Nach Bidens VorstossViele Hindernisse auf dem Weg zum Gaza-Deal
Die USA und internationale Vermittler drängen Israel und die Hamas zum Abschluss eines Abkommens. Was sind die Forderungen, was die Reaktionen? Ein Überblick.
Wie sieht der Vorstoss von US-Präsident Joe Biden aus?
In den festgefahrenen Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazakrieg hat US-Präsident Joe Biden letzten Freitag überraschend einen neuen Vorschlag präsentiert und zu einer Einigung aufgerufen. «Es ist an der Zeit, diesen Krieg zu beenden», sagte Biden. Israel habe unter Vermittlung der USA, Katars und Ägyptens einem umfassenden neuen Entwurf zugestimmt, der drei Phasen vorsehe und an die Hamas übermittelt worden sei.
«Es ist ein Fahrplan für einen dauerhaften Waffenstillstand und die Freilassung aller Geiseln», hiess es in der Mitteilung. Und weiter: «Dieser Deal bietet einen Fahrplan für einen dauerhaften Waffenstillstand und eine Beendigung der Krise.»
Wie sehen die drei Phasen aus?
1. Phase
Die erste Phase soll sechs Wochen dauern. Dabei solle eine völlige Waffenruhe herrschen, israelische Truppen würden in diesen sechs Wochen die bevölkerten Teile Gazas verlassen, heisst es. In dieser Phase sollten laut Biden mehrere Geiseln, darunter Frauen, ältere Menschen und Verletzte, von der Hamas freigelassen werden. Im Gegenzug würde Israel Hunderte inhaftierte Palästinenser freilassen.
2. Phase
Hier würden alle noch lebenden Geiseln, inklusive aller männlichen Soldaten, freigelassen. Das israelische Militär würde sich in dieser Phase ganz aus dem Gazastreifen zurückziehen. Falls sich die Hamas an die Abmachungen hält, würde die vorübergehende Waffenruhe in eine dauerhafte übergehen.
3. Phase
Hier geht es gemäss Biden um den Wiederaufbau des Gazastreifens. Dieser könnte Jahrzehnte dauern.
Wie reagiert Israel auf den Gaza-Deal?
Die Position Israels ist nach wie vor unklar. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte am Samstag erneut betont, Voraussetzung für ein Ende des Kriegs seien die Zerschlagung der Führung und der militärischen Fähigkeiten der Hamas sowie die Rückkehr aller Geiseln. Eine ähnliche Erklärung hatte es bereits am Freitagabend nach Bidens Ansprache gegeben.
Die Führung Israels liess am Samstag allerdings verlauten, Israel habe Unterhändler ermächtigt, ein Waffenstillstandsabkommen für den Gazastreifen vorzulegen. Unklar blieb aber, ob damit der von Biden präsentierte Vorschlag gemeint war.
Klar ist aber: Der Druck auf den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu wächst. Allein in Tel Aviv gingen am Samstagabend rund 120’000 Menschen für ein Abkommen auf die Strasse und forderten Neuwahlen. Präsident Isaac Herzog dankte Biden am Sonntag für dessen Bemühungen und sagte, er selbst habe Netanyahu und der Regierung «meine volle Unterstützung für einen Deal zugesichert, der zur Freilassung der Geiseln führen wird». Es gebe nach jüdischer Tradition keine grössere Pflicht als die Rückholung von Gefangenen und Geiseln, «vor allem, wenn es um israelische Zivilisten geht, die der Staat Israel nicht verteidigen konnte», sagte der Präsident.
Wie reagiert die Hamas?
Die Terrororganisation Hamas hat in einer ersten Reaktion mitgeteilt, man sehe die von Biden vorgebrachten Absichten positiv, besonders das Ziel eines dauerhaften Waffenstillstands. Die Hamas nennt das Kriegsende auch als Bedingung für die Freilassung von Geiseln.
Ist der Plan vollständig?
Nein, denn im Abkommen sei nicht erwähnt, wer nach dem Krieg die Herrschaft über den Gazastreifen übernehmen würde, berichtete die «New York Times». Sollten keine anderen Vereinbarungen getroffen werden, könne das dazu führen, dass die Hamas wieder die Herrschaft über das Gebiet übernehme. Das wäre aus Sicht der Islamisten ein strategischer Sieg, kommt die Zeitung zum Schluss.
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