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Härtere Asylpolitik
CDU macht Stimmung gegen Flüchtlinge aus der Ukraine

14.03.2022, Mecklenburg-Vorpommern, Barth: Flüchtlinge aus der Ukraine kommen mit einem Bus am Erlebnisreiterhof Bernsteinreiter Barth an. Über 20 Kriegsflüchtlinge sollen auf dem Gelände wohnen. Bislang haben mehr als eine Million Ukrainer ihre Heimat verlassen und sind zunächst in die Nachbarländer ausgereist. Foto: Stefan Sauer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Stefan Sauer)
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Es ist kaum mehr als zwei Jahre her, als die Christdemokraten zuvorderst mithalfen, Frauen und Kinder aus der Ukraine in Deutschland aufzunehmen. Fast 1,2 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer leben heute da, mehr sind es in keinem andern Land Europas. Zum Vergleich: Die Schweiz mit zehnmal weniger Einwohnern hat 65’000 aufgenommen, Frankreich mit einem Fünftel weniger 69’000.

Bei CDU und CSU hat die Stimmung aber längst umgeschlagen. Ihre Politiker polemisieren immer hemmungsloser gegen die Kriegsflüchtlinge aus dem Osten. Allein stehende Erwachsene etwa, die nicht arbeiten, sollen künftig nicht mehr die ordentliche Sozialhilfe von 550 Euro im Monat erhalten, sondern nur noch die um 100 Euro tiefere Unterstützung für Asylsuchende.

CSU-Politiker Alexander Dobrindt will Ukrainerinnen und Ukrainer sogar ausweisen, falls sie zwei Jahre nach Kriegsbeginn immer noch nicht arbeiten. Zugleich häufen sich Rufe, wehrpflichtige ukrainische Männer sollten Deutschland verlassen, um ihrem Land im Krieg gegen Russland beizustehen.

Angst vor der AfD – und vor den Ostdeutschen

Dass die Sympathie gerade jetzt so drastisch schwindet, hat mit den Wahlen zu tun, die im September in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg stattfinden. Die CDU liegt dort in den Umfragen hinter der offen fremdenfeindlichen AfD zurück, viele Ostdeutsche halten eher zu Russland statt zur Ukraine und sehen die Hilfe für ukrainische Flüchtlinge mit Neid.

Dabei hatte die oppositionelle CDU 2022 den Entscheid mitgetragen, die Ukrainerinnen und Ukrainer nicht wie Flüchtlinge aus Syrien oder Afrika zu behandeln: Sie mussten kein Asyl beantragen, konnten sofort arbeiten oder die gleiche Sozialhilfe beantragen wie Deutsche.

Rückblickend sei das ein Fehler gewesen, meinen CDU und CSU jetzt. Die zu grosszügige Unterstützung sei der Hauptgrund dafür, dass in Deutschland weniger Menschen aus der Ukraine arbeiteten als in anderen Ländern: etwa 20 Prozent beträgt die Quote, ähnlich wie in der Schweiz, bei über 50 Prozent liegt sie in Dänemark oder den Niederlanden. Die Sozialhilfe koste Deutschland allein für die ukrainischen Flüchtlinge 5,5 bis 6 Milliarden Euro im Jahr.

Fachleute sehen die Hauptgründe für die geringe Arbeitsquote darin, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer erst Deutsch lernen müssten, um in Arbeit zu kommen, und es an Kinderbetreuung fehle. Rechtlich sei es zudem so, dass sie, um Sozialhilfe zu bekommen, einfach nachträglich Asyl beantragen könnten; sobald Schutz gewährt würde, stünde ihnen auch wieder die ordentliche Unterstützung zu. Die erleichterte Aufnahme hingegen diente gerade dazu, das Asylsystem vor Überlastung zu schützen.

Anteil an wehrpflichtigen Männern ist stark gestiegen

Die Kritik an wehrpflichtigen Ukrainern, die sich in Deutschland vor dem Kriegsdienst in ihrer Heimat drückten, hat einen realen Hintergrund: Lag der Anteil der Männer an den ukrainischen Flüchtlingen zu Beginn noch bei 7 Prozent, ist er seither auf fast 30 Prozent gestiegen. 260’000 Ukrainer in Deutschland sind im wehrpflichtigen Alter.

Weil die Ukraine diese Männer eigentlich dringend benötigen würde, werden sie aus Kiew und aus Berlin nun vermehrt unter Druck gesetzt. Deutschland kennt ein Recht auf Verweigerung des Wehrdienstes, deswegen ist eine Ausweisung zwar ausgeschlossen. Doch haben Kiews Konsulate in Deutschland begonnen, ukrainischen Männern die Ausstellung von Reisepässen zu verweigern, falls sie nicht über Wehrpapiere verfügen – die aber eigentlich nur in der Ukraine zu bekommen sind. Männern im wehrpflichtigen Alter wäre danach die Wiederausreise verboten.

Auch hier möchte der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter den Druck jetzt noch erhöhen: Er schlägt vor, wehrpflichtigen Ukrainern in Deutschland die Sozialhilfe ganz zu streichen – Gesetz hin oder her. Sonst passe das mit der milliardenschweren deutschen Militärunterstützung für die Ukraine nicht mehr zusammen.