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Michael Hermann zum CO₂-Gesetz
«Der Stadt-Land-Graben wird immer tiefer»

Wer in der Stadt wohnt, hat dem CO₂-Gesetz eher zugestimmt, als Leute auf dem Land.
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Schwyz verwirft das CO₂-Gesetz mit satten 65,5 Prozent Nein-Stimmenanteil, der städtische Kanton Genf sagt fast ebenso deutlich Ja mit 61,4 Prozent. Der Stadt-Land-Graben zeigt sich aber auch innerhalb der Kantone, selbst in einem kleinen Bergkanton wie Uri: Während der Hauptort Altdorf mit 61,4 Prozent die Vorlage befürwortet, schickt Spiringen im Schächental das Gesetz mit über 89 Prozent bachab.

«Das CO₂-Gesetz zeigt einmal mehr: Der Stadt-Land-Graben wird immer tiefer», analysiert Politgeograf Michael Hermann. Seit 30 Jahren würden sich die beiden Räume politisch auseinanderbewegen. Die repräsentative Tamedia-Nachbefragung bei über 16’000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern verdeutlicht diesen Graben: Während sich in der Stadt 59 Prozent für die Vorlage aussprachen, lehnten sie ebenfalls 59 Prozent der Befragten auf dem Land ab. In den Agglomerationen hielten sich Befürworter und Gegner die Waage.

Starke Mobilisierung

Verstärkt worden sei die Kluft durch die beiden Agrarinitiativen, die vom Stimmvolk klar verworfen wurden: Diese hätten im ländlichen Milieu stark wie selten zuvor mobilisiert, so Hermann. Und häufig ist die Gegnerschaft dieser Volksbegehren identisch mit den Kritikern des CO₂-Gesetzes. Darauf deutet auch die Analyse des Politologen Luca Leemann. «Gemeinden mit einem klaren Nein zu diesem Gesetz weisen eine überdurchschnittliche Stimmbeteiligung auf», twitterte er am Abstimmungssonntag.

«Die medial stark transportierten Debatten und Aktionen rund um den Klimawandel haben verdeckt, dass die Leute auf dem Land ganz andere Sorgen plagen.»

Michael Hermann, Politgeograf

Zusätzlich zum Wertegraben ortet Politgeograf Hermann einen Effekt bei der Betroffenheit und der Lebensweise: Wer in einer abgelegenen Region auf ein Auto angewiesen sei, reagiere viel sensibler, wenn der Benzinpreis durch ein neues Gesetz zu steigen drohe. Im städtischen Umfeld sei es dank guten Infrastrukturen im öffentlichen Bereich viel einfacher, sich ökologischer zu verhalten. «Zudem haben die medial stark transportierten Debatten und Aktionen rund um den Klimawandel verdeckt, dass die Leute auf dem Land ganz andere Sorgen plagen», betont Hermann.

Grosse Skepsis, wenn ums Portemonnaie geht

Getragen von der Klimaeuphorie habe es die Pro-Seite verpasst, für die Mehrheitsfähigkeit der Vorlage zu sorgen, ist Hermann überzeugt. Dabei hätten bereits die kantonalen Abstimmungen zu Energievorlagen in Bern und Solothurn gezeigt, dass die Skepsis gross sei, wenns konkret werde und dann auch noch ans Portemonnaie gehe. Zentraler Bestandteil der Abstimmung von 2019 im Kanton Bern war das Verbot, bei neuen Häusern Ölheizungen einzubauen und die Nachrüstung von bestehenden Gebäuden mit Ölheizungen. Auch damals zeigte sich: Das Land behielt die Oberhand über die Stadt.

Zudem zeigt sich beim CO₂-Gesetz auch ein Röstigraben. Die Romandie ticke in Klimafragen ähnlich wie Deutschschweizer Städte, eher linksliberal. Das Klima hat hier das Europathema als progressives Herzensanliegen abgelöst, und wie einst beim EWR hat man darob die konservative Deutschschweizer Landbevölkerung unterschätzt, ist Hermann überzeugt.

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