Abo80 Jahre WannseekonferenzDer Tag, an dem Bürokraten den Holocaust planten
Bei einer «Besprechung mit anschliessendem Frühstück» diskutierten Nazis Details zum Völkermord an den europäischen Juden. Systematisch und in nie dagewesener Eiseskälte.
Beinahe wäre Reinhard Heydrich dem Tod noch entgangen. Der Fahrer seines Dienst-Mercedes musste wegen einer scharfen Kurve auf dem Weg zur Prager Burg bremsen. Darauf hatten die tschechoslowakischen Freiheitskämpfer am 27. Mai 1942 gewartet. Sie rannten auf den Wagen zu. Ein Attentäter warf einen Sprengsatz, der Metallsplitter in Heydrichs Körper jagte. Der «Reichsprotektor Böhmen und Mähren» wurde schwer verletzt.
Heydrich lebte noch acht Tage. Er war der höchste Repräsentant des deutschen Unterdrückungsapparates, der bis dahin durch einen Akt des Widerstandes ausgeschaltet wurde: SS-Obergruppenführer, Chef des gefürchteten Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), der Zentrale des Terrors, den Hitlerdeutschland über Europa gebracht hatte. Als er am 4. Juni 1942 starb, wussten nicht einmal die Attentäter und deren Kommandanten – die tschechoslowakische Exilregierung und der britische Geheimdienst –, dass Heydrich nur vier Monate zuvor im Gästehaus der SS am winterkalten Grossen Wannsee eine Besprechung geleitet hatte, die als Inbegriff entseelter Bürokratie in die Geschichte eingehen sollte: die Wannseekonferenz.