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Der Fall Gimelstob

Als ehemaliger Tennisspieler und Coach war der 42-jährige Justin Gimelstob (v. M.) auch in Wimbledon anzutreffen.
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Justin Gimelstob gilt als gescheit und eloquent, er war Davis-Cup-Spieler der USA, Grand-Slam-Sieger im Mixed, er ist ein führender Tennispolitiker, lotste John Isner vergangenes Jahr als Coach in die Top 10, kommentiert seit Jahren für den angesehenen TV-Sender «Tennis Channel» und galt eben noch als möglicher Nachfolger von ATP-Chef Chris Kermode, der Ende Jahr gehen muss. Aber er ist, zumindest gemäss «Spiegel Online», nun auch ein «Tennis-Verbrecher».

Der 42-jährige Amerikaner ist eben auch unbestritten heissblütig und jähzornig, und das liess ihn nun stolpern. An Halloween 2018 verprügelte er einen Freund seiner ex-Frau, einen gewissen Randall Kaplan. Dessen Frau hielt auf Video fest, wie Gimelstob auf ihn einschlug, während er noch am Boden lag. Am Montag bekannte sich der Aggressor vor einem Gericht in Los Angeles zwar nicht als schuldig, er bestritt die Vorwürfe aber auch nicht. Das Urteil fiel denn auch eher mild aus: drei Jahre auf Bewährung und 60 Tage gemeinnützige Arbeit.

Wie tief sein Fall führen wird, muss sich aber noch zeigen. Denn richten müssen nun auch andere über ihn, und bei diesen Urteilen steht seine ganze Karriere auf dem Spiel. Wimbledon hat schon gesprochen: Man werde ihn 2019 nicht an die Legendenturniere oder in die Royal Box einladen. John Isner dagegen hält zu ihm, auch wenn er ihn vom bezahlten Coach zum angeblich unbezahlten Berater degradiert hat. «Er ist ein missverstandener Charakter», sagte Isner im März in einem Interview. Gimelstob sei sehr loyal und kämpfe als Politiker vehement für die Sache der Spieler. «Aber er ist auch stur und hartnäckig.»

Federer: «Volle Pulle oder gar nichts»

Ähnlich äussert sich Federer. Als ihn diese Zeitung im März in Miami zum Fall Gimelstob ansprach, sagte er: «Ich kenne ihn gut, habe schon vor zwanzig Jahren an einem Challengerturnier in Heilbronn gegen ihn gespielt und hatte viel mir ihm zu tun, als ich im Spielerrat und der im ATP-Council war. Er war schon immer sehr passioniert. Bei ihm gibt es entweder volle Pulle oder gar nichts. Deshalb verstehe ich auch, dass es immer wieder Polemiken gibt gegenüber seiner Position.» Schon vor der Attacke auf Kaplan, der ihn provoziert haben soll, geriet Gimelstob negativ in die Schlagzeilen. Unter anderem durch eine Kampfscheidung mit seiner früheren Frau Cary Sinnott, mit der zusammen er einen Sohn namens Brandon hat, um dessen alleiniges Sorgerecht er sich seither bemüht.

Die Frage ist nun, ob ihn der «Tennis Channel», einer seiner Arbeitgeber, weiter beschäftigen wird, nachdem Gimelstob zuletzt auf eigenen Wunsch freigestellt wurde. Und auch der ATP-Spielerrat steht vor einer kniffligen Entscheidung. Dieser wird im Mai in Rom besprechen, ob er einer seiner drei Vertreter im ATP-Council bleibt. Der Verurteilte selber bedauert seinen Ausraster. Er würde alles geben, wenn er die fünf Minuten ungeschehen machten könnte, in denen er gegenüber Kaplan die Kontrolle verlor, sagt er. Seit dem Tod seines Vaters im vergangenen Herbst lässt er sich therapieren, um seine Gefühle besser in den Griff zu bekommen.

Doch Gimelstob gibt sich auch kämpferisch und sagt, er strebe weiter eine Leaderrolle an. «Ich wäre nicht die erste Person, die nach einer grösseren Sache mit mildernden Umständen in eine wichtige Position mit Verantwortung, Macht und Führungsaufgaben aufsteigt. Sollte mir das gelingen, wäre es einer meiner grössten Erfolge.» Die Frage ist nur, ob ihm diese Chance auch gewährt wird.