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Lebenszeichen per Videobotschaft
Deutsches Impfgegnerpaar meldet sich  mit vermissten Kindern

Werden international gesucht: Lara, die Tocher von Anna Egler, und Clara, die Tochter von Andreas Egler. Die Behörden in Paraguay richteten eine offizielle Aufforderung an die Bürger, jeden Hinweis zu melden.

Am emotionalsten wirken die beiden Kinder. Clara, 10 Jahre alt, sitzt nahe bei ihrem Vater Andreas Egler. Neben ihm seine neue Ehefrau Anna Maria Egler und ihre 11-jährige Tochter Lara. «Sucht uns nicht mehr, wir wollen das nicht», sagen die Mädchen weinend auf einem Video, und «bitte trennt uns nicht».

Das Ehepaar Andreas und Anna Egler setzte sich Ende November letzten Jahres mit Clara und Lara von Deutschland nach Paraguay ab – laut paraguayischer Staatsanwaltschaft gegen den Willen der jeweils anderen Elternteile, die in Essen leben. Seit sechs Monaten suchen sie verzweifelt nach ihren Kindern.

Das gesuchte deutsche Ehepaar veröffentlichte am Mittwoch ein gemeinsames Video mit den Mädchen auf dem Messengerdienst Telegram. Im Video beginnt Andreas Egler, ein ehemaliger Fussballprofi, zu sprechen: «Wir sind die Familie Egler, die weltweit mittlerweile gesucht wird wie Schwerverbrecher, wie Mörder, wie Kriminelle», so der 45-Jährige. Seine 35-jährige neue Frau Anna Egler sagt anschliessend, sie hätten ihre Kinder «nur schützen wollen».

Die beiden Töchter sprechen nicht von «Mama» oder «Papa» im Video, sondern nennen ihre Eltern mehrmals bei vollem Namen: «Wir haben in Deutschland schon gesagt, dass wir bei Andreas Egler und Anna Egler wohnen wollen», sagt etwa Clara.

Einen Tag vor dem Video haben die örtlichen Behörden das Auto der Vermissten in Paraguay im Grenzgebiet zu Argentinien verlassen aufgefunden. In dem Zusammenhang haben die Behörden laut der paraguayischen Zeitung «ABC Color» einen Mann festgenommen, der dem gesuchten Paar vor einem Monat einen Nissan-Pick-up vermietet habe. Die zuständige Staatsanwältin Carina Sànchez sagte gegenüber der Zeitung, dass der Mann eine Menge Informationen geliefert habe, aber nun wieder auf freiem Fuss sei. Das Ehepaar sei derzeit zudem nicht angeklagt, es liege aber ein Haftbefehl von Interpol wegen Kindesentführung vor.

Bekennende Impfskeptiker

Geplant sei ursprünglich ein gemeinsames Wochenende des Ehepaars mit den Kindern in London gewesen, erzählte die Mutter von Clara, Anne Maja Reiniger-Egler, dem «Spiegel». Die Zustimmung der jeweiligen Ex-Partner sei dafür vorgelegen. Statt nach London sei das Paar mit den Mädchen aber nach Madrid und von dort weiter in die paraguayische Hauptstadt Asunción geflogen. Seither herrsche Funkstille.

Clara und Lara sind wohl nur in Südamerika, weil ihre Elternteile während der Pandemie in die Corona-Verschwörungsszene gerutscht sind. Paraguay ist beliebt unter deutschen Massnahmengegnern. Es gibt Wohnanlagen, die speziell um deutsche Impfskeptiker buhlen, mit Selbstversorgerbeeten und schlüsselfertigen Bungalows.

In einem Abschiedsbrief, der dem «Spiegel» vorliegt, erklärten die Eheleute noch im November, diesen Schritt wegen der in Deutschland geltenden Corona-Regeln «gehen zu müssen». Das Kindeswohl in Deutschland sei zu stark bedroht. «Bald wird es nicht mehr möglich sein, mit den Kindern aus dem Land zu fliehen oder sie vor der bereits beschlossenen Pflicht zu schützen, an einem Menschenexperiment teilzunehmen mit bisher unbekanntem Ausgang», schrieb Andreas Egler.

In Deutschland würden schon bald Nahrungsmittelknappheit, Blackouts, ein kompletter Wirtschaftskollaps und weitere unvorstellbare Katastrophen drohen. Die beiden machten ihren Ex-Partnern im Brief den Vorwurf, dass sie sich angesichts solcher Zustände nicht um die Sicherheit ihrer Tochter kümmerten. Welche Zukunft, so schreibt Egler laut «Spiegel», könnten sie Clara in Deutschland bieten – «ein Leben in einem Überwachungsstaat, in Angst, Krieg und Krankheit?» 

Öffentliche Fahndung

Wo genau sich die Familie derzeit aufhält, ist laut Behörden nicht bekannt. Zuletzt gesehen wurde sie Ende Januar in La Colmena, etwa drei Autostunden von der Hauptstadt entfernt. Dort soll das Paar vermutlich mit den Kindern in Zelten gelebt und mit dem Bau eines Hauses begonnen haben, erklärte Mario Vallejos, der Leiter der Entführungssondereinheit Antisecuestro der paraguayischen Polizei, letzten Montag bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt.

Bei der Pressekonferenz richtete auch Claras Mutter, Anne Maja Reiniger-Egler, emotionale Worte an das Paar. «Die Mädchen können nicht ihr ganzes Leben lang versteckt werden.» Sie flehte die beiden an, mit ihnen oder den Behörden Kontakt aufzunehmen. Laut «Spiegel» und «Welt» suchten die zurückgebliebenen Elternteile ihre beiden Töchter in Paraguay schon auf eigene Faust – mithilfe von Privatermittlern.

Anne Maja Reiniger-Egler hält das Foto ihrer vermissten 10-jährigen Tochter während der Pressekonferenz am Montag in Asunción hoch. 

Der deutsche Anwalt von Reiniger-Egler sagte am Mittwoch gegenüber dem «Spiegel», seine Mandanten würden ihre Kinder auf dem Video kaum wiedererkennen. Claras Haare seien kürzer geschnitten und gefärbt. Auch schien sie sich nicht wohl zu fühlen, so Rechtsanwalt Stephan Schultheiss. Mit diesem Video würde das vermisste Ehepaar zudem verlangen, dass die Eltern «ihre Kinder aufgeben und zurücklassen».

Seit Montag wird die Patchworkfamilie per Öffentlichkeitsfahndung gesucht. Das Ministerium für Kinder und Jugend in Paraguay richtete eine offizielle Aufforderung an die Bürgerinnen und Bürger, jegliche Hinweise über ihren Aufenthaltsort den Behörden zu melden.