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Ticker zu Selenskis Rede im Bundeshaus
Selenski erinnert Parlament an Bitte um Waffen | SVP glänzt durch Abwesenheit | FDP von Rede «beeindruckt»

Das Wichtigste in Kürze

  • Um 14 Uhr trat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski virtuell vor das Parlament. Seine Rede dauerte etwa 10 Minuten.

  • Die SVP wollte die Rede verhindern, scheiterte jedoch mit ihrem Antrag.

  • Auch wenn Selenski nicht physisch anwesend war, wurden umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen, um Störaktionen zu verhindern.

  • Im Vorfeld der Rede machten zwei Cyberattacken den Schweizer Behörden zu schaffen. Über die Hintergründe des Angriffs wird spekuliert. Doch verlässliche Hinweise darauf, dass Russland dahinterstecken könnte, gibt es nicht.

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FDP-Präsident: «Eindrückliche Schilderung vom Leid»

FDP Praesident Thierry Burkart, AG, schaut sich im Saal um, an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 13. September 2022 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)

Thierry Burkart, Präsident FDP, über Selenskis Ansprache: «Es war eine eindrückliche Schilderung vom Leid, das dieses Land wegen des russischen Angriffskriegs erfahren muss. Er ist mit der Schweiz und unseren Eigenheiten respektvoll umgegangen. Sehr gut fand ich auch die Ansprache von Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli. Sie hat die richtigen Worte gewählt, denn wir sind ein militärisch neutrales, nicht aber ein gesinnungsneutrales Land. Dass ein ausländisches Staatsoberhaupt im Parlament eine Rede hält, ist übrigens nicht problematisch. Seit 1970 haben 29 Staatsoberhäupter und Vertreter von internationalen Organisationen in diesem Saal eine Ansprache gehalten.»

SVP glänzt durch Abwesenheit – FDP von Rede «beeindruckt»

Die SVP-Fraktion ist nicht geschlossen gemeinsam essen gegangen, wie es scheint. Einzelne Parlamentarier waren in den Restaurants rund ums Bundeshaus anzutreffen. Sie waren im Gespräch mit unbekannten Personen, die sie trafen. Eine Stallorder für die Mittags- und Freizeit zwischen 13 und 15 Uhr gab es nicht. Selenskis Rede mitverfolgt hat neben Aebi auch der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann.

Ukrainian President Volodymyr Zelensky is displayed on a screen in front of the empty seats of the members of right wing party SVP during his speech to the members of the Swiss parliament, in Bern, Switzerland, Thursday, June 15, 2023. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Gut kam die Rede bei der FDP an, die mehrheitlich anwesend war. Doris Fiala (ZH) zeigte sich «sehr beeindruckt» und war nach Verlassen des Saals sichtlich ergriffen. Aussenpolitiker Hanspeter Portmann (ZH) fand, Selenski habe den richtigen Ton gefunden und legitim die Interessen seines Landes dargelegt. «Es tat gut», so Portmann, vom ukrainischen Präsidenten einen Dank bekommen zu haben, für das, was wir machten – und nicht immer nur dem Bashing aus der europäischen Nachbarschaft ausgesetzt zu sein.» (beg)

Erste Reaktionen

Gerhard Pfister, Präsident der Mitte: «Es war eindrücklich von ihm zu hören, was der Krieg mit Menschen macht. Ich habe sehr viel Verständnis von Präsident Selenski für die Schweiz und ihre nicht ganz einfache Rolle gespürt. Das war eine genaue Ansprache von ihm, die Wortwahl sehr präzise. Und ganz sicher war es kein Appell, wie es gewisse Kreise vorher befürchtet hatten. Richtig fand ich, dass der Auftritt ausserhalb der Session stattfand – so konnte es jeder mit sich selber vereinbaren, ob er oder sie dem ukrainischen Präsidenten zuhören möchte.»

Mattea Meyer, Co-Präsidentin SP: «Die Rede von Präsident Selenski hat mich sehr berührt. Sie gab einen Einblick, was es heisst, in einem Krieg zu leben, wenn Kinder wegen Luftalarm auf dem Boden schlafen müssen. Die Rede hat mir auch gezeigt: Wir müssen mehr machen. Mehr Geld sprechen, mehr Oligarchengelder sperren. Was die SVP gemacht hat, war eine Bankrotterklärung.»

Balthasar Glättli, Präsident der Grünen: «Es war nicht die erste Rede, die ich von ihm gehört habe, aber es ist natürlich ein Unterschied, wenn man direkt adressiert wird. Das ist schon sehr bewegend. Die Ansprachen von Präsident Selenski haben eine wichtige Funktion. In einer Zeit, die von Newstickern bestimmt wird, ist es wichtig, dass die Erinnerung an diesen Angriffskrieg nicht verloren geht. Es war auch ein etwas peinlicher Moment für mich: Das Parlament hätte die Möglichkeit gehabt, ein 5-Milliarden-Paket zu sprechen – und hat leider nein gesagt. Was ich heute vermisst habe, war ein etwas stärkerer Appell an die Schweiz, noch schärfer gegen Russland vorzugehen. Sei es bei der Umgehung von Sanktionen oder bei der Beschlagnahmung von Oligarchengelder. Da hätte er den Finger noch stärker in die Wunde legen dürfen.» (los)

Zusammenfassung: Selenski hebt Wert der Solidarität hervor

Selenski hat in seiner Video-Ansprache vor der Schweizer Bundesversammlung die Wichtigkeit der Solidarität betont. Im Kampf seines Landes gegen den russischen Agressor brauche es den maximalen Zusammenhalt aller, die die Werte von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit teilten.

Kern dieser Werte sei der Frieden, sagte Selenski. Die Ukraine sei niemals eine Quelle von Angriffskriegen gewesen. Und selbst heute sei die Ukraine paradoxerweise ein Territorium des Friedens. Denn der Krieg werde allein von Russland dorthin gebracht: «Wir verteidigen den Frieden für unsere Kinder.»

Der ukrainische Präsident verwies auf die Drohnen- und Raketenangriffe auf zivile Ziele in seinem Land. Russland habe den Kachowka-Staudamm gesprengt, es handle sich um eine menschengemachte Katastrophe. Zudem benutzten die Russen das AKW Saporischschja in zynischer Weise als Schutzschild.

Bitte um Waffen

Selenski hat das Schweizer Parlament an die Bitte seines Landes um Waffen erinnert. Die Ukraine benötige Waffen, um wieder ein Boden des Friedens zu werden.

Selenski dankte in seiner Ansprache im Nationalratssaal für jedes Sanktionspaket, die Vermögenssperren und für jede Waffeneinheit, die seinem Land helfe, sich vom Terror zu befreien.

Der Schweiz dankte Selenski, gegenüber der Ukraine nicht gleichgültig geblieben zu sein. Er wisse um die Diskussionen um die Wiederausfuhr von Waffen, sagte er. Doch nicht die Ukraine sei die Quelle der Aggression, und sie sei keine Konfliktzone. Gegen die russische Aggression könne man nur gemeinsam antreten.

Selenski erinnerte an seine Friedensformel, wonach jedes Partnerland entsprechend seinen Stärken der Ukraine beistehen könne. Einige sorgten für Lebensmittelsicherheit, andere würden helfen, die Tausenden nach Russland verschleppten ukrainischen Kinder zu finden und zurückzubringen.

Friedensgipfel unter Schweizer Leitung

Die Schweiz lud er ein, einen globalen Friedensgipfel durchzuführen und dort federführend zu sein, wo sie ihre nationale Expertise am besten einsetzen könne. «Vielen Dank, liebe Schweiz! Ehre der Ukraine», schloss Selenski seine Ansprache. Gehalten hatte er sie im schwarzen T-Shirt, mit dem Schriftzug «Ukraine».

Während seiner Ansprache hatte im Saal Stille geherrscht. Selenskis Worte verdankte die anwesenden Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit einer anhaltenden Standing Ovation. Die SVP, die Selenskis Auftritt mit einem Ordnungsantrag hatte verhindern wollen, war bis auf vereinzelte Mitglieder fern geblieben. (SDA)

Selenskis Dank

Selenski bedankt sich nochmals und beendet seine Rede. Im Nationalratssaal ertönt Applaus und die Parlamentarierinnen und Parlamentarier erheben sich.

Standing Ovations im Parlament nach der Rede des ukrainischen Präsidenten.

Appell an Europa

Selenski spricht über den Zusammenhalt und die Solidarität Europas und über die russische Aggression. «Hunderte ukrainische Familien leiden unter den russischen Angriffen, jede Nacht werden viele russische Drohnen gegen unser Volk geschickt. Russland bringt den Tod auf ukrainischen Boden.» Drohnen und Raketen würden die Menschen aus der Luft auf Häuser stürzen, Infrastruktur werde gezielt vernichtet. «Wir verteidigen unseren Frieden und unsere Werte», so Selenski.

Wolodimir Selenski spricht per Video zum Schweizer Parlament.

Russland nutze das AKW Saporischja als Schutzschild und habe eben erst einen Staudamm gesprengt, um sich einen Vorteil auf dem Schlachtfeld zu verschaffen. «Russland führt einen Krieg des Völkermords.»

«Ich danke dir, liebe Schweiz»

Wolodimir Selenski bedankt sich herzlich für Candinas «guten» Worte über die Ukraine und ihrer Verteidigung. Er selbst spricht auf Ukrainisch, eine Dolmetscherin übersetzt: Jetzt, wo wir das Leben unserer Menschen gegen russische Angriffe verteidigen und die Folgen dieser Verbrechen versuchen zu bewältigen, brauchen wir einen maximalen Zusammenhalt.»

«Mein liebes Schweizer Volk: Was ist die Seele der Grundwerte, die wir teilen? Das ist der Frieden», sagt Selenski. Die Ukraine war niemals eine Quelle von irgendwelchen Angriffskriegen.» Und sogar jetzt sei die Ukraine ein Territorium des Friedens. Die Aggression komme von ausserhalb der Ukraine.

«In diesem grausamen Krieg, der auf unserem Boden geführt wird, gibt es absolut nichts, was die Ukrainer zur Quelle des Krieges machen würde. Wir verteidigen unser Leben, unsere Freiheit, unsere Unabhängigkeit und unsere Werte», so Selenski. Wer die Ukraine stütze, stütze den Frieden. Er bedankt sich für die Sanktionspakete, Waffenlieferungen und eingefrorenen Vermögen der russischen Oligarchen. «Ich danke dir, liebe Schweiz, dass du nicht gleichgültig geblieben bist, angesichts des Leids, welches uns angetan wird», so Selenski.

Vor dem Bundeshaus stehen sich gut 20 Pro-Ukraine-Demonstranten fünf Manifestanten gegenüber, die um die Neutralität fürchten. (beg)

Candinas: «Wir bewundern ihren Mut»

Vor der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski spricht Nationalratspräsident Martin Candinas, Er betont, dass die Schweiz den russischen Angriffskrieg verurteilt. «Angriffe auf die Zivilbevölkerung und zivile Infrastrukturen stellen eine klare Verletzung des humanitären Menschenrechts dar.» Die Sicherheit und Unabhängigkeit der Ukraine hätte auch grosse Bedeutung für die Sicherheit und Unabhängigkeit der Schweiz.

Die eidgenössischen Räte hätten den Angriff Russlands auf die Ukraine seinerzeit aufs Schärfste verurteilt, sagte Candinas. Diese Überzeugung sei unverändert.

«Sehr geehrter Herr Präsident, wir bewundern die Tapferkeit, den Mut und die Standfestigkeit, mit der sich die Ukrainerinnen und Ukrainer gegen den russischen Aggressor zur Wehr setzen», wandte sich Candinas an den Gast. Die Werte, für die sie ihr Leben aufs Spiel setzten, seien auch die Werte der Schweiz.

Sicherheit und Unabhängigkeit der Ukraine seien für die Sicherheit und Unabhängigkeit der Schweiz von Bedeutung. Das Land habe das Recht, sich selbst zu verteidigen. Neutralität sei zwar ein wichtiges staatspolitisches Prinzip der Schweiz. «Sie bedeutet für uns aber nicht, die Augen vor Unrecht zu verschliessen.» (SDA)

Mindestens ein SVP-Abgeordneter hört zu

Mindestens ein SVPler wird heute dem ukrainischen Präsidenten zuhören. Nationalrat Andreas Aebi ist aktuell Präsident der Schweizer OSZE-Delegation und hat angekündigt, «hinten rein» zu sitzen. Bei der OSZE höre er jeweils auch allen zu – auch den Russen. (beg)

Die letzten Vorbereitungen laufen

In der Wandelhalle laufen die letzten Vorbereitungen. Die Halle ist für Journalistinnen und Journalisten aus Sicherheitsgründen gesperrt, im Nationalratssaal sind zwei eher moderate Bildschirme aufgebaut, und die Medientribünen sind bereits voll. Eben hat der Übersetzungstest stattgefunden, offenbar wird sich Wolodimir Selenski auf Ukrainisch an das Schweizer Parlament wenden. (los)

Selenski wird nur kurz sprechen – SVP geht lieber Mittagessen

Noch nie hat ein Gast per Video zum Schweizer Parlament gesprochen. Somit kommt es heute um 14 Uhr mit der von der SVP unerwünschten Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski zu einer Premiere.

Zwar wurden schon ab und zu externe Rednerinnen und Redner eingeladen, aber stets persönlich vor Ort. Und auch dies nur sehr selten. Seit der Gründung der modernen Schweiz 1848 hatten gerade mal 28 Gastrednerinnen und Gastredner die Ehre.

Diese Premiere ist für die Parlamentsdienste eine Herausforderung. Denn der Nationalratssaal ist dafür nicht ausgerüstet. Es müssen zusätzliche Grossbildschirme installiert werden. Diese werden freilich nur kurz in Betrieb sein. Die Parlamentsdienste rechnen mit einer Rede von lediglich rund 10 Minuten. Zuvor wird Nationalratspräsident Martin Candinas den ukrainischen Präsidenten begrüssen. Und nach der Ansprache ist eine Verabschiedung durch Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller angedacht. Insgesamt soll der Anlass maximal 30 Minuten dauern.

März 2022: Wolodimir Selenski sprach zu Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer Friedensdemonstration in Bern.

Initiiert hat Selenskis Auftritt die ukrainische Botschaft in der Schweiz. Sie stellte Anfang Mai ein entsprechendes Gesuch, das die Ratsbüros guthiessen. Selenski hat auch schon zum US-Kongress und zu mehreren europäischen Parlamenten per Videoschaltung gesprochen. Im März 2022 – wenige Wochen nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine – wandte er sich auf diesem Weg auch an die Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer Friedensdemonstration auf dem Bundesplatz in Bern. Aussenminister Ignazio Cassis hatte Selenski damals als «meinen Freund» bezeichnet.

SVP zieht Mittagessen vor

Selenski wird nicht während einer eigentlichen Ratssitzung sprechen, sondern wahrscheinlich über Mittag. Das erlaubt jenen, die den ukrainischen Präsidenten nicht hören mögen, ihrer Verpflegung und Erholung eine höhere Priorität einzuräumen. Davon will die SVP Gebrauch machen. Die grosse Mehrheit der Fraktion werde der Rede fernbleiben, sagt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi. (is)

Selenskis widerspenstige Schweizer Freunde

Juli 2020: Wolodimir Selenski und Simonetta Sommaruga begaben sich die Nähe umkämpfter Gebiete im Osten der Ukraine.

Nicht allzu viele Länder hat der bekannteste Videoredner der Welt mit mehr Gastauftritten beehrt als die Schweiz. Am Donnerstag kommt es bereits zum fünften virtuellen Besuch des Mannes im grünen T-Shirt – innert 15 Monaten.

Lesen Sie dazu den Artikel von Thomas Knellwolf über mutige Reisen, zögerliche Hilfe – und ruppige Diplomaten-Tweets.

red/nag