Swissmedic lässt Moderna-Vakzin zuDer Anfang der Wende: Zweiter Impfstoff ist unterwegs
Der in Visp produzierte Moderna-Impfstoff hat eine befristete Zulassung erhalten. Die Schweiz erhält damit den dringend benötigten Nachschub.
Die Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic hat am Dienstagnachmittag den mRNA-Impfstoff des US-Herstellers Moderna befristet zugelassen. Zusammen mit dem seit Weihnachten angewendeten Biontech-Vakzin kann die Schweiz damit künftig auf zwei verschiedene Hersteller zählen und ist nicht mehr von einem Lieferanten abhängig. Zudem werden die Dosen in der Schweiz produziert – Pharmazulieferer Lonza hat dazu in Visp drei Produktionsstrassen aufgebaut.
Die Zulassung erfolgt vorerst nur befristet, weil noch einzelne Daten fehlen. Es sei noch unklar, wie lange die Schutzwirkung sei, sagte Philippe Girard, stellvertretender Direktor von Swissmedic, am Dienstag vor den Medien in Bern. Die vorhandenen Daten zeigten, dass die Wirkung drei Monate anhalte. Wahrscheinlich halte die Impfung aber viel länger. Moderna selber gab am Dienstagmorgen bekannt, dass die Schutzwirkung mindestes ein Jahr anhalten soll.
Zudem fehlten Swissmedic noch Daten zum Thema Schwangerschaft, ergänzte Girard. Die Firmen seien daran, diese Studien durchzuführen. Sobald die Daten da seien, könne über eine unbefristete Zulassung diskutiert werden. Im Moment sei das Nutzen/Risiko-Verhältnis aber positiv zu bewerten, weswegen der Impfstoff befristet zugelassen werden konnte, sagte Girard.
Erste Lieferung schon unterwegs
Eine erste Lieferung von 200'000 Dosen des Covid-19-Impfstoffs von Moderna für die Schweiz wird bis Mittwoch eintreffen. Dies teilte Gesundheitsminister Alain Berset am Dienstag auf Twitter mit.
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Der Impfstoff geht an die Armeeapotheke, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag mitteilte. Die Armeeapotheke verteilt das Vakzin an die Kantone. Weitere Lieferungen würden in regelmässigen Abständen folgen. Wann die nächste Charge kommt, ist noch nicht genau bekannt. BAG-Abteilungsleiterin Nora Kronig versprach an einer Medienkonferenz, dass schon im Februar eine Million Impfstoffe eintreffen werden.
Von Biontech/Pfizer sind bis jetzt 234’000 Dosen eingetroffen und mit der nächsten Lieferung von 126’750 am 18. Januar wird die Schweiz dann schon 560'750 Dosen verimpfen können, wie Kronig vorrechnete. Das ermögliche die Impfung von vier Prozent der erwachsenen Bevölkerung.
Bei Moderna hat die Schweiz total 7,5 Millionen Impfdosen vorbestellt. Bis Ende Juni 2021 sollten alle Dosen verfügbar sein, verspricht der Hersteller. Das gilt auch für die 3 Millionen Dosen von Biontech. «Bis im Sommer sollen sich alle impfen lassen können, die dies möchten», schreibt das BAG dazu (lesen Sie dazu auch: Reichen diese Impfstoffe nun für die Schweiz?)
Im Fokus der Impfkampagne steht derzeit die ältere Bevölkerung. 1,63 Millionen Menschen in der Schweiz sind über 65 Jahre alt, für sie werden 3,26 Millionen Dosen benötigt. Denn wie bei Biontech braucht Modernas Mittel zwei Impfdosen um wirksam zu sein. Aufgrund der aktuellen Daten empfiehlt Swissmedic, das Moderna-Impfintervall von vier Wochen einzuhalten und die zweite Dosis nicht aufzuschieben. Gemäss den klinischen Studien sind geimpfte Personen 14 Tage nach der zweiten Spritze zuverlässig geschützt.
Nächster Impfstoff folgt bald
Mit den insgesamt 10,5 Millionen mRNA-Vakzinen sollten im ersten Halbjahr also 5,25 Millionen Menschen in der Schweiz immunisiert werden können. Noch keine Zulassung erhalten hat der Vektor-Impfstoff von Astra-Zeneca, davon sind weitere 5,3 Millionen Dosen bestellt. Insgesamt wäre dann für alle Erwachsenen in der Schweiz – rund 7,1 Millionen Menschen – genug Impfstoff vorhanden. In Grossbritannien wird das Vakzin bereits verwendet, die Beurteilung durch Swissmedic soll noch im Januar erfolgen.
Vorerst bringt der Moderna-Nachschub die dringend benötigte Entlastung für die Schweizer Impfkampagne, die aufgrund der geringen Vorräte des Biontech-Vakzins nur langsam startete. Lonza produziert nun bis zu 800’000 Moderna-Dosen pro Tag, diese sind aber auch für andere Länder bestimmt. Die EU hat 160 Millionen vorbestellt, die USA sogar 200 Millionen – dort gibt es auch weitere Produktionsstandorte, die schon länger in Betrieb sind. (Mehr zum Thema: Wo die Schweiz im grossen Impfrennen steht.)
Moderna-Impfung beim Hausarzt
Beim Moderna-Mittel war die EU der Schweiz im Gegensatz zur Biontech-Zulassung einen Schritt voraus und startete schon am Montag mit der Verteilung – eine der grössten logistischen Aufgaben, die Moderna bisher habe bewältigen müssen, teilte das Unternehmen mit. Ausgeliefert wird der Wirkstoff vom Schweizer Logistiker Kühne + Nagel. Dabei kommt eine Flotte von rund 200 speziellen Pharmatransportfahrzeugen zum Einsatz, die das Aufrechterhalten der erforderlichen Temperatur von minus 20 Grad Celsius sicherstellen.
Ist der Impfstoff angekommen, kann er für 30 Tage im Kühlschrank gelagert werden. Das ermöglicht, dass auch Hausarztpraxen das Vakzin verabreichen können. Allerdings muss das gut geplant werden, denn ein Fläschchen enthält zehn Impfdosen und muss innert sechs Stunden aufgebraucht werden. Wenn alle Hersteller die versprochenen Mengen liefern, sollen in der Schweiz bis zu 75’000 Menschen täglich einen Impfstoff erhalten – voraussichtlich wird die maximale Kapazität aber erst im Frühling erreicht.
Da zwei Spritzen benötigt werden, könnten also jeden Tag 37’500 Personen die erste Dosis erhalten, weitere 37’500 die zweite Impfung. Wenn die über 65-Jährigen durch sind, wird es also rund 20 weitere Wochen gehen, um alle 20- bis 64-Jährigen zu impfen – wobei einige davon bereits jetzt als Gesundheitspersonal oder Risikopersonen bevorzugt an die Reihe kommen.
Wahlfreiheit noch offen
Ob man auswählen darf, welches Vakzin man erhält, ist noch eine offene Frage. Christoph Berger, der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen, hat vor Weihnachten zwar gesagt, dass die Bevölkerung keine Wahl habe: «Es wird kein Wunschkonzert geben», sagte Berger. Geimpft werden soll das Vakzin, das gerade vorrätig ist. Bei genügender Verfügbarkeit ist eine indirekte Wahl trotzdem vorstellbar. In Deutschland wird beispielsweise pro Impfzentrum nur das Mittel eines Herstellers angeboten. Die Impfwilligen können somit auswählen, wo sie sich immunisieren lassen wollen, und haben damit auch die Kontrolle über das Vakzin.
Das ist ab sofort auch in der Schweiz denkbar: Wer den Moderna-Impfstoff bevorzugt, könnte nun versuchen, sich in einer Hausarztpraxis impfen zu lassen, wo das Biontech-Vakzin nicht verabreicht wird. Allerdings sind die beiden mRNA-Impfstoffe praktisch identisch, sodass eine Auswahl derzeit ohnehin noch wenig sinnvoll ist.
Sobald der Vektor-Impfstoff von Astra-Zeneca verfügbar ist, dürfte sich diese Frage aber nochmals stellen, da in der Bevölkerung trotz jahrelangen Testphasen und strengen Zulassungskriterien noch einige Vorbehalte gegenüber den neuen mRNA-Impfstoffen bestehen. Eine Wahl würde zwar einen erhöhten Aufwand bedeuten, könnte aber gleichzeitig dazu führen, dass mehr Menschen bereit wären, sich impfen zu lassen. Für das Erreichen der Herdenimmunität könnte das entscheidend sein.
Nebenwirkungen sind ähnlich
Die beiden Vakzine von Moderna und Biontech unterscheiden bislang hauptsächlich die verschiedenen Anforderungen an die Kühlung bei Transport und Lagerung. Ausserdem soll der Moderna-Impfstoff nach Angaben des Unternehmens mindestens ein Jahr lang wirksam sein. Biontech hat noch keine genauen Angaben dazu gemacht, rechnet aber ebenfalls mit dieser Zeitspanne. Nebenwirkungen, Wirksamkeit und Anwendung sind sehr ähnlich.
Der Covid-19 Impfstoff von Moderna darf Personen ab 18 Jahren gemäss den Arzneimittelinformationen sowie den offiziellen Impfempfehlungen des Bundes verabreicht werden. Die Impfung besteht aus zwei Dosen, die geschultes medizinisches Personal Impfwilligen im Abstand von einem Monat intramuskulär verabreicht.
Beide Vakzine dürfen momentan nicht an Kinder verabreicht werden, weil die dafür notwendigen Studien noch nicht abgeschlossen sind. Bei den Tests wurde der Fokus auf die eher gefährdete erwachsene Bevölkerung gelegt. Zudem benötigen beide Mittel zwei Impftermine und beide haben in Testreihen eine hohe Wirksamkeit von um die 94 Prozent und nur wenige Nebenwirkungen gezeigt. Swissmedic schreibt zum Moderna-Mittel: «Die häufigsten dokumentierten Nebenwirkungen sind vergleichbar mit jenen nach einer Grippeimpfung.» Menschen mit einer allergischen Reaktion auf einen der Inhaltsstoffe sollten aber nicht geimpft werden.
Mehr zum Thema: Wie Claire-Anne Siegrist, die renommierteste Schweizer Impfforscherin, impfskeptische Argumente beurteilt.
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SDA/anf
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