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Reaktionen auf neue Massnahmen
Die Kommentatoren gehen mit dem Bundesrat hart ins Gericht

«Die Schweiz geht bei den Massnahmen viel weniger weit als die meisten ihrer Nachbarstaaten», schreibt der Tages-Anzeiger – und zeigt es in der Karikatur auf der Frontseite.
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War der Bundesrat während der ersten Corona-Welle im Frühjahr noch weitherum für sein gutes Krisenmanagement gelobt worden, so brandet ihm nun eine Welle von Kritik entgegen. Die Landesregierung habe die zweite Welle unterschätzt und zu spät reagiert, heisst es in den Kommentaren der Schweizer Medien vom Donnerstag.

«Tages-Anzeiger»

Der Bundesrat geht nach Ansicht des «Tages-Anzeigers» bei der Bekämpfung des Coronavirus zu zurückhaltend vor. Verglichen mit dem Ausland und den Massnahmen, die der Kanton Wallis ergriffen habe, gehe die Landesregierung weniger weit. Der Bundesrat gewichte die Wünsche der Wirtschaft höher. Das sei eine riskante Strategie. Das Risiko trügen die Schwächsten. Der Bundesrat sei im Spinnennetz des Föderalismus hängen geblieben. Die exponentiell wachsenden Covid-Zahlen bestätigten aufs neue, dass Verantwortung nicht teilbar sei. Der Bundesrat sollte jetzt zur ausserordentlichen Lage zurückkehren und das Land wohlbedacht durch den Krisenwinter führen.

«Der Bund»

«Der Bundesrat reagiert zu spät auf die zweite Welle», schreibt der Bund-Chefredaktor. Die gute Ausgangslage des Sommers wurde verspielt. Das liege auch daran, dass das Schweizer Politsystem zwar eines der erfolgreichsten der Welt sei, aber eben nicht unbedingt für den Pandemiefall tauge. Wichtig sei deshalb, dass die Behörden dazulernen und das hätten sie mit der Abschaffung der «sinnlos gewordenen Quarantänepflicht nach der Einreise aus den meisten EU-Ländern» jetzt gemacht. Nun gelte es für die nächsten Monate, die hart würden, zu planen und nicht schon zu viele Eingriffe in die persönliche Freiheit zu machen. «Der Bundesrat muss darauf achten, dass sich nicht weite Teile der Bevölkerung vom Kampf gegen das Virus abmelden. Die Pandemiemüdigkeit ist in der aktuellen Situation die grösste Gefahr.»

«Berner Zeitung»

Unter dem Titel «Der toxische Kantönligeist» prangert auch der Leiter Kultur der «Berner Zeitung» ein zu spätes Handeln des Bundesrats an. So hätten einzelne Kantone bereits schärfere Massnahmen ausgesprochen, welche jetzt weiterhin für einen Flickenteppich sorgen. In Bern sind Museen beispielsweise bereits von der Kantonsregierung geschlossen worden. Der Bundesrat hat nun aber auf eine solche nationale Massnahme verzichtet. Die Konsequenz: Das Berner Zentrum Paul Klee ist zu, das Zürcher Kunsthaus bleibt offen. «Die Situation ist unfair – und unsinnig: Wer als Kunstfan auf Museen in einem anderen Kanton ausweicht und dafür mit dem Zug durch die Schweiz fährt, erweist der Bekämpfung des Virus einen Bärendienst.» Es wären jetzt einheitliche Massnahmen gefragt. «Mit dem Flickenteppich verspielt die Politik Glaubwürdigkeit. Damit ist niemandem geholfen. Höchstens dem Virus.»

«Neue Zürcher Zeitung»

«Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern High Noon», schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» in einem Kommentar zu den jüngsten Massnahmen des Bundesrates zur Eindämmung des Coronavirus. Wenn die Schweiz die Corona-Pandemie wieder in den Griff bekommen wolle, dann müssten jetzt alle an einem Strick ziehen: Bevölkerung, Wirtschaft und Politik. Zu lange sei die Wucht der zweiten Welle unterschätzt worden. Und zu lange habe man zugewartet. Das Umdenken müsse im Kopf erfolgen. Das Massnahmenpaket des Bundesrates sei ein Weckruf. Jeder sei aufgefordert, sich so weit einzuschränken, dass er andere und sich selber möglichst wenig der Gefahr einer Ansteckung aussetze.

«Blick»

Mit dem Massnahmenpaket des Bundesrates habe die Schweiz eine letzte Chance, die Fallzahlen zu senken und zu verhindern, dass die Spitäler überlastet würden, kommentierte der Chefredaktor des «Blick» die jüngste Entwicklung. In den letzten Wochen sei ein totales Versagen der Kantonsregierungen und des Bundesrates feststellbar gewesen. Sie hätten nichts unternommen und die Menschen vertröstet. Dabei sei wohl schon absehbar gewesen, dass die Schweiz sehenden Auges in eine Katastrophe schlittere. Die nun beschlossenen Massnahmen seien das Minimum, das nötig sei. Nur so könne ein zweiter Lockdown hoffentlich noch verhindert werden.

SRF

«Die Schweiz geht einen risikoreichen Weg», schreibt der SRF-Wissenschaftsredaktor in seiner Analyse. «Es ist ein Versuch, ohne den sprichwörtlichen Holzhammer auszukommen.» Damit liege die Verantwortung aber immer noch bei jedem Einzelnen, die Einschränkungen würden eine weitere Verbreitung des Virus nocht nicht automatisch stoppen. Die Schweiz schlage jetzt einen mutigen und risikoreichen Weg ein: «Trotz fast rekordhoher Fallzahlen in Europa, bleiben wir bei den Massnahmen deutlich moderater als andere Länder.»


CH Media

Die vom Bundesrat beschlossenen Corona-Massnahmen schränken laut dem Chefredaktor der CH Media vor allem die Freizeit und das kulturelle Leben ein. Der Berufsalltag und die Unternehmen seien weniger betroffen. Es sei richtig vom Bundesrat, die Wirtschaft so weit wie möglich weiterlaufen zu lassen und so Arbeitsplätze zu sichern. Der Mensch brauche aber nicht nur Arbeit. Er verkümmere ohne Kultur, Theater, Museen und Kleinkunst. Gleich mehrfach sei in den letzten Wochen und Monate Zeit verspielt worden, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Es sei noch nicht zu spät. Die Schweiz verfüge über eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Jeder einzelne Mensch müsse nun seinen Teil dazu beitragen, das Virus zu stoppen.

«Südostschweiz»

Es gelte in der Corona-Pandemie, keine Zeit mehr zu verlieren, kommentiert auch die «Südostschweiz». Die Schweiz habe zu lange zugeschaut, während die Nachbarländer Schliessungen, nächtliche Ausgangssperren und Maskentragpflichten in Aussenräumen längst verfügt hätten. Zwar hätten auch die Nachbarn die Lage nicht im Griff, aber besser als die Schweiz. Im Kanton Graubünden gehe es um viel. Die Wintersaison stehe vor der Tür, mit einer sehr unsicheren Prognose. Nur wenn die Infektionszahlen sänken und Graubünden von der Liste der Risikogebiete gestrichen werde, bestehe Hoffnung. Der Kanton habe es in der Hand, weitere Einschränkungen zu beschliessen. Noch verzichte er darauf. Die Frage sei, wie lange noch.

«Walliser Bote»

Der «Walliser Bote» sieht seinen Kanton in der Vorreiterrolle an der Corona-Front die Vorreiterrolle. Gestern habe auch der Bundesrat die Ampel auf höchst alarmierendes Rot geschalten – mit den erwartet einschneidenden Massnahmen. Die verordneten Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens tuen weh, heisst es im Kommentar, «aber sie sind längst nicht so schmerzhaft wie ein zweiter Lockdown. Es ist ja nicht die behördliche Regulierungswut, welche die vermeintlich persönliche Freiheit beschneidet, sondern das grassierende Virus. Sich selbst und vor allem die anderen zu schützen ist die neue Umgangsform.»

«Le Temps»

Die Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» sieht vor allem den Profi-Sport als Verlierer der jüngsten Corona-Massnahmen des Bundes. Die Situation gleiche einem Skifahrer, der nach langer Verletzung zurückkehre und sich die Bänder in der dritten Kurve des zweiten Laufs reisse. Die Beschränkung auf 50 Zuschauerinnen und Zuschauer sei im Sport gleichbedeutend mit einer Schliessung. Und das zu einem Zeitpunkt, da die Clubs viel Aufwand für ein Schutzkonzept investiert hätten, das effizient sei und hohe Kosten verursacht habe. Das Fazit für die Zukunft könne nur lauten: Nur nichts planen. Doch gerade Planung und Zuverlässigkeit seien im Sport enorm wichtig.

«Tribune de Genève»

Der Bundesrat hätte laut einem Kommentar in der «Tribune de Genève» eine Woche früher auf das sich rasant ausbreitende Coronavirus reagieren können. Die Vernehmlassung bei den Kantonen habe unnötig Zeit verschlungen. Verglichen mit anderen Staaten in Europa stehe die Schweiz schlecht da. Es sei müssig zu fragen, wer daran Schuld sei. Die Schweiz befinde sich mitten in der zweiten Welle. Verglichen mit dem vom Bundesrat im März beschlossenen Massnahmen, seien die jetzigen Beschlüsse weniger einschneidend und bereits in einigen Kantonen in Kraft. Die kommenden Wochen müssten zeigen, ob der Bundesrat hart genug agiert habe oder die Zügel noch stärker selbst hätte in die Hand nehmen müssen.

«Le Courrier»

Der Bundesrat habe im letzten Moment die Kurve gekriegt, kommentiert die Westschweizer Tageszeitung «Le Courrier». Das Pflegepersonal habe unüberhörbar die Alarmglocke geläutet. Das habe den Druck erhöht. Bereits nach der ersten Welle sei die Schweizer Bevölkerung erschöpft gewesen. Das sei verständlich. Die Wirtschaft ihrerseits habe die Probleme lange nicht ernst genug genommen. Offen bleibe, wer die nun beschlossenen Massnahmen des Bundes kontrolliere. Und schliesslich fehlten auch Massnahmen zum Schutz von Beschäftigung und Löhnen im Paket des Bundesrates, kritisiert die Zeitung.

Ausländische Medien

Im Ausland gibt es auf die neuen Massnahmen in der Schweiz praktisch keine Resonanz. Die Berichterstattung wird von den Verschärfungen in Deutschland und Frankreich dominiert, wo Merkel und Macron ebenfalls am Mittwoch Mini-Lockdowns verkündet haben. Viel mehr als die aktuellen Beschränkungen hierzulande interessiert die Deutschen wohl, ob die Skiferien in den Schweizer Bergen nun ausfallen. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» widmet diesem Thema einen Beitrag und auch das ZDF entsandte eine Reporterin ins Engadin, um die Lage vor Ort zu begutachten.

Im Grenzgebiet interessieren die Schweizer Massnahmen dann doch noch. So berichtet der Südkurier unter dem Titel «Kann die Schweiz die zweite Corona-Welle noch unter Kontrolle bringen?» über die vergleichsweise «laschen» Einschränkungen. Die Antwort auf die Frage schwingt im Artikel mit: So wird es wohl nicht reichen. Ansonsten beschränken sich die Zeitungen auf eine Kurze Meldung der Deutschen Presseagentur DPA, welche den Schweizer «Slowdown» in zwei kurzen Abschnitten zusammenfasst.

Einzelne Reaktionen gab es von Ländern und Regionen, die von der Schweizer Risikoliste gestrichen wurden. Von Bosnien bis Genua freut man sich über das Ende der Quarantänepflicht und dass die eigenen Arbeitskräfte wieder in die Schweiz einreisen dürfen. «Gute Nachrichten», schreibt der Präsident der Region Ligurien auf Twitter.

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anf/sda