Britische KonservativeHoher Parteikader stolpert über eine Steueraffäre
Nach tagelangem Zögern hat Briten-Premier Rishi Sunak jetzt das Aushängeschild der Tories, den Parteipräsidenten Nadhim Zahawi, entlassen.
Zu einem jähen Ende ist am Sonntag in London die politische Karriere des Tory-Parteipräsidenten und Ministers Nadhim Zahawi gekommen. Premierminister Rishi Sunak feuerte Zahawi, weil er den ministeriellen Kodex gebrochen hatte – und Sunak in eine schwierige Situation gebracht.
Tagelang hatte der Regierungschef mit diesem Schritt gezögert und sich mit seiner Unentschiedenheit Kritik auch in der eigenen Partei eingehandelt. Am Sonntagmorgen aber teilte Sunak Zahawi mit, dass er wegen «schwerwiegenden Verstosses» gegen geltende Regeln mit sofortiger Wirkung «aus Seiner Majestät Regierung entlassen» sei.
Der schweigsame Minister
Deutlich war schon im Laufe des Januar geworden, dass der 55-jährige Minister in erhebliche Steueraffären verwickelt war und diese vergebens geheim zu halten suchte. So fanden britische Zeitungen nach und nach heraus, dass Zahawi im vorigen Sommer mit Fahndungsteams des britischen Steueramtes über undeklarierte Millionensummen verhandelte – teils sogar zu einer Zeit, in der Nadhim Zahawi Finanzminister, also fürs Steueramt verantwortlich war. Während Zahawi die gegen ihn eingeleitete Steuerfahndung damals rundweg abstritt und neugierig gewordenen Journalisten bei weiteren Nachforschungen sogar mit Strafverfolgung drohte, ist inzwischen bekannt, dass er wegen unterlassener Zahlungen eine Strafe von mehr als einer Million Pfund bezahlen musste.
Seine Erklärung von letzter Woche, dass es sich dabei um einen harmlosen kleinen «Fehler» gehandelt habe, veranlasste Jim Harra, den Generaldirektor der Steuerbehörden, zu der spöttischen Bemerkung, niemand werde vom Steueramt «für einen unschuldigen Fehler bestraft». Dass er mit dem Amt im Clinch lag und letzten Endes die Millionenstrafe bezahlen musste, hatte Zahawi offenbar weder dem Ex-Premier Boris Johnson noch dessen Nachfolgern Liz Truss oder Rishi Sunak enthüllt. Unklar ist einstweilen noch, ob Sunak «auf informellem Weg» über die Affäre informiert worden war, als er Zahawi im vorigen Oktober den glanzvollen Posten des Parteipräsidenten übertragen hatte.
Für Nadhim Zahawi bedeutet die harsche Form der Entlassung einen tiefen Sturz. Noch im vorigen Sommer, als sich Boris Johnson zum Rücktritt als Regierungschef gezwungen sah, hatte er sich Hoffnungen auf den Topposten gemacht und seine Kandidatur angekündigt. Er kam allerdings nicht über die erste Abstimmungsrunde hinaus.
Nadhim Zahawis Grossvater war Gouverneur der Zentralbank des Irak. Nach der Machtergreifung durch Saddam Hussein flüchtete die Familie ins Vereinigte Königreich.
Nadhim Zahawi stammt aus einer ehedem einflussreichen kurdischen Familie von Geschäftsleuten und ist ursprünglich in Bagdad aufgewachsen. Sein Grossvater war Gouverneur der Zentralbank des Irak. Nach der Machtergreifung durch Saddam Hussein flüchtete die Familie ins Vereinigte Königreich. Dort erzielte Zahawi seinen eigenen Durchbruch im Finanzbereich als Mitbegründer des Meinungsforschungsinstituts YouGov, das Millionen einspielte – und dessen teils unversteuerte Profite ihm nun zum Verhängnis geworden sind. Zugleich fand Zahawi, dass ihm alte Kontakte in den Irak und neue Verbindungen zu den Tories Türen bei internationalen Ölkonzernen öffneten, die nach dem Irakkrieg einen Vermittler zu Politikern und Grossgrundbesitzern im Irak suchten.
Als Unterhaus-Abgeordneter reiste er unermüdlich zwischen London und Bagdad hin und her. Er begleitete britische Delegationen zu den Ölfeldern des Irak und warb im Parlament für enge Kooperation mit gewissen irakischen Regionen. Mindestens einmal vergass er, seine privaten Interessen in Westminster zu deklarieren in diesem Zusammenhang. Der britischen Öffentlichkeit bekannt wurde er so richtig erst als Staatssekretär für Impfmassnahmen während der Pandemie unter Boris Johnson. Später machte ihn Johnson zum Bildungs- und dann zum Finanzminister. Truss und Sunak stuften ihn herab, suchten ihn aber in der Regierung zu behalten. Heute zählt Zahawi zu den reichsten Abgeordneten der britischen Konservativen. Gemäss «Financial Times» verfügt er über Grundbesitz im Wert von über 58 Millionen Pfund.
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