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Corona in Sibirien
Will er ins Internet, muss er auf den Baum

So hat er sich das Unileben nicht vorgestellt: Der Student Alexei Dudoladow auf der Suche nach dem Internet.
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Stankewitschi ist ein Dorf irgendwo in Sibirien. Einer seiner knapp 50 Einwohner ist der Ingenieurstudent Alexei Dudoladow. Seit an dessen Universität in der nächstgelegenen Stadt Omsk die Vorlesungen wegen Corona nur noch über Video stattfinden, hat Dudoladow ein Problem: In Stankewitschi gibt es kein Festnetz-Internet, schon gar nicht über Glasfaserkabel.

«Die einzige Möglichkeit besteht darin, das Handy zu benutzen, und auch das verfügt erst über den Standard 2G», sagt Dudoladow gegenüber einem lokalen Journalisten am Telefon. Dieser merkt an, dass man im Hintergrund das Muhen von Kühen und das Grunzen von Schweinen höre. Der Internetempfang in Stankewitschi ist so schwach und störungsanfällig, dass Dudoladow gar nicht mehr am Unterricht teilnehmen kann. Oder nur unter grossen Opfern.

Der Akku ist im Nullkommanichts leer

Damit sein Handy Internet empfängt und er den Lernstoff, die Hausaufgaben, Übungen und universitären Manuskripte herunterladen und auf der Videosoftware Zoom zumindest kurz in die Vorlesungen reinhören kann, muss der Student nämlich auf eine Birke klettern. Bis auf die Spitze, etwa zehn Meter über dem Boden. Und dies bei bis zu zehn Grad unter null.

Der Handy-Akku, erzählt der junge Russe, sei bei diesen Temperaturen im Nullkommanichts leer. «Als ich in der Fakultät davon erzählte, haben sie mir kein Wort geglaubt. Sie dachten, ich mache Witze.» Lokale und regionale Behörden, die Dudoladow auf seine mühseligen Studienbedingungen aufmerksam machte, sagten, er solle sich einen Verstärker kaufen und auf dem Hausdach montieren. «Das kostet 8000 Rubel», sagt der Student – umgerechnet rund 100 Franken. So viel könne er nicht ausgeben.

Im sibirischen Ort Stankewitschi gibt es keinen Handy-Empfang – ausser auf diesem Baum.

Die Beamten zeigten sich erst für Dudoladows Klagen empfänglich, als er sie übers Internet vorbrachte und seine Pein illustrierte. Hunderttausendfach wurde das Video mit dem Studenten auf dem Baum in den sozialen Medien angeklickt. Die Öffentlichkeit war entsetzt und forderte Gegenmassnahmen – nicht nur für den jungen Mann aus Stankewitschi, sondern auch für andere Studentinnen und Studenten, die in den russischen Weiten unter schlechtem Internetempfang leiden. Der Gouverneur von Omsk hat nun versprochen, sich um das Problem zu kümmern. Geschehen ist bisher nichts. Und Alexei Dudoladow klettert weiter.