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Schweizer Coldplay-Konzert
Eine mitreissende Show im Zürcher Regen

Hat das Letzigrund sofort im Griff: Coldplay-Sänger Chris Martin.
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Manche Konzerte sind so sehnsüchtig erwartet, dass sich die Zeit bis zum ersten Song unendlich zu ziehen scheint. So auch am Samstagabend in Zürich: Coldplay hatten die Schweiz zuletzt im Juni 2016 beehrt. 2019 kündigten sie an, erst wieder touren zu wollen, wenn der ganze Tross nachhaltiger unterwegs sei. 

All das ist mittlerweile geklärt, die Briten sind seit März 2022 auf der «Music of the Spheres World Tour». Die Dreiviertelstunde zwischen den beiden Vorbands Caroline Alves und Griff und dem Hauptact überbrücken Ambientsound (denken Sie: Walgesänge) und Einblendungen zu Umweltprojekten, die man mit dem Kauf der Eintrittskarte unterstützt. So hat man schon vor dem Auftritt etwas Gutes getan.

Das Warten macht die Fans kreativ. Um 20:22 Uhr brandet La Ola durchs Stadion. Die Nachricht in die Katakomben: Coldplay könnten jetzt so langsam mal kommen. Die bitten aber noch um etwas Geduld. In einem kurzen Film erklärt die Band, wie sie so grün wie möglich touren und was man am Konzert dazu beitragen kann: Über Hüpfen auf einem kinetischen Boden und strampeln auf stationären Velos hilft man, Batterien für das nächste Konzert aufzuladen. Man spürt die Ungeduld im Letzi-Rund.

Die Zeit steht still: Coldplay sind endlich da!

Jetzt aber: Zum «Flying Theme» vom «E.T.»-Soundtrack betritt die Band die Bühne, dann geht alles ganz schnell. Sänger Chris Martin sinkt auf die Knie; die Band beginnt zu spielen, es gibt eine erste Konfetti-Explosion. Die Zeit, unendlich in die Länge gezogen, steht für einen Moment still, den Konfetti-Schnipseln in der Luft gleich: Coldplay sind jetzt wirklich da.

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Das Quartett aus England spielt vom ersten Moment von «Higher Power» seine bekannten Live-Qualitäten aus. Die am Eingang ausgeteilten Armbänder, aus abbaubarem Plastik hergestellt und am Ausgang zu retournieren, leuchten synchron mit der restlichen Lichtshow im Stadion und bilden über weite Teile einen integralen Bestandteil der Darbietung.

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Die Interaktion mit dem Publikum fällt dem Showman leicht.
Im Konfetti-Regen: Coldplay-Sänger Chris Martin macht sich lang.
Die Spielfreude ist vor allem dem Frontmann vom ersten Augenblick an anzumerken.

Als sei das noch nicht bunt genug, werden bei «Adventure Of A Lifetime» Dutzende Ballone ins Publikum entlassen. Es macht den Eindruck, als feierten 49‘000 einen ausgelassenen Kindergeburtstag, im allerbesten Sinne. Wirkten die Einblendungen und das Video eingangs noch etwas belehrend, ist nun eine grosse Party im Gang, mit Gastgebern in bester Laune und dank Konfetti und Ballonen höchst Instagram-tauglich. So sehr, dass Martin später seine Fans bitten wird, für einen Song die Handys wegzustecken.

Überhaupt: Der Frontmann hat das Publikum im Handumdrehen im Griff. Er ist sofort warmgelaufen, spielt mit grosser Freude mit den Massen und animiert sie äusserst erfolgreich zum Mitsingen. Ein altbewährter Griff in die Trickkiste der interkulturellen Verständigung darf da natürlich nicht fehlen: Martin versucht sich in Schweizerdeutsch. Ein einwandfreies «Chuchichäschtli» quittieren die Fans mit begeistertem Jubel.

Zürich bringt sogar den ersten Gitarristen zum Lächeln

Auch der Rest der Band macht den Eindruck, als würde er den Arbeitstag geniessen. Beim Wechsel von der Hauptbühne ins Rondell in die Mitte lassen sich die vier aufreizend viel Zeit, sie sind offensichtlich hier, um Spass zu haben. Als die Menge «Viva La Vida» inbrünstig mit intoniert, hat auch der bis dahin eher ernste Gitarrist Jonny Buckland ein Lächeln im Gesicht. 

Es sind diese Gefühlsregungen, die Coldplay so nahbar machen. Sie drücken sich auch in den Interaktionen mit den Fans aus, die fester Bestandteil der Live-Auftritte sind. So dürfen auch in Zürich zwei junge Anhängerinnen auf die Bühne und singen mit Chris Martin den Song ihrer Wahl, «Til Kingdom Come». Die zwei sind sichtlich beeindruckt ob der Situation, Martin aber absolviert auch diesen Part ebenso charmant wie routiniert.

Hier und da wandelt die Band allerdings auf dem schmalen Grat zwischen Pathos und Peinlichkeit, glücklicherweise, ohne je die Balance zu verlieren. «Human Heart», eine Kollaboration mit dem R’n’B-Duo We Are King und Jacob Collier, singt Martin mit der lebensgrossen Puppe Angel Moon, die aus dem Jim Hanson Creature Shop stammt, einer Art Kreativ-Studio des Muppets-Schöpfers. Es könnte ein übertrieben pathetischer Moment sein, aber Martin lässt keinen Zweifel an seiner ernsthaften Hingebung zum Song aufkommen.

Showman Chris Martin verneigt sich vor Elton John

Obwohl das letzte Album «Music Of The Spheres» den Auftritt dominiert, vernachlässigen Coldplay die alten Hits nicht. Bei «Clocks» ist die Bühne in grünes Laserlicht getaucht, eine Referenz an ihre «A Rush Of Blood To The Head»-Tour. Damals, 2003, kamen diese Laser schon zum Einsatz, für eine Gitarrenpop-Band war das damals unerhört. Der Regen, der zwischenzeitlich eingesetzt hat, bricht sich stimmungsvoll in den Laserstrahlen.

Der Wetterumschwung hält die Band nicht davon ab, ihre letzten Stücke auf einer kleinen Bühne im hinteren Teil des Stadions zu spielen, ein intimes Setting für all diejenigen, die ihre Helden bis dahin nur von weitem gesehen haben. Während «Sparks», dem Klassiker vom ersten Album «Parachutes», improvisiert Sänger Martin die Zeilen: «the most beautiful thing I‘ve ever seen is Zurich in the rain». 

Eine weitere Konstante im Live-Kosmos von Coldplay sind die Coverversionen: Zum Dank, dass man sie über Elton John gewählt habe, gibt es mit «Your Song» eine kleine Entschädigung für alle, die vielleicht mit ihrer Entscheidung gerungen haben. Es ist eine Verneigung vor dem noch etwas grösseren Showman, der am gleichen Abend im Hallenstadion gastiert. 

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Ganz am Schluss taucht zu «Biutyful» noch einmal die Henson-Puppe auf, stilecht mit Regenschirm. Sie ist ganz selbstverständlich Teil der Band geworden. Der Refrain «You‘re so beautiful» richtet sich – natürlich, eine letzte Ehrerbietung – ans Publikum.

Dass der Auftritt musikalisch solide, aber nur mässig spannend war, ist am Ende zweitrangig – was zählt, ist die Show. Und die war mitreissend. Coldplay haben ihren Fans an diesem Abend während zwei Stunden mit Musik, Konfetti, Feuerwerk und Tausenden Lichtern das Gefühl gegeben, im Zentrum eines Universums zu stehen, für das es sich zu kämpfen lohnt. Am Ende steht schlicht «Believe In Love» auf der Leinwand hinter der Bühne. Man mag in diesem Moment daran glauben.