Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Bidens wichtigste Klimakämpferin
«Deshalb sollten Frauen die Welt regieren»

«Das ist die Gelegenheit für uns»: Gina McCarthy, zuständig für die Umsetzung der Klimapolitik in den USA.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Gina McCarthy sagte zuletzt in einem Interview, manchmal kratze sie sich am Kopf und frage sich, warum um Himmels willen sie nach Washington gezogen sei. Sie sitze gerade in ihrem fensterlosen Büro im Weissen Haus und kämpfe mit technischen Problemen – zuvor hatte sie in einem fabelhaften Büro in Manhattan bei einer Umweltorganisation gearbeitet.

«Viele Mitarbeiter kamen dort vorbei. Ich habe versucht, sie herumzukommandieren, aber sie haben mich nicht beachtet», berichtete sie mit ihrem breiten Bostoner Akzent dem Onlinemagazin «Grist». Sie lachte herzhaft und ansteckend, kam aber doch zu dem Schluss, der Umzug habe sich gelohnt: «Es macht so viel Spass hier. Denn das ist die Gelegenheit für uns.»

Die Gelegenheit: Die 66-Jährige kann endlich das Thema Klima und Umwelt richtig anpacken. Sie gilt als Veteranin der Umweltbewegung und bekam von Präsident Joe Biden eine Stelle angeboten, die es so noch nicht gab: Als Nationale Klimaberaterin der Regierung ist sie eine Art Supervisor für das Kabinett. Während John Kerry aussenpolitische Klimadiplomatie betreibt, soll McCarthy in den USA die Klimapolitik umsetzen.

Klimaneutralität bis 2050

«Wir müssen handeln – wir alle», sagte Präsident Biden heute zum Auftakt eines von den USA organisierten virtuellen Klimagipfels. Im Kampf gegen die Erderwärmung sei schnelles Handeln nötig: «Wir haben wirklich keine Wahl.»

Joe Biden erklärte, das Land wolle vom Jahr 2035 an Energie nur noch aus erneuerbaren Quellen nutzen und bis 2050 klimaneutral sein. Für ihn geniesst der Kampf gegen die Erderwärmung neben der Pandemie höchste Priorität – auch, weil die Regierung glaubt, damit ein Jobwunder auslösen zu können. So will Biden zwei Billionen Dollar in Infrastrukturprojekte investieren, einen beträchtlichen Teil davon in den klimaneutralen Umbau. Für die Details hat er Gina McCarthy. (Lesen Sie zum Thema den Artikel «Joe Biden lässt sich die Klimawende etwas kosten».)

2009 holte sie Präsident Barack Obama in die nationale Umweltbehörde EPA, 2013 stieg sie zur Chefin auf.

Sie verbrachte ihre Kindheit im Bundesstaat Massachusetts auf dem Land und erinnert sich, wie sie von den ungewöhnlichen Farben des Merrimack River beeindruckt war. «Je nachdem, was sie in den Fabriken machten, war der Fluss leuchtend rot oder leuchtend grün oder leuchtend orange», sagte sie einmal. Alle Abwasser habe die Industrie in den nächsten Fluss geleitet. Das weckte ihr Interesse an Umweltfragen.

Weil sie nicht nur lustig sein kann, sondern auch stur und durchsetzungsfähig, legte sie eine beeindruckende Karriere hin. McCarthy studierte Anthropologie sowie Umweltingenieurswesen und ging in den Staatsdienst. In Massachusetts und Connecticut beriet sie fünf Senatoren aus der Republikanischen wie der Demokratischen Partei in Umweltfragen. 2009 holte sie Präsident Barack Obama in die nationale Umweltbehörde EPA, 2013 stieg sie zur Chefin auf. Dort schuf sie wegweisende Verordnungen, etwa den Clean Power Plan, der CO₂-Emissionen von Kraftwerken begrenzte.

Donald Trump machte den Clean Power Plan während seiner Präsidentschaft rückgängig, so wie viele andere Umweltregeln aus Obamas Präsidentschaft. McCarthy aber kämpfte um ihr Erbe: Im Januar 2020 wurde sie Präsidentin der Naturschutzorganisation NRDC, die Trumps Regierung gleich dutzendfach verklagte.

Statt von Verzicht oder Verbot spricht sie von Chancen und Arbeitsplätzen, gesundem Essen und sauberer Luft.

Nun sitzt Gina McCarthy im Zentrum der Macht. Sie will Umweltstandards in der Gesetzgebung einziehen und Umweltinvestitionen voranbringen. Die Gestaltungskraft der US-Regierung ist, was das Klima betrifft, riesig. Allein das amerikanische Militär verursacht mehr Treibhausgase als Länder wie Portugal oder Schweden. McCarthy will die Menschen überzeugen. Statt von Verzicht oder Verbot spricht sie von Chancen, Hoffnung, Arbeitsplätzen, gesundem Essen, sauberem Wasser und sauberer Luft.

Bei allem Ernst vergisst sie nie ihren Humor. In einer TV-Show bei Moderator Bill Maher erklärte sie, über den Klimawandel müsse man nur drei Dinge wissen. «Erstens: Er existiert. Zweitens: Von Menschen gemachte Emissionen verursachen ihn. Drittens: Deshalb sollten Frauen die Welt regieren. Ich bin es leid, hinter euch aufzuräumen.»