Kommentar zur Lockdown-PolitikDer Bundesrat muss uns Mut machen
Das Verständnis für die Corona-Massnahmen schwindet, wie die jüngsten Unruhen zeigten. Es wäre daher verkehrt, wenn die Regierung nun einfach bloss den Lockdown verlängert.
Man fühlt sich wie in einer Zeitblase. Dreieinhalb Wochen ist es her, dass der Bundesrat letztmals über eine Lockerung des Lockdown beriet – und dabei im Wesentlichen einzig die Obergrenze für Familientreffen von fünf auf zehn Personen anhob. Am kommenden Mittwoch nun tritt die Regierung wieder zusammen. Dürfen wir uns Hoffnungen machen, auf geöffnete Restaurants oder kulturelle Anlässe gar?
Leider weist darauf wenig hin. Zwar scheinen die Corona-Fallzahlen derzeit leicht rückläufig. Dafür aber mehren sich die Anzeichen für die Gefährlichkeit der nunmehr dominierenden britischen Virusmutation: Nicht nur ist sie deutlich ansteckender, sie bringt auch mehr Menschen ins Spital, darunter beunruhigend viele Jüngere. Es wäre fahrlässig vom Bundesrat, dem Virus nun einfach freie Bahn einzuräumen.
Zugleich jedoch muss die Landesregierung auf die sich ausbreitende Stimmung reagieren. Wiewohl die Corona-Skeptiker von Liestal und die Vandalen von St. Gallen nur einen kleinen Teil der Bevölkerung repräsentieren: Als Symptom für generell schwindende Ausdauer und nachlassendes Verständnis mögen die Unruhen dennoch zu deuten sein.
Es wäre schlecht, würde der Bundesrat nun einfach den bleiernen Status quo verlängern. Nötig ist ein Zeichen der Verbindlichkeit. Bisher schreckte Gesundheitsminister Alain Berset davor zurück, konkrete Öffnungsschritte an die pandemische Entwicklung zu koppeln. Teils aus nachvollziehbaren Gründen: Werden bestimmte Werte unter- und dann wieder überschritten, droht das berüchtigte Jo-Jo – also Öffnungen und Schliessungen, die sich abwechseln.
Jetzt aber, wo die Impfkampagne langsam Fahrt aufnimmt, bietet sich eine vergleichsweise risikoarme Variante an: Der Bundesrat könnte bestimmte Lockerungen an bestimmte Impfquoten knüpfen. Eine solche Botschaft würde dazu beitragen, Moral und Durchhaltewillen im Land zu stärken. Ein letztes Sich-Aufraffen bis zur Durchimpfung – es muss einfach möglich sein.
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