme fokussiert, nicht auf die Initiativen. Das war mir persönlich immer wichtig: Extremen Initiativen soll man keinen Gegenvorschlag gegenüberstellen. Damit gibt man nur weiteren Initiativen, die extrem formuliert sind, Auftrieb.