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Korruption in Kenia
Die Bürger wollen keinen Kredit

Die Bevölkerung traut ihrer Regierung nicht: Eine Frau in Nairobi, Kenya. 
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Es mangelt nicht an Bildern und Vergleichen, um den Plan des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu beschreiben, der kenianischen Regierung einen Kredit von 2,34 Milliarden Dollar zu gewähren. Das sei wie einem Alkoholiker Whiskey zu geben, mit der Bitte, nur einmal täglich einen vorsichtigen Schluck zu nehmen, sagt John Githongo, ein kenianischer Anti-Korruptions-Aktivist und Autor. Andere vergleichen den Kredit damit, Bankräubern ein Darlehen zu geben.

Das Thema wird seit Wochen in den sozialen Netzwerken diskutiert, wohl kein afrikanisches Land hat eine so aktive wie gefürchtete Twitter-Community wie Kenia, es brauchte nur 48 Stunden, um 200’000 Unterschriften zu sammeln gegen den IWF-Kredit.

Das Land in Ostafrika gehört zu den korruptesten des Kontinents, Kenias Unternehmer und Akademiker haben in den vergangenen Jahren grosse Innovationen im Bereich der mobilen Bezahlsysteme hervorgebracht, die Wirtschaft wuchs bis zur Covid-Pandemie lange stabil, es gibt viele Erfolgsgeschichten: Die Regierung gehört nicht dazu, die politischen Eliten bereichern sich seit Jahrzehnten schamlos. Die sehr junge Bevölkerung vermutet, dass der neue Kredit aus Washington nicht dazu dienen werde, die Folgen der Corona-Pandemie abzumildern. Sondern in den Taschen der Elite landet.

Von 16 Milliarden auf 70 Milliarden Schulden

Als die gegenwärtige Regierung ihr Amt 2013 antrat, war das Land mit 16 Milliarden Dollar verschuldet, mittlerweile steht Kenia mit 70 Milliarden Dollar in der Kreide, in zwei Jahren wird die Hälfte der Steuereinnahmen für den Schuldendienst ausgegeben werden müssen. Dafür habe das Land aber neue Infrastrukturprojekte bekommen, verteidigte sich die Regierung. Viele Kenianer fragen sich aber, zu welchem Preis. Für umgerechnet über 5 Milliarden Franken wurde eine Eisenbahnlinie von der Hauptstadt Nairobi an die Küste gebaut, die seit drei Jahren nur Verluste schreibt und völlig überteuert war. Kenianische Politiker bis hoch zur Familie des Präsidenten Uhuru Kenyatta stehen im Verdacht, daran mitverdient zu haben. Und dasselbe nun mit dem Kredit zu tun.

Der IWF sah sich bereits gezwungen, den Kredit zu rechtfertigen. Die Regierung habe «eine deutliche Selbstverpflichtung» abgegeben, den Haushalt zu reformieren, teilte der IWF mit. Was das für die Bürger bedeutet, wird bereits jetzt klar, der Staat muss seine Einnahmen erhöhen, um den Kredit abzuzahlen, die Benzinpreise steigen bereits, die Steuern auch. Es trifft vor allem die Ärmsten, diejenigen, denen der Kredit helfen sollte, die Folgen der Pandemie abzumildern.

Letztlich, so sagen Kritiker, gehe es bei den IWF-Krediten gar nicht darum, was die Länder mit dem Geld anfangen, sondern um das berufliche Fortkommen Einzelner beim Währungsfonds: Karriere dort mache nicht der, der Kredite an fragwürdige Staaten verhindere, sondern jene, die Budgets erhöhen, die immer mehr Geld verwalten würden. Vor Kenia hatte der IWF bereits dem hoch korrupten Äquatorialguinea einen umstrittenen 700-Millionen-Kredit gegeben. Eine Summe, die wahrscheinlich deutlich kleiner ist als jene Milliarden, die der diebische Präsident Äquatorialguineas, Teodoro Obiang, in den vergangenen Jahren gestohlen hat.