Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Schweizer Eishockey und Corona
Das ist die neue Vierklassengesellschaft

Auf gehts in eine Saison als klarer Favorit: Die ZSC Lions mit Trainer Rikard Grönborg.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es wird zwar oft auch gegenteilig argumentiert, weil seit 1998 und dem Titel des EV Zug nur noch vier und seit 2006 und dem letzten Triumph des HC Lugano gar nur noch drei Teams Schweizer Meister wurden: Bern, Davos und die ZSC Lions. Und dennoch wurde das Championat der National League zuletzt immer ausgeglichener. Gleich zwei Mal hintereinander verpasste der Titelverteidiger (Bern, zuvor die Lions) das Playoff, und die Rapperswil-Jona Lakers, notabene zum zweiten Mal hintereinander Tabellenletzte, schafften es zumindest in den Heimspielen, nicht nur regelmässig die Grossen zu ärgern, sondern diese teilweise gar zu dominieren. Wenn das nicht Ausgeglichenheit ist, was dann? Da hält im Quervergleich nicht einmal die NHL mit ihrem System inklusive Lohnbegrenzung und Draft mit.

Doch damit ist es nun wegen Corona wohl vorbei. Das Virus trifft zwar alle Teams, sportlich und vor allem finanziell, doch die Schwächeren werden erst recht geplagt. Die Saison 2020/21 wird nicht überall unter gleichen Voraussetzungen in Angriff genommen, dafür sorgen einerseits die unterschiedlich möglichen Stadionauslastungen und vor allem der Verzicht einzelner Clubs, das Ausländerkontingent auszureizen – Letzteres gab es noch nie.

Da die Preise für ausländische Spieler wegen der Corona-Problematik derzeit fallen und bei einer allfälligen Absage der AHL-Saison die Saläre noch tiefer werden könnten, ist nicht auszuschliessen, dass der eine oder andere Club während der Regular Season nachrüstet. Doch Stand jetzt droht eine Mehrklassengesellschaft.

Der Klassenprimus

Neun Testspiele, neun Siege: Die Lions feiern den 3:2-Treffer beim 5:3-Sieg gegen Davos.

Bei den Zürchern stimmt eigentlich alles. Sie haben das breiteste Kader und können auf ein gut funktionierendes Farmsystem mit den GCK Lions zurückgreifen, wo vorerst auch der Liga-Topskorer der National League, Pius Suter, spielt. Der ZSC hat nicht nur die Breite, er gehört auf jeder Position zu den bestbesetzten Mannschaften. Und wegen der fragwürdigen neuen Regel, dass aus einem laufenden Vertrag in die NHL abwandernde Schweizer mit einem zusätzlichen Importspieler ersetzt werden dürfen, haben die Lions gar die Möglichkeit, während der Saison Ausländer Nummer 5 (wohl einen Verteidiger, oder als Absicherung einen Goalie) zu verpflichten, der gleichzeitig mit den anderen vier einsetzbar wäre.

Mit Rikard Grönborg wissen die Lions einen Headcoach in ihren Reihen, der letzte Saison bewies, dass er auch aus einem überdurchschnittlich gut besetzten Clubteam die entsprechenden Leistungen herauskitzeln kann – zuvor hatte der Schwede «nur» auf Nationalmannschaftsebene Männer gecoacht. Und nicht zu unterschätzen: Ausnahmsweise profitieren die Lions von der ansonsten komplizierten Situation im Hallenstadion, kein anderer Club darf unter dem Corona-Schutzkonzept so viele Leute in die Halle lassen wie der ZSC.

Der erste Verfolger

In den Testspielen ebenfalls meistens erfolgreich: Der EV Zug fährt hier gegen Davos einen ungefährdeten Sieg ein.

Der EVZ ist immer noch vor dem Rest einzureihen, aber nicht mehr, wie noch letzte Saison, auf der gleichen Stufe wie die ZSC Lions. Nebst den Zürchern sind die Zuger dennoch das einzige Team, bei dem ein Verpassen des Playoff schlicht ausgeschlossen erscheint. Der vielleicht beste Goalie der Liga (Leonardo Genoni), eine immer noch gute Breite im Kader, zu dem regelmässig aufstrebende junge Spieler der EVZ Academy nachrücken könnten, sorgen in Zug für Stabilität. Dass der EVZ Ausländerposition 4 aus Spargründen nicht wie gewünscht, sondern «nur» mit dem kanadischen Stürmer Ryan McLeod besetzen konnte, lässt sich im Vergleich mit der restlichen Konkurrenz verschmerzen.

McLeod ist ein noch komplett ungeschliffener 21-jähriger Rohdiamant, der in den letzten zwei Jahren als Skorer etwas stagnierte, aber über viel Potenzial verfügt. Die Edmonton Oilers, die den Center 2018 in der 2. Draft-Runde zogen, stellen McLeod (sein etwas prominenterer Bruder ist bei den Devils Teamkollege von Nico Hischier und Gilles Senn) dem EVZ auf Leihbasis vorerst gratis zur Verfügung.

Wo Himmel und Hölle nah beieinander liegen

Headcoach Patrick Emond und Servette: Können die Genfer den Coup der letzten Saison mit Rang 4 wiederholen?

Bern, Biel, Davos, Freiburg, Genf, Lausanne, Lugano. Die hier in alphabetischer Reihenfolge aufgelisteten Teams tauchen in den diversen Prognosen in allen möglichen Reihenfolgen auf. Gut möglich, dass von den Top 8 der Qualifikation nach den Pre-Playoffs (8. gegen 9. und 7. gegen 10.) nicht mehr alle dabei sein werden. Alle haben ihre Hoffnungen, aber auch ihre Sorgen.

Lausanne beispielsweise wäre eigentlich ein Spitzenteam, sorgt aber mit wildem Transfer-Roulette für Unruhe im Umfeld, aber auch in der Mannschaft. Über 4 Millionen Franken Verlust ankünden, Lohnkürzungen beim bestehenden Personal nicht ausschliessen, dann aber dennoch die Verpflichtung eines fünften Imports offen lassen. Für Harmonie sorgt man wohl anders …

Davos (3.) und Genf (4.) spielten letzte Saison wohl über ihren Verhältnissen, Biel (5.) mit Abstrichen wohl auch, die Saison der Bestätigung ist nie einfach. Lugano, Bern und Freiburg sind Wundertüten mit Potenzial für einen Spitzenplatz, aber lassen auch Zutaten für Unruhe und Absturz auf Ränge ausserhalb der Top 8 erahnen.

Die Desperados

Die Saison wird hart: Ambris Cheftrainer Luca Cereda schwant in dieser Szene Böses.

Ambri, Rapperswil-Jona und Langnau: Dieses Trio darf dank des speziellen «Corona-Modus» zumindest hoffen auf Erfolge, zum Beispiel in Form einer Playoff-Qualifikation. Erstens gibt es keinen Absteiger, was für etwas mehr Ruhe im Strichkampf sorgen sollte, und zweitens wurden die Pre-Playoffs eingeführt. Theoretisch kann man also auch von Rang 10 aus Meister werden – oder wenigstens ins richtige Playoff kommen.

Die Lakers sind etwas stärker als die letzten beiden Jahre, Platz 10 scheint für die St. Galler machbar. Vor allem, wenn Ambri und die SCL Tigers schwächeln sollten – was derzeit den Anschein macht. Vor allem im Emmental sind die Sorgen gross. Schon unter normalen Umständen hätten die Langnauer zu den schwächeren Teams gehört. Mit der ursprünglichen Absicht, nur mit zwei Ausländern in die Saison zu starten, hätten die Tigers Rang 12 wohl abonniert – vor allem, da mit Robbie Earl einer der beiden immer noch an den Folgen einer Gehirnerschütterung von Ende Januar leidet. Doch von den sinkenden Preisen im Importmarkt werden die Tigers nun als Erste profitieren: Mindestens ein weiterer ausländischer Neuzuzug ist geplant.