Kommentar zur Presserecht-Verschärfung Das Parlament hilft Oligarchen gegen Schweizer Journalisten
Hürden für gerichtliche Verbote von Berichten werden gesenkt. Nutzniesser sind ausländische Superreiche, gegen die wegen Korruption oder Geldwäsche ermittelt wird – das ist das falsche Signal.

Der Bundesrat, Journalistenverbände, Medienrechtler, die Verleger und Reporter ohne Grenzen haben deutlich gewarnt – es half nichts: Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat für eine Verschärfung des Schweizer Presserechts gestimmt.
«Durchschnittsbürger» sollen leichter gegen Berichte vorgehen können, die ihre Persönlichkeitsrechte verletzen. So lautet die gängigste Begründung im Parlament für die Verschärfung. Doch gerade im Bereich des Investigativjournalismus sind es oft schwerreiche Ausländer und Oligarchen, gegen die ermittelt wird, die gerichtlich Berichte verbieten. Für sie hat das Parlament nun die Hürden gesenkt – und ihnen damit einen grossen Gefallen getan. Der Gesetzgeber war dafür sogar bereit, den einheimischen Journalismus einzuschränken.
Die Mehrheit der Schweizer Politiker nimmt dies offenbar schulterzuckend in Kauf. Das hat sich auch letzten Freitag gezeigt. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats vertrat die Auffassung, dass Journalisten unter anderem bestraft werden sollen, wenn sie enthüllen, wer ein Schweizer Bankkonto hat. Selbst wenn es Kriminelle sind. Der offizielle Grund: Es bestehe das Risiko von «Vorverurteilungen von Privatpersonen» durch Journalisten.
Geschützt werden auch Folterer, Diktatorenfamilien, Oligarchen und Kriminelle.
Doch wer sind denn diese Privatpersonen? Es sind auch hier nicht «Durchschnittsbürger». Das zeigte gerade das Datenleck bei der Credit Suisse, das Anlass für die Debatte der Wirtschaftskommission war.
Es enthüllte, dass die Bank Folterer, Diktatorenfamilien, Oligarchen und Kriminelle aus dem Ausland als Kunden hatte. Das sind also letztlich die ausländischen «Privatpersonen», deren Namen Journalisten nicht nennen dürfen und die so vor einer «Vorverurteilung» geschützt werden sollen.
Letzte Woche kam die Schweiz unter Druck durch eine unabhängige Kommission der US-Regierung, die schrieb, das Land sei «seit langem bekannt als Ort für Kriegsverbrecher und Kleptokraten». Zahlreiche der Vorwürfe waren übertrieben. Doch solange das Parlament Oligarchen und Co. derart vehement schützt, muss man sich darüber nicht wundern. Und wundern muss man sich auch nicht, dass die Schweiz im neuesten Ranking zur Medienfreiheit aus den Top 10 geflogen ist.
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