Spekulationen über die Gates-StiftungDie Gates-Scheidung krempelt ein Imperium um
Die Scheidung von Bill und Melinda Gates wird die teuerste der Welt. Es ist nicht nur das Ende einer Ehe, sondern einer Institution. Die Frage ist vor allem, wie es mit ihrer Stiftung weitergeht.
Das Vermögen von Bill und Melinda Gates ist 146 Milliarden Dollar gross. Ihnen gehört eine mehr als 6000 Quadratmeter grosse Villa inklusive Trampolinraum, riesiger Bibliothek und 24 Badezimmern. Die Gates sind die grössten Eigentümer von Ackerland in den USA, sie halten Anteile an der Hotelkette Four Seasons, an Caterpillar und UPS. Und dann ist da natürlich die gemeinnützige Stiftung, die Bill & Melinda Gates Foundation. Sie ist mit Einlagen von fast 50 Milliarden Dollar und 1600 Mitarbeitern die grösste der Welt.
In den kommenden Monaten wird es darum gehen, dieses unvorstellbare Vermögen aufzuteilen. Bill und Melinda Gates haben sich getrennt, und es ist klar, dass ihre Scheidung die teuerste der Geschichte wird. Laut US-Medien haben sie nie einen Ehevertrag unterschrieben, es gebe aber nun einen «Trennungsvertrag».
Melinda Gates trägt wieder ihren Mädchennamen
«Nach reiflicher Überlegung und viel Arbeit an unserer Beziehung haben wir beschlossen, unsere Ehe zu beenden», teilten die Gates auf Twitter mit. In 27 Jahren Ehe hätten sie drei wunderbare Kinder aufgezogen – diese sind heute 25, 21 und 18 Jahre alt – und eine Stiftung aufgebaut, an deren Mission sie weiter glauben. Aber: «Wir glauben nicht mehr daran, dass wir in der nächsten Phase unseres Lebens als Paar wachsen können.» Ihre Erklärung unterzeichneten sie nicht mit «Melinda und Bill Gates», sondern: «Melinda Gates und Bill Gates». Passend dazu fügte Melinda Gates ihrem Twitter-Profil ihren Mädchennamen French hinzu. Melinda French Gates und Bill Gates sind keine Einheit mehr.
Vor allem um die Zukunft der Stiftung, die auf der einstigen Einheit aufgebaut ist, gibt es nun weltweit Spekulationen und Sorgen. Schliesslich ist sie eine mächtige Institution. Bill und Melinda Gates fliegen für sie um die Welt, besuchen an einem Tag hungernde Kinder in Afrika und am nächsten eine Regierungschefin oder einen Unternehmenslenker. Die Stiftung finanziert Bildungsprogramme, kämpft für Gesundheit und gegen Armut und finanziert etwa die Forschung an Impfstoffen gegen HIV, Malaria und Covid-19.
Zweitgrösster Geldgeber der WHO
1,75 Milliarden Dollar hat die Stiftung 2020 für Projekte gegen die Pandemie ausgegeben. Sie ist auch viel kritisiert worden, nicht nur von Verschwörungstheoretikern, sondern zum Beispiel auch, weil sie bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der zweitgrösste Geldgeber nach der US-Regierung ist, was ihr den Vorwurf eingebracht hat, Gates benutze die Institution als Vehikel, um noch reicher zu werden. Die Noch-Eheleute blieben Co-Vorsitzende der Stiftung und bestimmten weiter die Strategie; bei der Organisation sei keine Änderungen zu erwarten, teilte die Stiftungsleitung mit. (Lesen Sie hier das Interview mit Bill Gates zur Pandemie.)
«Die Gates-Scheidung wird mehr tun, als das Leben einer Familie umzukrempeln. Sie wird in die Welt der Wirtschaft, der Bildung, des öffentlichen Gesundheitswesens und darüber hinaus ausstrahlen.»
Ob das funktioniert, ist fraglich. Nach Scheidungen der Chefs geht es bei gemeinsam geführten Unternehmen oft bergab. Bei der Kinderwagenfirma Bugaboo reichte es, dass die Co-Chefs keine Schwager mehr waren, um sich zu zerstreiten. Die Firma gehört heute einem Finanzinvestor. «Die Gates-Scheidung wird mehr tun, als das Leben einer Familie umzukrempeln. Sie wird in die Welt der Wirtschaft, der Bildung, des öffentlichen Gesundheitswesens, der Zivilgesellschaft, der Philanthropie und darüber hinaus ausstrahlen», sagte Anand Giridharadas, Autor des Buchs «Winners Take All», der Nachrichtenagentur Reuters. «Das liegt daran, dass unsere Gesellschaft den kolossalen Fehler begangen hat, die Möglichkeit zu schaffen, sich als Privatmann mit Reichtum die Chance zu erkaufen, quasistaatliche Entscheidungen zu treffen.»
Bill Gates engagiert sich seit 2008 in der Stiftung
Bill Gates, heute 65 Jahre alt, leitete Microsoft von der Gründung im Jahr 1975 bis zum Jahr 2000 und wurde 1995, ein Jahr nach der Hochzeit mit Melinda, zum reichsten Mann der Welt. Melinda Gates, 56 Jahre alt, war selbst eine frühe Mitarbeiterin bei Microsoft und verliess 1996 das Unternehmen, um sich um die drei Kinder zu kümmern. Die Stiftung führte Melinda Gates jahrelang weitgehend allein. Seit sich Bill bei Microsoft 2008 aus dem Tagesgeschäft zurückzog, war die gemeinsame Stiftung für beide die Hauptaufgabe. Meist traten sie getrennt voneinander auf, doch es war klar: Die Stiftung ist ein gemeinsames Projekt.
Die Gates sind nicht die einzigen Multimilliardäre, deren Scheidung in den vergangenen Jahren für Aufsehen sorgte. Im Juli 2019 endete die Ehe von Jeff und MacKenzie Bezos nach 25 Jahren. Jeff Bezos ist der Gründer von Amazon und inzwischen der reichste Mann der Welt (Bill Gates liegt derzeit auf Rang vier). MacKenzie hat nach der Trennung ihren Nachnamen in Scott geändert, neu geheiratet und konzentriert sich auf Wohltätigkeit. Bei der Scheidung erhielt sie einen Anteil von vier Prozent an Amazon und wurde damit zur viertreichsten Frau der Welt. Allein 2020 spendete sie 5,7 Milliarden Dollar.
Bezos von Paparazzi verfolgt
Jeff Bezos ist mit der TV-Moderatorin Lauren Sanchez liiert, deretwegen er MacKenzie verlassen hatte. Paparazzi verfolgen jeden seiner Schritte. Vor kurzem hat er den Chefposten bei Amazon aufgegeben und ist der Einzige der fünf reichsten Menschen in den USA, der sich nicht der von den Gates gestarteten Initiative «Giving Pledge» angeschlossen hat, bei der es darum geht, mindestens die Hälfte des Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden.
Auch Elon Musk, der drittreichste Mann der Welt, ist in den vergangenen Jahren durch gleich mehrere Scheidungen aufgefallen. Der Tesla-Gründer und Vater von sechs Kindern hatte während seines Studiums zum ersten Mal geheiratet und sich acht Jahre später scheiden lassen. Sechs Wochen nach der Scheidung verlobte er sich mit der Schauspielerin Talulah Riley, die er heiratete, sich dann scheiden liess, erneut heiratete, dann die Scheidung einreichte und den Antrag wieder zurückzog, bis Riley 2016 selbst einen Schlussstrich zog. Derzeit ist Musk mit der kanadischen Musikerin Grimes zusammen, die beiden haben ein Kind namens X Æ A-12. Sein Privatleben ist immer wieder Thema in der Klatschpresse.
«Mit grossem Reichtum kommt grosse Verantwortung.»
Melinda French Gates und Bill Gates wünschen sich für den Beginn ihrer nächsten Lebensphase Privatsphäre. Sie werden viel zu klären haben. Vor ihrer Hochzeit hatte Bills Mutter eine kleine Rede gehalten. Einer ihrer Sätze war: «Mit grossem Reichtum kommt grosse Verantwortung.»
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