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Meinung

Kommentar zur Razzia in Mar-a-Lago
Der FBI-Einsatz bei Trump ist ein Lebenszeichen des Rechtsstaats

«Ein solcher Angriff kann nur in kaputten Ländern der Dritten Welt stattfinden», sagte Donald Trump nach der Razzia: Fahrzeuge der Polizei vor Trumps Anwesen Mar-a-Lago im US-Bundesstaat Florida.
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Die amerikanische Demokratie ist angeschlagen. Das jüngste Anzeichen dafür ist die Razzia in Donald Trumps Schloss Mar-a-Lago im US-Bundesstaat Florida. Die amerikanische Bundespolizei FBI hat das Anwesen einen Tag lang durchsucht. Angeblich ging es um vertrauliche Dokumente, die der Ex-Präsident mitgehen liess, als er das Weisse Haus räumen musste. Trump schäumte vor Wut: «Ein solcher Angriff kann nur in kaputten Ländern der Dritten Welt stattfinden.»

Donald Trump hat recht. Wenn auch nicht in dem Sinn, wie er es meinte: Nur in einem «kaputten Land der Dritten Welt» ist denkbar, dass ein abtretender Staatschef vertrauliche Dokumente mit nach Hause nimmt. Trumps mutmassliches Fehlverhalten – auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung – erinnert tatsächlich an Autokraten in Afrika, die ihre Spuren verwischen, indem sie kompromittierende Akten verschwinden lassen. Was Trump betrifft, soll er bereits als Präsident Dokumente zerrissen und die Toilette hinuntergespült haben.

Ohne handfeste Hinweise auf Straftaten wäre das FBI kaum aktiv geworden.

In einem Rechtsstaat ist das eine Straftat und wurde in den USA auch schon mit Gefängnis geahndet. Das Vergehen wiegt besonders schwer, wenn die gestohlenen Regierungsdokumente geheime Informationen zur nationalen Sicherheit enthalten, wie in Trumps Fall vermutet wird. In den USA kommen die Briefe und Protokolle aus dem Weissen Haus in die National Archives. Dort werden sie je nach Sperrfrist irgendwann der Forschung und generell dem amerikanischen Volk zugänglich gemacht. So wie in der Schweiz, wo die Unterlagen aus dem Bundesrat im Bundesarchiv aufbewahrt werden. Ein vollständiges historisches Gedächtnis ist ein Kennzeichen einer Demokratie. 

Eine Hausdurchsuchung des FBI gegen einen Ex-Präsidenten hat es in der amerikanischen Geschichte bisher noch nie gegeben, auch weil Ex-Präsidenten weiterhin gewisse Privilegien geniessen. Die Hürden für eine Razzia sind also hoch. Ohne handfeste Hinweise auf Straftaten wäre das FBI deshalb kaum aktiv geworden. Die traditionsreiche US-Behörde gilt als unbestechlich, unparteiisch und vor allem unpolitisch. Trotzdem sprach Trump von «politischer Verfolgung» und einer Attacke der «radikal linken Demokraten». Den aktuellen FBI-Direktor, der für eine solche Razzia wohl grünes Licht geben musste, hat übrigens Trump ernannt. 

Die grosse Mehrheit der Republikaner macht bei Trumps absurdem Lügenzirkus mit.

Hat Trump tatsächlich Akten geklaut, wäre dies ein weiteres Krisensymptom der US-Demokratie. Noch stärker an ein «kaputtes Drittweltland» erinnern bereits der Sturm aufs Capitol und der nur knapp abgewendete Putschversuch des abgewählten US-Präsidenten am 6. Januar 2021. Auch mit seiner penetrant wiederholten Lüge vom Wahlbetrug, wonach er und nicht Joe Biden der legitime US-Präsident sei, beschädigt Trump den amerikanischen Rechtsstaat.

Wut auf den «Polizeistaat» und die «korrupten Faschisten»: Anhänger und Anhängerinnen Donald Trumps vor dessen Residenz Mar-a-Lago in Palm Beach, Florida.

Und dieser Schaden ist nachhaltig, weil die grosse Mehrheit der Republikaner bei Trumps absurdem Lügenzirkus mitmacht. Auch jetzt wieder: Exponenten der Partei schüren lautstark die Wut auf das FBI, die Demokraten und Joe Biden, von «Polizeistaat», «Bananenrepublik» und «korrupten Faschisten» ist die Rede. Natürlich zielen diese Scharfmacher darauf ab, die Trump-Anhänger zu mobilisieren für die Kongresswahlen – und auch für die erneute Kandidatur des Ex-Präsidenten fürs Weisse Haus. Drohende soziale Unruhen und sogar politische Gewalt nehmen sie in Kauf.

Angesichts dieser Gefahr auf die Hausdurchsuchung in Mar-a-Lago zu verzichten, wäre jedoch einer Kapitulation vor Trump und seiner antidemokratischen Bewegung gleichgekommen. Der FBI-Einsatz ist deshalb ein Lebenszeichen des amerikanischen Rechtsstaats.

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