Grösster Wirtschaftsskandal DeutschlandsDeutsche Justiz verlangt von Moskau Auslieferung von Wirecard-Manager
Vor rund zwei Jahren verschwand Jan Marsalek und mit ihm 1,9 Milliarden Euro. Laut deutschen Medien soll sich der österreichische Top-Manager in Russland befinden.
Die deutsche Justiz hat laut einem Medienbericht im Fall des gesuchten Ex-Wirecard-Vorstands Jan Marsalek ein Rechtshilfeersuchen an die russische Regierung gestellt, um dessen Auslieferung zu erreichen. Die «Bild»-Zeitung berichtet in ihrer Dienstagsausgabe unter Berufung auf Regierungskreise, noch vor Ostern habe die Staatsanwaltschaft München ein sogenanntes Inhaftnahmeersuchen an den Kreml abgeschickt. Marsalek soll in München vor Gericht gestellt werden.
Die deutschen Ermittler verlangen von der russischen Justiz Marsalek in Moskau zu holen, in Haft zu nehmen und auszuliefern. Er wird seit zwei Jahren weltweit wegen mutmasslichen Betrugs gesucht und soll sich in einem vom russischen Geheimdienst FSB bereitgestellten Versteck befinden. Das Ersuchen enthalte den genauen Fluchtort Marsaleks aus dem Januar 2021, mit den entsprechenden Koordinaten.
Die «Bild»-Zeitung hatte vor einer Woche berichtet, dass Marsalek in Moskau untergetaucht sei. Demnach soll dieser Aufenthaltsort des früheren Wirecard-Vorstands dem deutschen Geheimdienst (BND) und der deutschen Regierung bereits seit vergangenem Jahr bekannt gewesen sein. Die Münchner Ermittler sollen aber nicht eingeweiht worden sein, sondern erst durch die Enthüllungen der Zeitung von Marsaleks Aufenthaltsort erfahren haben.
Zwei Münchner Staatsanwälte seien daraufhin am vergangenen Dienstag nach Berlin gereist, um in der BND-Zentrale die geheimen Marsalek-Akten einzusehen. Darunter befänden sich ein BND-Bericht aus Moskau und ein weiteres Dokument, das beweise, dass der BND das Kanzleramt über den Fluchtort des Betrügers informiert hatte. Auch ein vormaliges Angebot der Russen, dass die deutschen Ermittler Marsalek verhören dürften, befinde sich in diesen Akten. Über dieses angebliche russische Angebot hatte «Bild» bereits vor einer Woche berichtet.
Es drohen 45 Jahre hinter Gitter
Im internationalen Haftbefehl, den ein Münchner Gericht im Oktober vergangenen Jahres gegen Marsalek erliess, steht, dass Marsalek von 2018 bis 2020 zusammen mit seinen Mittätern 505 Millionen Euro aus Wirecard abgezogen hatte. Geschehen sei das über Kredite für Partnerfirmen in Asien. Wirecard habe diese Darlehen für Geschäfte gewährt, die es gar nicht gegeben habe. Auch für «eigene Zwecke» habe Marsalek einen Millionenbetrag abgezweigt.
Die Justiz wirft dem früheren Wirecard-Manager vor mindestens 15 Straftaten begangen zu haben. Dazu gehören Bilanzfälschung und Manipulation des Wirecard-Aktienkurses, schwerwiegende Veruntreuung von Wirecard-Vermögen und gewerbsmässiger Bandenbetrug.
Die Höchstdauer der Freiheitsstrafe, die Marsalek im Falle seiner Festnahme zu erwarten habe, summiert sich laut Haftbefehl auf insgesamt 45 Jahre. Auch wenn eine Gesamtstrafe nach den gesetzlichen Grundlagen in Deutschland viel niedriger ausfallen würde, ist klar: Sollte der untergetauchte Ex-Wirecard-Topmanager eines Tages geschnappt werden, dann müsste er, als Kopf einer Bande, für viele Jahre ins Gefängnis.
AFP/so
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