Jetzt fehlen noch 2 SiegeDer ZSC jubelt und strahlt – und ist wieder voll auf Meisterkurs
Einer kommt vom Sofa, der andere vom SCB – und ein Viertlinienspieler sorgt für die Entscheidung: Bereits am Donnerstag kann sich der ZSC zum Meister krönen.
Und dann reisst es selbst ZSC-Präsident Walter Frey vom Sitz. 4 Minuten und 10 Sekunden vor dem Ende erzielt Justin Sigrist das erlösende 4:2 gegen Lausanne. Wieder war es Vinzenz Rohrer, der Bully-Spezialist, der das Anspiel gewann. Sigrist konnte allein losziehen und verwertete im Stile eines abgebrühten Goalgetters. Während Frey seine Frau Barbara herzt, strahlt Sigrist übers ganze Gesicht. «Noch nie habe ich einen so tollen Geburtstag erlebt», freut sich der sonst zurückhaltende Viertlinienstürmer und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: «Hoffentlich komme ich künftig auch einmal im Penaltyschiessen zum Einsatz.»
Nicht nur Sigrist, der 25 wurde, feierte Geburtstag. Derek Grant, mit neun Toren bester Playoff-Schütze, wurde 34, Willy Riedi einen Tag zuvor 26. Zum ersten Bully schickte Trainer Marc Crawford die drei Geburtstagskinder gemeinsam aufs Eis. Das Trio zwang den Gegner bereits nach 26 Sekunden zu einer Strafe. Zwei Minuten später stand es 1:0. Besser hätten die Zürcher nicht starten können.
Der ZSC bestand den Charaktertest mit Bravour. Er ging von Beginn an entschlossen ans Werk und steckte auch den 1:2-Rückstand unbeirrt weg. Wie bereits in Spiel 1 sorgte Yannick Weber für den Ausgleich. Nur 84 Sekunden später lieferte der Berner in Zürcher Diensten die Vorlage zum 3:2. «Im Playoff musst du dich darauf einstellen, dass du auch mal verlierst», sagt Simon Bodenmann. «Trotzdem war es mental sehr, sehr wichtig, dass wir sofort wieder in die Siegspur zurückgefunden haben.»
Als die Lions am vergangenen Donnerstag im zehnten Playoff-Einsatz ihre erste Niederlage hinnehmen mussten, war unklar, wie die Zürcher reagieren würden. Die energisch auftretenden Waadtländer sind ein anderes Kaliber, anders als Biel im Viertelfinal und Zug im Halbfinal stellen sie den ZSC vor echte Herausforderungen. Erinnerungen an 2022 wurden wach, als die Lions ebenfalls ihre ersten neun Partien gewannen, dann aber nach vier Niederlagen in Folge gegen den EVZ doch noch den Meistertitel verpassten. Ein ähnliches Schicksal ereilte bereits Kloten 2009 und Lugano im Jahr 2000. Einzig Bern vermochte 2010 auf den ersten Rückschlag in Spiel 10 noch zu reagieren.
Der Altersbonus
«Die Erfahrung hilft uns, in kritischen Phasen die Ruhe zu bewahren», sagt Bodenmann. Der Stürmer hatte in den ersten beiden Finalpartien noch die Rolle des Zuschauers eingenommen; das Spiel in Lausanne verfolgte er vom Sofa aus. Diesmal nun erfuhr er um halb eins am Nachmittag von seinem Einsatz. Schmunzelnd sagt er: «Ich profitierte wohl vom Altersbonus, dass mir die Reise nach Lausanne erspart blieb.»
Mit Fortdauer der Partie kam Bodenmann vermehrt auch im zweiten Block zum Einsatz und übernahm den Platz des blassen und wohl angeschlagenen Denis Hollenstein. Auf verrückte Aktionen verzichtete er. «Das Selbstvertrauen fehlt dir, wenn du direkt vom Sofa kommst», sagt Bodenmann. «Ich habe versucht, hart zu spielen und die Scheibe entlang der Bande tief zu spielen. Ich denke, das ist mir gelungen.»
Ende Saison beendet der WM-Silberheld von 2013 seine Karriere. Er könnte dies mit seinem dritten Meistertitel tun. Die Atmosphäre, wie sie am Samstag in Altstetten herrschte, nehme er nun noch bewusster wahr. «Es sind genau solche Momente, die in Erinnerung bleiben werden. Jetzt, da ich weiss, dass es vorbei ist, kann ich es umso mehr geniessen.» Und dennoch ergänzt der Flügel: «Aber jetzt wäre ich froh, wenn es nicht mehr lange dauern würde.»
Dem ZSC fehlen noch zwei Siege, um sich zum zehnten Mal in der Clubgeschichte zum Meister zu krönen. Bereits am Donnerstag könnte in der Swiss-Life-Arena die Pokalübergabe stattfinden. Ob dann erneut Marc Lüthi anwesend sein wird? Am Samstag verfolgte der SCB-CEO die Partie an der Seite von Investor und Stadler-Rail-Patron Peter Spuhler. Nach dem Viertelfinal-Out seines Teams vor drei Wochen sagte Lüthi noch knurrend: «Ich schaue mir sicher keine Playoff-Spiele mehr an.» Nun hat er anders entschieden. Auch der Berner wollte mal gutes und erfolgreiches Eishockey sehen.
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