Cupra-MarkenausblickDer rasante Aufstieg der rebellischen Katalanen
Mit einer Riesenshow, die man sonst von amerikanischen Techgiganten kennt, hat Cupra drei neue Modelle präsentiert. Woher nimmt die kleine Seat-Tochter dieses Selbstvertrauen?
Die Szenerie ist unwirklich. Eine wilde Lichtshow taucht die Steilwandkurve des altehrwürdigen Autódromo de Sitges-Terramar in buntes Licht, zaubert changierende geometrische Formen auf die bröckelnde Betonpiste, während treibende Beats aus den Boxen die Stimmung aufpeitschen. Es wird heller, die Musik lauter – dann saust ein Elektrorennwagen durch die steile Wand und verschwindet im Dunkel der Nacht. Die Zuschauer jauchzen entzückt, applaudieren. Sie betrachten das Spektakel mit einem Drink in der Hand von einer riesigen Terrasse aus, die zu einem dreistöckigen, verspiegelten Glasklotz gehört. Beides wurde extra für diesen Anlass aufgebaut.
Davor haben sich die rund 600 geladenen Gäste im grossen Saal die Pressekonferenz oder besser gesagt: die Riesenshow angesehen – Journalisten aus aller Welt, Influencer, Kamerateams, Lokalpolitiker und Rennsportgrössen. «Heute Abend zeigen wir die Palette der nächsten Heldengeneration», ruft CEO Wayne Griffiths in Biker-Lederjacke ins Mikrofon. «Die Zukunft ist elektrisch, und die Zukunft ist Cupra!» Die Menge applaudiert begeistert. Szenen, die man von den riesigen US-Tech-Konzernen wie Apple oder Tesla kennt, Unternehmen notabene, die mit ihren Produkten die Welt verändert haben. Hier aber geht es um eine kleine katalanische Automarke, die erst vor vier Jahren gegründet wurde und seither erst zwei eigenständige Produkte auf den Markt gebracht hat. Woher nimmt Cupra dieses zur Hybris mutierte Selbstvertrauen?
«Alle, die hier arbeiten, denken, atmen und leben Cupra», versucht der deutsche Seat-Vorstand Kai Vogler im ruhigen Gespräch nach der lauten Show zu erklären. Es sei nicht einfach gewesen, in den vergangenen Jahren eine neue Marke zu etablieren, während eine Krise nach der anderen über die Autoindustrie hereingebrochen sei. «Das ist derzeit schon für die etablierten Marken ein sehr schwieriges Geschäft. In dem Umfeld mit so viel Überzeugung immer weiterzumachen, ist schon faszinierend.» Tatsächlich hat diese Zeit die Mitarbeiter der spanischen Marke eng zusammengeschweisst. Die Führungsriege spricht nicht von der Belegschaft, sondern vom Cupra-Tribe, also vom Cupra-Stamm.
Ehrgeizige Wachstumspläne
Cupra hat seine Wurzeln im Rennsport, der Name setzt sich aus Cup und Racing zusammen. Das Unternehmen wurde 1985 als Seat Sport gegründet und ist seither für die Motorsport-Aktivitäten der Marke verantwortlich. Der Name Cupra diente ab 1999 als Sub-Brand für sportliche Seat-Modelle und wurde 2018 zur eigenen Marke gemacht. Seither bemühen sich die Katalanen um die Emanzipation vom Mutterhaus. Mit dem Formentor wurde 2020 das erste eigenständige Modell auf die Räder gestellt, das zwar auf VW-Technik aufbaut, aber ein eigenes Design und einen eigenen Namen trägt. Mit dem rein elektrischen Born folgte dieses Jahr das zweite eigene Modell – es handelt sich dabei um einen neu gestalteten VW ID.3.
Mit dem Spektakel auf der historischen Rennstrecke hat Cupra nun drei weitere Modelle vorgestellt, die 2024 und 2025 eingeführt werden sollen: der SUV Terramar, der Crossover Tavascan und ein kleiner Cityflitzer namens Urban Rebel (vgl. Box). Die beiden Letzteren werden rein elektrisch angetrieben, Cupra will ab 2030 nur noch Elektroautos verkaufen. Auch sonst haben die Spanier ehrgeizige Pläne: Die neuen Modelle sollen den Aufstieg in ein höheres Preissegment und die Expansion ausserhalb Europas ermöglichen, beginnend mit Australien. «Wir sind davon überzeugt, dass wir mit der neuen Modellpalette 500’000 Fahrzeuge pro Jahr verkaufen können», sagt Vertriebsvorstand Vogler. Bisher hat Cupra lediglich 200’000 Autos ausgeliefert – und zwar insgesamt in allen vier Jahren zusammen. «Mit Israel und Mexiko sind wir jetzt schon in Märkten ausserhalb Europas vertreten, und es wird in den nächsten Jahren sicher die eine oder andere Opportunität geben, um noch in weitere Märkte zu gehen.»
Kernmarkt bleibt Europa
Wird die Situation in solchen Ländern nicht schwierig, wenn Cupra zur rein elektrischen Marke wird? «Da unser Kernmarkt in Europa ist, sehen wir da viel Potenzial. Und in anderen Ländern werden wir mithelfen, die Elektromobilität aufzubauen.» Angst, mit dieser Strategie die bestehende Kundschaft vor den Kopf zu stossen, hat Vogler keine: «Für mich ist am Ende das Thema sportliches Fahren entscheidend. Unser Anspruch ist es, exakt das auch bei Elektromodellen zu bieten, was ein typischer Benziner-Kunde gewohnt ist.»
Cupra strotzt also vor Selbstvertrauen. Ist die junge Marke tatsächlich eine Erfolgsgeschichte auf der ganzen Linie? «Definitiv», ist Kai Vogler überzeugt. «Unsere Verkaufszahlen geben nicht annähernd das Potenzial wieder, das wir im Markt noch hätten. Wir könnten deutlich mehr verkaufen, als wir es momentan tun.» Die Nachfrage sei super, und man adressiere genau die Kunden, die man wolle. «Das sind deutlich jüngere Kunden, im Schnitt zehn Jahre jünger als die des Konzerns. Mehr als zwei Drittel davon sind Neukunden, die der Konzern zuvor noch nicht gesehen hat.»
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