Nahost-KriegDas sind die vier Geiseln, die befreit wurden
In der bisher grössten Rettungsaktion hat das israelische Militär vier Geiseln befreit. Unter ihnen ist auch Noa Argamani, deren Verschleppung am 7. Oktober weltweit die Öffentlichkeit bewegte.
«Der Schlüsselfaktor war der Überraschungsangriff», sagte der israelische Armeesprecher Peter Leiner über die gewaltsame Befreiungsaktion, bei der am Samstag vier Geiseln aus dem Flüchtlingsviertel Nuseirat befreit wurden. Die Aktion sei seit Wochen geplant gewesen, und nur dank des Einsatzes von Spezialeinheiten sei die äusserst komplexe Befreiung gelungen.
Bei den Befreiten handelt es sich um vier Israelis, die alle am 7. Oktober 2023 am Nova-Musikfestival verschleppt wurden. Sie alle wurden von Familien und Freunden empfangen und in gutem Zustand in ein Spital gebracht worden, wie das israelische Militär mitteilte.
Wer sind die Befreiten?
Noa Argamani
Kurz nach dem Angriff der Hamas-Terroristen am 7. Oktober 2023 in Israel gehen verschiedene erschütternde Videos und Bilder viral. Darunter auch ein Video vom Nova-Musikfestival, das Noa Argamani zwischen zwei Männern auf einem Motorrad zeigt. Sie wird von ihrem Freund getrennt, der in Fesseln zu Fuss weggeführt wird. Argamani streckt ihre Arme aus und ruft: «Bitte tötet mich nicht!» Das Video sorgte weltweit für Bestürzung, Noa Argamani wurde zu einem der Gesichter des brutalen Hamas-Angriffs.
245 Tage später wurde die 25-jährige Studentin befreit. Das israelische Militär veröffentlichte am Samstag Bilder, die zeigen, wie sich Argamani und ihr Vater in den Armen liegen. Gemäss israelischen Medien wurde Noa am Geburtstag ihres Vaters befreit. Die Freilassung sei sein grösstes Geschenk, erklärte Argamani unter Tränen.
Noas Mutter Liora Argamani hatte in den letzten Monaten mehrfach in der Öffentlichkeit um die Freilassung ihrer Tochter gebeten. Argamani hat Krebs im Endstadium. Es sei ihr letzter Wunsch, ihre Tochter wiederzusehen. Dieser Wunsch ist nun in Erfüllung gegangen.
Noa Argamanis Freund wird gemäss israelischen Medien noch immer von der Hamas festgehalten.
Andrey Kozlov
Der 27-Jährige arbeitete am Nova-Festival als Security-Mitarbeiter. Der gelernte Grafiker half regelmässig als Sicherheitsmitarbeiter bei Festivals aus. «Während Andrey Kozlov für die Sicherheit der Partygänger sorgte, wurde seine eigene Sicherheit gefährdet, als er von Hamas-Terroristen entführt wurde», schrieb das israelische Verteidigungsministerium am Samstag auf X.
Laut israelischen Medien hatte Kozlov noch während des Angriffs seinen Freunden Sprachnachrichten geschickt und sie über den Terrorangriff informiert. Er galt anschliessend während drei Wochen als vermisst, bevor die israelische Armee bekannt gab, das Kozlov von der Hamas entführt worden war. Kozlovs Eltern leben in St. Petersburg, laut der «Times of Israel» kamen sie am Sonntagmorgen in Tel Aviv an.
Shlomi Ziv
Der 40-Jährige arbeitete ebenfalls als Wachmann am Nova-Festival. Er hatte am Morgen des Angriffs Kontakt mit einer seiner beiden Schwestern. Er informierte sie über die Schüsse, die er hörte, und versicherte ihr, dass er und sein Team sich in Sicherheit befänden. Sie seien in Autos unterwegs nach Hause. Später berichtete er, dass sein Auto feststecke, weil so viele Leute versuchten, das Festivalgelände zu verlassen.
Laut der «Times of Israel» telefonierte er ein letztes Mal mit seiner Schwester, als er versuchte, zu Fuss weiterzukommen. Er habe schwer geatmet und versprochen: «Ich rufe dich zurück.» Wochen später wurde seine Frau Miran Ziv vom israelischen Militär informiert, dass ihr Mann von der Hamas als Geisel gefangen gehalten werde.
Am Samstag veröffentlichte das israelische Verteidigungsministerium Fotos von Shlomi Ziv in einem Spital. Die Bilder zeigen, wie er seine Familie unter Tränen umarmt.
Almog Meir Jan
Der 21-Jährige war als Besucher am Nova-Festival. Sein Onkel hatte gemäss der «Times of Israel» seinen Neffen auf einem Video des Hamas-Angriffs erkannt, das mehrere gefesselte Jugendliche zeigte. Um 7.45 Uhr morgens hatte der junge Mann seine Mutter, Orit Meir, angerufen. «Sie schiessen, sie schiessen», habe er ihr gesagt. Es sei klar gewesen, dass er nicht begreifen konnte, was los war. Er hatte ihr versprochen, dass er sich wieder melde, und ihr gesagt, dass er sie liebe, und sich dann verabschiedet.
Gemäss einem Freund, der sich ebenfalls in Gefangenschaft befindet, aber seine Eltern später am Morgen nochmals anrief, versuchte Almog Meir Jan mit einigen Freunden zu flüchten. Sie hätten versucht, in einem Auto das Gelände zu verlassen, aber das Auto sei beschossen worden, also hätten sie versucht, zu Fuss zu fliehen.
Am Sonntag erklärte der junge Mann gegenüber Medien: «Mir geht es jetzt sehr gut, ich bin bei meiner Familie, die mich unterstützt. Danke für alles.» Seine Mutter Orit sagte, dass sein wahrer Zustand noch nicht abzusehen sei. Die Familie sei tief bewegt und es gebe eine «Flut von Emotionen», da viele ihn heute im Krankenhaus besucht hätten.
Rettung fordert zahlreiche Opfer auf palästinensischer Seite
Die Befreiung der vier Geiseln sorgte am Wochenende für grosse Erleichterung in Israel. Es versammelten sich ausserdem zahlreiche Menschen, um einen Geisel-Deal sowie Neuwahlen zu fordern. Bei einer Hauptkundgebung in der Küstenstadt Tel Aviv versammelten sich örtlichen Medien zufolge Zehntausende. Auch in Haifa und Jerusalem kamen demnach jeweils Tausende Demonstranten zusammen.
Die palästinensische Seite beklagte nach dem israelischen Angriff auf das Flüchtlingslager Nuseirat den Tod zahlreicher Menschen. Das von der militant-islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium vermeldete mindestens 274 Tote und rund 700 Verletzte. Das Aqsa-Krankenhaus vermeldete 94 Tote und über 200 Verletzte.
kh/sda
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