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Detailhändler konkretisiert Plan
Der steile Weg der Migros zu ihrem Klimaziel

In der Landwirtschaft und bei der Herstellung von Lebensmitteln entstehen deutlich mehr Treibhausgasemissionen als durch Transport oder Verpackung. 
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Es gibt Ziele, die sind einfach zu schaffen, und es gibt andere, die scheinen fast unerreichbar. Zu letzterer Kategorie gehört wohl das Klimaziel, das Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen dem Detailhändler gesetzt hat. Bis 2050 will die Migros mitsamt ihren angegliederten Betrieben von den Tankstellen bis hin zum Heizölverkauf keine Treibhausgase mehr in der Atmosphäre hinterlassen.

Jetzt hat die Migros einen Plan vorgelegt, wie sie dieses ehrgeizige Klimaziel erreichen will. Der Plan hat zwei Teile.

Die meisten Emissionen entfallen auf die Lebensmittelherstellung

Der vergleichsweise einfache Teil umfasst die Senkung jener Emissionen, auf die der Detailhändler direkt Einfluss nehmen kann. Das ist beispielsweise der Energieverbrauch der Filialen, der Logistikzentren oder der Transport. Diese betrieblichen Treibhausgasemissionen will Migros bis 2030 um zwei Drittel reduzieren. Das klingt nach viel – ist aber nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Denn am gesamten CO₂-Ausstoss der Gruppe ist der Anteil dieser Emissionen sehr gering.

Der weitaus grösste Teil entfällt auf die Herstellung der Lebensmittel und damit auf die Lieferanten. Dort fallen konzernweit über 90 Prozent der Emissionen an. Und sie sind schwierig zu reduzieren, weil die Migros hier nur bedingt Einfluss hat. Das Ziel für diesen Bereich fällt daher bescheidener aus: Bis 2030 sollen die Emissionen hier um 30 Prozent sinken.

Die CO₂-Bilanz von einem Liter Milch

Wie gross die Herausforderung ist, zeigen zwei Beispiele aus dem Lebensmittelregal. Bei einem Liter Milch entfallen 88 Prozent des CO₂-Ausstosses auf die Herstellung. Dazu zählt beispielsweise der Betrieb des Bauernhofs, das Futter für die Kuh und der Treibhausgasausstoss, den sie verursacht. Verpackung und Transport machen nur 12 Prozent der Emissionen aus. Noch eindrücklicher ist die CO₂-Bilanz für eine Tafel Milchschoggi. Hier fallen 95 Prozent der Emissionen bei der Herstellung an.

Die Emissionen aus der Lebensmittelproduktion sind nicht einfach zu reduzieren. Um das Ziel zu erreichen, muss der Detailhändler seine Lieferanten von dem Vorhaben überzeugen. Um beim Beispiel Milch zu bleiben, könnten die Landwirte Futtermittelzusätze einsetzen, um den Methanausstoss zu senken, sie könnten ihre Kühle länger nutzen oder auf Wiesenmilch umstellen.

Viele Lieferanten sitzen jedoch im Ausland. Auch auf sie will Migros Einfluss nehmen und engagiert sich beispielsweise für einen nachhaltigen Kakaoanbau in der Elfenbeinküste oder für einen klimaverträglichen Reisanbau in Thailand.

Bei Fleisch und Milch bleibt «netto null» wohl schwierig

Für einige Lebensmittel scheint es aus heutiger Sicht jedoch unmöglich, ihren Treibhausgasausstoss gänzlich auf null zu setzen – etwa für Fleisch, Käse oder eben Milch. «Vielleicht muss man sich als Detailhändler hier das Geschäftsmodell anschauen und die Frage stellen: Wie viel Fleisch und Milchprodukte kann es in meinem Segment haben, damit ich die Ziele noch erreichen kann?», sagt WWF-Experte Damian Oettli.

Auch die Herstellung von Fleisch verursacht viel CO₂. Sollen Detailhändler künftig auf üppige Fleisch- und Wurstregale verzichten? 

Eine andere Möglichkeit ist der Einsatz von neuen Technologien, mit denen man CO₂ aus der Atmosphäre wieder absaugen kann – im Fachjargon Carbon Capture genannt. Damit soll CO₂, das man nicht vermeiden kann, entweder sinnvoll verwendet oder unschädlich eingelagert werden.

Auch andere Detailhändler setzen sich Klimaziele

Die Migros ist nicht der erste und einzige Schweizer Detailhändler, der sich Klimaziele setzt. Der zur Migros-Gruppe gehörende Discounter Denner will bis 2050 CO₂-neutral werden. Und Coop hat sich auf die Fahnen geschrieben, in all seinen direkt beeinflussbaren Bereichen bis 2023 CO₂-neutral zu werden.

«In der Schweiz ist es verpönt, grosse Ziele anzukündigen. Wir reden lieber über das, was wir erreicht haben. Aber im Klimaschutz funktioniert das relativ schlecht.»

WWF-Klimaexperte Oettli

WWF-Experte Damian Oettli heisst die Anstrengungen der Detailhändler grundsätzlich gut – auch wenn noch nicht in allen Details absehbar ist, wie die Klimaziele zu erreichen sind. «In der Schweiz ist es verpönt, grosse Ziele anzukündigen. Wir reden lieber über das, was wir erreicht haben. Aber im Klimaschutz funktioniert das relativ schlecht. Die Definition von ehrgeizigen Klimazielen ist aber der erste Schritt, wenn man etwas erreichen will», so Oettli. Danach müssten sich die Detailhändler auf die Finger schauen lassen, welche Fortschritte sie erreichen.

In den USA sind Detailhändler zum Teil schon einen Schritt weiter. Walmart hat bereits vor längerem ein Projekt lanciert, bis 2030 eine Gigatonne an Treibhausgasemissionen in der Wertschöpfungskette zu reduzieren. (Informationen dazu finden Sie hier)