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Umstrittenes Privileg
Der Bundesrat setzt auf Steuerexperten mit Interessenkonflikten

Der Bundesrat hilft der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) kaum dabei, bei der Pauschalsteuerpraxis Transparenz zu schaffen.
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Rund 4000 Pauschalbesteuerte zählt die Schweiz zurzeit. Die zugezogenen Vermögenden haben das Privileg, ihre Steuern nicht anhand ihres Einkommens zu entrichten, sondern gemäss ihrem selbst deklarierten Lebensaufwand. Bedingung ist, dass sie in der Schweiz keiner Erwerbsarbeit nachgehen. Der überwiegende Teil dieser begüterten Ausländerinnen und Ausländer lebt in der Romandie: 950 im Wallis, 900 in der Waadt und 530 in Genf. Das Tessin zählt 900 Pauschalbesteuerte. Die 4000 Personen bezahlen jährlich 800 Millionen Franken Steuern, wobei die Kantone Pauschalbesteuerte ungleich angehen. 

Ein besonders generöses Regime scheint das Wallis anzubieten. Das macht sich auch auf Gemeindeebene bemerkbar. Allein in Zermatt leben gemäss Recherchen der Zeitung «Le Matin Dimanche» 40 Pauschalbesteuerte, darunter der französische Medienzar und mehrfache Milliardär Patrick Drahi. Trotzdem flossen lediglich 1,5 Millionen Franken Pauschalsteuergelder in die Zermatter Gemeindekasse.

Bundesrat verhindert Gerichtsfall

Auch wegen der Steuergerechtigkeit drängt die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK), die höchste Aufsichtsbehörde über die Bundesverwaltung, seit einiger Zeit auf mehr Transparenz und einheitliche Steuerkriterien. Gemäss ihr besteht die Gefahr, dass dem Bund wegen kantonalen Steuerdumpings direkte Bundessteuern entgehen. Die EFK forderte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) darum auf, einen bestimmten Pauschalsteuerfall vor Gericht zu bringen. Die EFK dachte an einen Pauschalbesteuerten, der Verwaltungsratsmandate ausübt und sich durch Dividenden, Wertpapiere oder alternative Formen entlöhnen lässt. Genau diesen Fall hatte die Zürcher Steuerrechtsprofessorin Madeleine Simonek in einem Rechtsgutachten zuhanden der EFK als womöglich widerrechtlich taxiert.

Finanzminister Ueli Maurer (SVP) lehnte einen erzwungenen Gerichtsentscheid ab. Die EFK wandte sich darauf an den Gesamtbundesrat und verlangte ein sogenanntes Beanstandungsverfahren. An dessen Ende stützt nun aber auch der Bundesrat Finanzminister Maurer. In seiner Antwort bezieht sich der Bundesrat massgeblich auf die Expertise zweier Westschweizer Steuerexperten, die das Gutachten der Zürcher Professorin kritisieren. Diese arbeiten als Anwälte für eine der grössten Steuerrechtskanzleien der Romandie. Die Kanzlei betreut unter anderen den pauschalbesteuerten Milliardär Patrick Drahi. Liegt hier nicht ein handfester Interessenkonflikt vor, weil die Anwälte selbst Pauschalsteuerdeals aushandeln? Auf Anfrage dieser Zeitung schreibt einer der Anwälte: «Unsere Kanzlei ist an das Anwaltsgeheimnis gebunden und antwortet nicht auf solche Art Fragen.»

Genf schaut genauer hin

Der Bundesrat betont in seiner Beschwerdeantwort an die EFK, die ESTV habe die Kantone im August 2021 aufgefordert, zu einer restriktiveren Pauschalsteuerpraxis überzugehen. Worin die Aufforderung genau bestand, ist offen. Auf Anfrage dieser Zeitung verweist die ESTV auf diesbezügliche Ausführungen Ueli Maurers im Nationalrat. Der Finanzminister sagte: «Die Tätigkeit als Verwaltungsrat in der Schweiz stellt steuerrechtlich eine unselbstständige Erwerbstätigkeit dar und steht (...) einer Besteuerung nach dem Aufwand entgegen.» Jedoch sei «in bestimmten Konstellationen eine Tätigkeit als Verwaltungsrat mit der Besteuerung nach dem Aufwand vereinbar, beispielsweise dann, wenn sie ehrenamtlich ausgeübt wird oder wenn die steuerpflichtige Person lediglich einen Unkostenersatz in angemessenem Umfang erhält.» Ob Maurer damit Klarheit schuf?

Zumindest Genf scheint bei Pauschalbesteuerten heute genauer hinzuschauen. Gegen zwei Franzosen, darunter Patrick Drahi, hat der Kanton Steuerverfahren eröffnet. Im Fall von Drahi, weil dieser in Zermatt Steuern zahlt, aber nach Ansicht des Genfer Fiskus bei seiner Ehefrau in Cologny (GE) lebt.