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Manipulierte Chiffriergeräte
Die Crypto-Affäre bleibt ohne strafrechtliche Konsequenzen

Die inzwischen aufgelöste Crypto AG im Zuger Steinhausen
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Die Strafuntersuchung der Bundesanwaltschaft in der Crypto-Affäre hat unter anderem das freundschaftliche Verhältnis zwischen der Schweiz und Schweden belastet. So wurde der Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis im Oktober nicht wie geplant zur Feier der 100-jährigen diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern nach Stockholm eingeladen. Doch nun hat die Bundesanwaltschaft die Untersuchung wegen vermuteter Verstösse gegen das Exportkontrollrecht eingestellt.

Die Bundesanwaltschaft wurde aktiv, nachdem das für Exportbewilligungen zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im Februar Anzeige erstattet hatte. Das Seco stellte sich auf den Standpunkt, dass es die Ausfuhren von Chiffriergeräten von der Steinhauser Crypto AG und deren Nachfolgefirmen niemals erlaubt hätte, wenn es sich der Manipulationen an diesen Geräten bewusst gewesen wäre. Die Verschlüsselungsalgorithmen der Crypto-Produkte wurden absichtlich so geschwächt, dass westliche Geheimdienste, darunter jene der USA, Deutschlands und der Schweiz, die damit abgesetzten Nachrichten entschlüsseln konnten. Davon wusste das Seco allerdings nichts, bis es von den Crypto-Recherchen von SRF und dieser Zeitung erfuhr. Ende 2019 wurde deshalb die Generalausfuhrbewilligung für Crypto-Geräte sistiert.

Wütende Schweden

Keine zwei Wochen nach Eingang der Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft kam es zu einer Razzia bei der Crypto International AG in Steinhausen, einer Firma in schwedischem Besitz, die Technologie der 2018 aufgelösten Crypto AG exportiert. Dabei liess die Bundesanwaltschaft rund 400 Chiffriergeräte und -module sicherstellen. Darunter befand sich zum Beispiel auch ein Crypto-Handy, das für den König von Marokko bestimmt war, Material für Malaysia und eine ganze Reihe von Geräten respektive Modulen, für die Schweden dringenden Bedarf anmeldete.

Was die Schweden aber fast noch mehr erzürnte als die vorsorgliche Beschlagnahmung ihrer Geräte, war die Absicht der Bundesanwaltschaft, diese genau zu untersuchen. Anders als die meisten ahnungslosen Kunden der Crypto AG weiss und wusste Schweden schon lange, was es da in Steinhausen einkaufte. Schliesslich profitierte auch der schwedische Nachrichtendienst direkt oder indirekt von der gigantischen Abhöraktion, die dank der geschwächten Crypto-Algorithmen möglich war. Die Schweden wollten auf keinen Fall zulassen, dass die Algorithmen der für sie bestimmten Geräte überprüft würden. Die Crypto International AG und eine weitere Nachfolgefirma der alten Crypto AG stellten deshalb Antrag auf Siegelung der Geräte. Als das zuständige Zwangsmassnahmengericht sie aufhob, gelangten sie mit einer Beschwerde ans Bundesgericht.

Eine Chiffriermaschine der Crypto AG.

Inzwischen hat sich aber auch die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments in einem ausführlichen Untersuchungsbericht zur Crypto-Affäre geäussert. Einerseits zeigte sie sich darin verärgert über die Strafuntersuchung der Bundesanwaltschaft, und anderseits sah sie nichts Illegales in der weltweiten Abhöraktion, bei welcher der Schweizer Nachrichtendienst ja ebenfalls nach Kräften mitmischte. Dieser Ansicht schloss sich die Bundesanwaltschaft nun an. Personen, welche die Exportgenehmigungen für die manipulierten Geräte beantragten, konnten deshalb «von der Rechtmässigkeit der nachrichtendienstlichen Aktivitäten» ausgehen, wie die Bundesanwaltschaft in ihrer Einstellungsverfügung schreibt. Der Bundesrat hat im Sommer beschlossen, über die Ausfuhrgesuche für Crypto-Geräte erst dann zu entscheiden, wenn die Bundesanwaltschaft ihre Untersuchung abgeschlossen hat.