Vorwürfe gegen New Yorker GouverneurDer unverschämte Cuomo
Der demokratische Politiker Andrew Cuomo soll Frauen sexuell belästigt haben und ist für eine Vertuschung von Todeszahlen verantwortlich. Seine Wiederwahlchancen: nicht schlecht.
Es ist nicht lange her, da zählte Andrew Cuomo, der Gouverneur des Bundesstaats New York, zu den respektiertesten Politikern der USA. Als die Pandemie ausbrach und New York zunächst zu deren Epizentrum wurde, verging kein Tag, an dem Cuomo sich nicht als energischer Krisenmanager präsentierte. Er wirkte glaubwürdig in dieser Rolle, sie schien wie gemacht für ihn zu sein. Von allen Seiten gab es Lob, und es kam sogar die Frage auf, ob Cuomo nicht als Präsidentschaftskandidat gegen Donald Trump antreten solle. Selbst das den Demokraten eher ablehnend gegenüberstehende Boulevardblatt «New York Post» berichtete angetan, dass sich immer mehr Frauen in den Gouverneur und seine zupackende Art verliebten.
Gut ein Jahr später hat sich das radikal geändert. Besonders Cuomos zupackende Art steht in einem ganz anderen Licht da, seit mehrere Frauen ihm vorgeworfen haben, sie sexuell belästigt zu haben. Cuomo streitet die Vorwürfe ab und hat sich halbherzig entschuldigt für den Fall, dass es vielleicht zu Missverständnissen gekommen sei. Das allein wäre wohl Grund genug, die Fortsetzung der politischen Karriere des 63 Jahre alten Cuomo infrage zu stellen, aber es ist zuletzt noch einiges mehr zusammengekommen.
Buch über die Pandemie
Unter seiner Führung wurden die wahren Todeszahlen in Pflegeheimen während der Pandemie zunächst verheimlicht. Cuomo, so schien es, wollte keine Kratzer an dem Bild zulassen, an dem er so eifrig gewerkelt hatte. Nicht zuletzt mit einem Buch über die Pandemie, in dem er von seinen vermeintlichen Heldentaten berichtet. Es heisst «American Crisis» und hat Cuomo bisher 3,12 Millionen Dollar eingebracht. Das geht aus Steuerunterlagen hervor, die er selbst veröffentlicht hat. Weitere zwei Millionen Dollar könnten in den kommenden Jahren folgen. Dagegen nimmt sich das Gouverneursgehalt von 225’000 Dollar im Jahr fast mickrig aus.
Cuomo verdient mit dem Buch nicht etwa deshalb so viel Geld, weil es sich gut verkauft. Er hat einfach einen aus seiner Sicht sensationell guten Deal mit dem Verlag Crown abgeschlossen. 50’000 Exemplare gingen bisher über den Tisch; aus Verlagssicht in Anbetracht des Vorschusses lächerlich wenige, und vermutlich kommen nicht mehr viele hinzu. Das liegt daran, dass Crown wegen der Vertuschung der Todeszahlen in den Pflegeheimen keinerlei Werbung mehr für das Buch macht und auf eine Taschenbuchausgabe verzichtet.
«Das ist dumm. Nächste Frage»
Hinzu kommt, dass Cuomo das Werk laut Medienberichten mit der Hilfe seines Stabs verfasst hat. Diese Mitarbeiter werden mit Steuergeld bezahlt. Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James hat deshalb Ermittlungen aufgenommen. Auch diese Vorwürfe weist Cuomo – mehr oder weniger – zurück: Alle Hilfe sei freiwillig erfolgt. Ob er mit dem Buch auf Kosten der New Yorker Covid-Toten profitiere, wurde Cuomo neulich gefragt. «Das ist dumm. Nächste Frage», antwortete er.
Zuletzt kam ans Licht, dass zu seinen Beratern in der Krise um die Belästigungsvorwürfe sein Bruder Chris Cuomo gehörte. Dieser war mehrmals bei Beratungen des Stabs zugeschaltet. Chris Cuomo ist einer der wichtigsten politischen Moderatoren des Senders CNN. Dass er kaum neutraler Journalist sowie Berater seines Bruders sein kann, sah Chris Cuomo ein, allerdings versehen mit dem Hinweis, für ihn komme die Familie zuerst, dann erst der Job. Das Magazin «Politico» fragte daraufhin, was der Journalist Cuomo wohl zu einem solchen Statement aus dem Mund von Donald Trump gesagt hätte.
An einen Rücktritt denkt Andrew Cuomo laut eigener Aussage nicht. Er ist bereits seit 2011 Gouverneur, und er mag den Job, wie er öfter kundtut. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass er versuchen wird, die Affären auszusitzen und 2022 für eine vierte Amtszeit zu kandidieren. Womöglich kommt er damit durch: Umfragen zufolge findet rund die Hälfte der New Yorker, dass der Gouverneur einen guten Job macht.
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