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Meinung

Der Diva platzt der Kragen

Hält zu Pereira, der in Mailand entlassen wurde: Cecilia Bartoli. Foto: PD
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Oper: Grosses Drama, auf und hinter der Bühne. Gerade jetzt in Mailand, wo die Mezzosopranistin (und Wahlzürcherin) Cecilia Bartoli ihre kommenden Auftritte abgesagt hat. Den Grund nennt ein Brief von Bartolis Ehemann, dem Zürcher Sänger Oliver Widmer, an Scala-Direktor Alexander Pereira: «Cecilia ist vom Beschluss des Scala-Aufsichtsrats geschockt, Dich nicht im Amt zu bestätigen.» Unter diesen Bedingungen halte sie es nicht für möglich, weiter mit der Scala zusammenzuarbeiten. Der Brief wurde im «Corriere della Sera» zitiert, an ihr Publikum richtete sich die Bartoli via Facebook.

Der Schock unter den Fans ist gross, vermischt teils mit Bewunderung für ihre bedingungslose Loyalität zu Pereira, teils mit Unverständnis. Schliesslich leiden vor allem die Aficionados unter der Absage, die auf einen Abend mit der Bartoli hingefiebert und teure Karten gekauft haben. Die Wirkung auf die Scala-Oberen hingegen ist ungewiss. Und überhaupt: Pereira soll ja ohnehin bis 2020 bleiben. Straft sie damit nicht auch ihren langjährigen Förderer?

Mit 18 Zweite im Fernsehen

Aber sie kann nicht anders. In einem Interview über das Zürcher Opernhaus sagte Bartoli kürzlich: «Die Menschen, die hier arbeiten, brennen für dieses Haus, identifizieren sich mit ihm bis zur Selbstaufgabe.» Für etwas brennen bis zur Selbstaufgabe – das ist der Kern der besten Opern. Bartoli lebt das, auf und hinter der Bühne.

Cecilia Bartoli wurde vor 53 Jahren in Rom geboren, nicht gerade in der Oper, aber kaum weit weg davon. Ihre Eltern waren beide Opernsänger. Die Mutter steckte für ihre Kinder zurück und sang nur noch im Chor. Mit 18 wurde Bartoli in einer Fernseh-Talentshow Zweite, sang bald darauf ihre erste grosse Rolle in Rom. Und nochmals spielte das Fernsehen Schicksal: Die Dirigenten Daniel Barenboim und Herbert von Karajan wurden bei einem anderen Auftritt auf den charakterstarken Nachwuchs aufmerksam. Mit ihrer Stimme kann Bartoli ein grosses Repertoire abdecken. Ihre wahre Anziehungskraft auf die Opern-liebenden Massen aber entzieht sich technokratischer Beschreibung.

Loyalität ist in Opern eher die Ausnahme

Sie gewann ihr Publikum mit dem Kernrepertoire der Oper: Mozart und Rossini. Statt aber einfach erfolgssichere Primadonna-Rollen auszuschlachten, setzt Bartoli ihre Starpower dazu ein, weniger Bekanntes ins Scheinwerferlicht zu befördern. Mit Einspielungen vergessener Barockarien schlug sie Verkaufsrekorde.

Vor genau 30 Jahren trat Bartoli zum ersten Mal in Zürich auf. Wirklich eng wurde die Beziehung zum Opernhaus, als Pereira 1991 die Intendanz übernahm. Bartoli gehörte zu den jungen Talenten, die der Österreicher förderte, auf die er aber auch hörte. Als er dann die Salzburger Festspiele leitete, übernahm sie die Intendanz der Nebenfestspiele an Pfingsten.

Seit 2013 ist Pereira nun Operndirektor in Mailand. Die Scala ist ein notorisch konservatives, der italienischen Oper verpflichtetes Haus. Bartoli hätte in «Giulio Cesare» von Georg Friedrich Händel die Cleopatra singen sollen: die ägyptische Prinzessin, die sich in Julius Cäsar verliebt, für ihn alles aufzugeben bereit ist und von ihm dafür zur Königin gemacht wird. Der seltene Fall eines Opern-Happy-Ends, bei dem sich bedingungslose Loyalität auszahlt.