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Währungsunion unter Druck
Die Angst vor der nächsten Eurokrise

Foto: Thierry Monasse
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Die Ausbreitung des Coronavirus weckt Erinnerungen an die Entwicklungen der Jahre 2011 und 2012. Wie damals stehen Sorgen vor einem wirtschaftlichen Kreislauf nach unten in den Ländern des Südens – vor allem Italien und Spanien – im Vordergrund, der im schlimmsten Fall in einen Staatsbankrott des dritt- und des viertgrössten Eurolandes münden könnte. Ein Ausdruck für diese Sorgen sind die jüngst gestiegenen Renditen der Staatsanleihen von Italien, aber auch von Spanien. Je höher diese Rendite steigt, desto mehr muss ein Land für Schulden bezahlen, das es neu an den Kapitalmärkten aufnimmt.

Grund für die jüngsten Sorgen ist die Corona-Krise. Italien und Spanien weisen nach den USA die bisher höchsten Zahlen von bestätigten Ansteckungen aus. Das sehr weitgehende Verbot aller wirtschaftlichen Tätigkeiten lässt eine schwere Rezession und eine explodierende Arbeitslosigkeit erwarten.

Weil die wirtschaftlichen Einschränkungen zur Eindämmung des Virus auch in diesen Ländern viele Unternehmen in ihrer Existenz bedrohen, sind Kurzarbeitsentschädigungen, staatliche Kreditgarantien und weitere Massnahmen nötig, um Konkurse in Massen zu verhindern, den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu begrenzen und Langzeitschäden für die Wirtschaft zu verhindern.

Die Kosten dafür und das sinkende Bruttoinlandprodukt (BIP) sind für Italien, aber auch für Spanien angesichts einer bereits hohen Verschuldungsquote ein Problem. Nicht nur drohen dadurch die erwähnten Zinsaufschläge. Auch die Möglichkeiten dieser Länder, ihre Wirtschaft vor einem irreparablen Schaden zu bewahren, sind eingeschränkt. Die Rettungspakete gemessen am eigenen BIP sind deshalb trotz der schweren Krise in Italien und in Spanien sehr viel kleiner als zum Beispiel jenes in Deutschland.

Die Eurokrise wurde 2012 bewältigt, weil letztlich die Europäische Zentralbank (EZB) noch unter Mario Draghi versprach, einem Land bei bedarf mit ausreichenden Geldspritzen beizustehen, wenn sonst die Zinsen für dessen Staatsschulden zu explodieren drohen würden. Allerdings hätte ein Land dann gleichzeitig Hilfe des EU-Rettungsschirms (ESM) beantragen müssen und damit die Souveränität über die eigenen Staatsfinanzen eingebüsst. Allein die erklärte Bereitschaft der EZB hat damals aber weder deren Eingreifen noch jenes des ESM nötig gemacht.

Unterstützung kommt von Lagarde und von der Leyen

Jetzt versorgt die EZB unter ihrer neuen Präsidentin Christine Lagarde die Kapitalmärkte und Banken in einem Ausmass mit Liquidität wie noch nie zuvor in ihrer Geschichte. Den von der Krise am meisten betroffenen Ländern hilft das allerdings nur indirekt.

Aus diesem Grund haben insgesamt neun südliche Länder, unter ihnen Italien und Spanien, die Herausgabe einer Anleihe angeregt (einen sogenannten Corona-Bond), für den alle Euroländer geradestehen sollen. Die Zinskosten für solche Anleihen wären dadurch deutlich geringer. Die Mittel, die dadurch zusammenkommen würden, sollten dann den stärker von der Krise betroffenen Ländern helfen, den Aufwand zur wirtschaftlichen Bewältigung der Krise stemmen zu können.

Obwohl der Vorschlag selbst von einigen renommierten Ökonomen aus Deutschland unterstützt wird, wollen die nördlichen Länder bisher nichts davon wissen. Sie sehen darin den Anfang einer Transferunion, in der ihre Steuerzahler für die ärmeren Länder der Eurozone aufkommen müssen. Sie fordern die hart betroffenen Länder auf, sich an den Rettungsschirm ESM zu wenden. Doch weil dessen Hilfe mit der Schmach einer verminderten Souveränität verbunden ist, wollen diese davon nichts wissen.

Das letzte Wort ist allerdings nicht gesprochen. Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen schrieb am Donnerstag in einem Artikel für die italienische Zeitung «La Repubblica», das Verhalten der Union gegenüber Italien sei schädlich gewesen. Gleichzeitig stellte sie Hilfe im Umfang von 100 Milliarden Euro für Kurzarbeitsentschädigungen in Ländern wie Italien oder Spanien in Aussicht. Sie sollen über Kredite bezahlt werden, für die alle Euroländer geradestehen. Ob sie sich damit durchsetzt, bleibt vorerst offen.