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Schauspieler im Streik
Die ganz grosse Drehpause in Hollywood

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Nun ist es also offiziell: Nach den Autorinnen und Autoren werden auch die Schauspielerinnen und Schauspieler in Hollywood streiken. Das verkündete am Donnerstag Fran Drescher, Präsidentin der Schauspieler-Gewerkschaft «Screen Actors Guild‐American Federation of Television and Radio Artists» (SAG-AFTRA) und in Europa bekannt durch ihre Rolle in der Sitcom «Die Nanny».

Sie trug ein schwarzes Shirt mit der Aufschrift «Strong» und der Silhouette einer Person, die ihren Arm hebt - als Zeichen für Protest. Die Figur dürfte nun zum Symbol werden für eine der grössten Krisen der Unterhaltungsbranche, denn: Es wird nun nicht mehr viel gehen in Hollywood. Die 20’000 Mitglieder der Autoren-Gewerkschaft «Writers Guild of America» (WGA) streiken seit dem 2. Mai.

Der Streik könnte Hollywoods Produktionen komplett zum Erliegen bringen: Schauspielerinnen und Schauspieler treten dem Anliegen der Hollywood-Autorinnen und -Autoren bei. 

«Es ist unverschämt und respektlos angesichts unserer Verdienste um diese Branche», sagte Drescher im Gebäude der Gewerkschaft auf dem Wilshire Boulevard in Los Angeles - gar nicht weit entfernt vom neuen Museum der Filmakademie, wo zahlreiche dieser Verdienste ausgestellt sind. «Die Konzerne haben sich in einigen Punkten geweigert, ordentliche Gespräche zu führen; bei anderen haben sie komplett geblockt. Sollten sie nicht bereit sein, in guter Absicht zu verhandeln, können wir keine Einigung erzielen.»

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Die Gewerkschaft habe deshalb einstimmig beschlossen, ihre 160’000 Mitglieder aufzufordern, von Mitternacht an die Arbeit niederzulegen. «Was hier passiert, ist bedeutsam auch für andere Branchen – weil die Themen, über die hier verhandelt wird, viele andere Bereiche berühren werden», sagt Drescher: «Das passiert, wenn Arbeitgeber aus reiner Gier jene vergessen, die den Laden wirklich am Laufen halten.»

«Das ist deren Entscheidung»

In einem Statement der Produzenten-Gewerkschaft heisst es über den Streik: «Das ist deren Entscheidung, nicht unsere. Sie haben damit eine historische Erhöhung von Einnahmen und Boni abgelehnt sowie einen bahnbrechenden Vorschlag zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz, der die Rechte der Schauspieler an ihrem digitalen Abbild geschützt hätte - und noch einiges mehr.»

Disney-Chef Bob Iger, eine der mächtigsten Personen der Branche, hatte seinem Unmut bereits vorher Luft gemacht: «Es ist verstörend, weil wir nach Covid, wir sind da übrigens noch nicht komplett durch, mit massiven Veränderungen und Herausforderungen umgehen müssen.» Es sei «die schlechteste Zeit» für einen Streik, die Forderungen der Schauspielerinnen und Schauspieler nannte er «unrealistisch».

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Um die historische Dimension dieses Streiks zu verstehen: Einen gleichzeitigen Streik von Autoren und Schauspielern hatte es zuletzt vor 63 Jahren gegeben. Präsident der Schauspieler-Gewerkschaft damals: Ronald Reagan. Es ging damals um ein ähnliches Thema wie heute, nämlich darum, wer wie viel Geld kriegt, wenn ein Kinofilm im Fernsehen gezeigt wird. Heute geht es unter anderem um Verteilung der Einnahmen im digitalen Streaming-Zeitalter. Die Autorinnen und Autoren legten wie heute zuerst die Arbeit nieder, im Januar; drei Monate später streikten dann die Schauspielerinnen und Schauspieler, darunter zum Beispiel Marilyn Monroe, Liz Taylor und Jack Lemmon.

Der Autorenstreik dauerte damals 148 Tage, die Schauspielerinnen standen nur 42 Tage lang nicht mehr vor der Kamera. Das ist auch derzeit die Hoffnung – übrigens nicht nur unter Autorinnen, Schauspielern und Studio-Managern, sondern in etwa für eine Million Leute, die direkt oder indirekt mit der Unterhaltungsbranche im Bezirk LA verknüpft sind und nun um ihre Existenz fürchten.

Die Angst geht gerade bei Nicht-Promis um

«Covid hat uns nicht besiegt - ich will nicht, dass uns nun diese Sache umbringt», sagt zum Beispiel Pam Elya. Sie betreibt mit Ehemann Jim die Verleihfirma «History for Hire», wo Produktionsfirmen zum Beispiel die Koffer für «Titanic» leihen oder Kameras für «The Fabelmans» von Steven Spielberg. Die Angst geht gerade bei den Nicht-Promis um, weil sie wie während der Pandemie kaum Möglichkeiten sehen, ausserhalb der Filmbranche Geld zu verdienen. SAG-AFTRA-Präsidentin Drescher geriet in die Kritik, weil sie während der Verhandlungen nach Italien zu einem Mode-Termin mit Kim Kardashian geflogen war.

«Die Nanny» in einer neuen Rolle: Als Präsidentin der Schauspieler-Gewerkschaft verkündet Fran Drescher nach gescheiterten Verhandlungen den Streik.

Die Hoffnung der von einem längeren Streik ganz besonders Betroffenen: Dass der Druck grösser wird, wenn Schauspieler und Schauspielerinnen streiken. Sie haben den in Hollywood legendären Spruch «If it ain't on the page, it ain't on the stage» (Ohne Drehbuch kein Film) erweitert um: «If no one is on the stage, no one will show up at the goddamn theater anyway» also: Ohne Schauspieler kommt keiner ins Kino oder drückt bei Streamingservices auf «Start».

Grosses Thema bei den Verhandlungen: KI

Neben der Debatte über die Verteilung der Einnahmen geht es auch um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Weil die Technologie zum einen noch in den Kinderschuhen steckt, indes aber in rasender Geschwindigkeit entwickelt wird, dürfte es knifflig werden, jetzt eine Lösung zu finden, die langfristig gültig ist. Die ersten KI-Auswirkungen sind bereits zu bestaunen: Teile einer Folge der Zeichentrickserie «South Park» wurde von ChatGPT verfasst, die junge Version von Harrison Ford im aktuellen Indiana-Jones-Abenteuer aus alten, davor nicht veröffentlichten Aufnahmen von Ford zusammengesetzt.

Die Traumfabrik wird still stehen: In der Filmbranche unzufriedene Angestellte protestieren vor den Studios von Paramount Pictures.

«Ganz ehrlich: Ich bin in die Verhandlungen gegangen im festen Glauben, dass es keinen Streik geben wird», sagt Drescher mit Tränen in den Augen. «Die Schwere dieser Entscheidung ist uns durchaus bewusst – weil ein Streik Tausende, womöglich gar Millionen Leute in den USA und weltweit betreffen wird. Es geht um nichts weniger als unsere Existenz.»