Christian Stucki am ScheidewegDer Schwingerkönig dachte ans Aufhören – und ist jetzt Hausmann
Der 37-Jährige fällt länger aus als erwartet, die Teilnahme am Eidgenössischen ist in Gefahr. Doch nun arbeitet der Berner am Comeback, hat dafür gar den Job gekündigt.

Er war geschockt, ziemlich frustriert und mental am Boden. Ja, in diesen Tagen nach Ostern überlegte sich Christian Stucki, seine Karriere zu beenden. «Der Gedanke, den Bettel sofort hinzuschmeissen, kam bei ihm schon auf», gesteht sein Trainer Tommy Herzog. In Zäziwil, an einem Wettkampf von regionalem Charakter, hatte sich der Schwingerkönig wieder einmal verletzt. Er zog sich einen Teilabriss der rechten Schultersehnen zu, die Konsequenz: eine Pause von mehreren Wochen.
Dabei hatte sich der 37-Jährige erst im Winter zurückgekämpft nach monatelangem Ausfall. Vergangenen August war die linke Schulter kaputtgegangen, eine Operation unabdingbar. Deshalb verpasste Stucki den Kilchberg-Schwinget.
Der Rehabilitationsprozess war überaus intensiv, der Lysser investierte enorm viel in den Wiederaufbau. Umso heftiger schlug ihm der neuerliche Rückschlag aufs Gemüt. Coach Herzog redete ihm gut zu, versuchte, ihn wieder aufzurichten. «Ich sagte ihm: Wenn du aufhören willst, musst du dir zu 200 Prozent sicher sein. Vor allem wies ich ihn darauf hin, dass ein Abgang durch die Hintertür für einen König unwürdig ist.»
Herzog forderte seinen Schützling auf, sich drei Tage Bedenkzeit einzuräumen. «Danach rief er mich an und sagte, er wolle es nochmals versuchen.»
Er ordnet dem Sport nun alles unter
Seither weilt Stucki drei- bis viermal wöchentlich in Herzogs Trainingsbasis in Beromünster. Die Wettkampfpause wird länger dauern als angenommen, der Gewinner des Schwinger-Grand-Slams (Eidgenössisches, Unspunnen, Kilchberg) dürfte frühestens am Weissenstein-Schwinget am 23. Juli ins Geschehen eingreifen. Es könnte der erste, letzte und einzige echte Test sein vor der Titelverteidigung einen Monat später in Pratteln. Die Ärzte haben Stucki versichert, dass in der Schulter nichts Zusätzliches Schaden nehmen könne. Wobei nach dem Eidgenössischen eine neuerliche Operation unumgänglich sein wird.
Stucki ist fragiler geworden. 2016 bremste ihn eine Blessur am Oberschenkel, vor dem Gewinn des Königstitels 2019 fiel er mit Knieproblemen aus. Zudem litt er immer wieder unter Rückenbeschwerden. Die 132 Kranzgewinne haben beim Hünen Spuren hinterlassen.

Nun jedoch ist klar: Stucki will nochmals angreifen – und wie: Seinen Job als Chauffeur bei einem Fleischhandelsunternehmen hat er gekündigt, für die Firma ist er nur noch zu Repräsentationszwecken tätig. Er übt weitere Botschafterfunktionen aus, etwa für einen Krankenversicherer und das Schweizerische Rote Kreuz. Ein Schelm, wer ihn als Schwingprofi bezeichnet, wobei es schon früher Schwinger gab, die in den Monaten vor einem Eidgenössischen kaum mehr arbeiteten.
Trainer Herzog sagt: «Wenn er bis August in Topform kommen will, muss er alles dem Sport unterordnen. Das heisst: essen, trainieren, regenerieren – ohne Nebenschauplätze.» Stuckis neue Berufsbezeichnung ist Hausmann. Die beiden Söhne werden es schätzen, bezeichnet sich der Schweizer Sportler des Jahres 2019 doch spasseshalber als äusserst talentierten Hobbykoch.
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