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TV-Kritik «Tatort»
Das grosse Versagen

Maëlle Giovanetti als Kommunenmitglied Ines samt den obligaten Alpakas verdreht vielen den Kopf.
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Doch, das geht: Dem «Tatort» eines Kultteams mal einen ganz anderen Dreh geben, ohne ihm damit seinen speziellen Sound zu verderben. Versucht wurde es schon öfters. So wurde am etwas in die Jahre gekommenen Klamauk-Profil der Münsteraner immer mal wieder herumgetüftelt; man hat das Ding etwa schon ins hyperbolisch Groteske ge- und auch verhoben.

Aber in «Rhythm and Love» ist es geglückt.

Denn Drehbuchautorin Elke Schuch wagte einen viel spannenderen Ausbruch aus dem Witzelformat auf Krimifolie als die Übertreibung. Der Fall rund um einen nackten Toten im Moor entpuppt sich nicht als ein absurder Kringel, sondern ist in die Mitte der Gesellschaft eingebettet. Und unsere Frotzelkommissare kommen bei den Ermittlungen herunter auf den Boden der eigenen Unzulänglichkeiten.

Für einmal geht Professor Boerne (Jan Josef Liefers) vor seiner Assistentin (Christine Urspruch) auf die Knie.

Da zweifeln also Kommissar Thiel (Axel Prahl) und Rechtsmediziner Boerne zwischendurch richtig heftig und sympathisch an sich selbst. Jan Josef Liefers, der jüngst mit seinem Corona-Video bei der Aktion #allesdichtmachen Negativschlagzeilen machte, hätte sich an seiner Figur mal ein Vorbild nehmen sollen.

Andererseits – auch das ein grosses Plus dieses «Tatorts» – dürfen sich ihre Handlanger aus dem Stichwortgeberdasein herausmausern. Die kleinwüchsige Boerne-Assistentin Silke Haller (Christine Urspruch) und der bärenhafte Thiel-Assistent Schrader (Björn Meyer) gewinnen als Gestalten Tiefe und Farbe und sind nicht bloss Beiwerk im Plot, sondern dessen Treiber.

Boerne-Assistentin (Christine Urspruch) und Thiel-Assistent (Björn Meyer) machen reinen Tisch.  

Der Tote hatte in einer Kommune auf dem Land, samt obligaten Alpakas, seine Polyamorie gelebt, und Professor Boerne kriegt weiche Knie, als er eine der Freundinnen kennen lernt; wir finden Maëlle Giovanetti als Ines auch toll. Für sie nimmt Boerne sogar am Trommel-Workshop der Kommune teil.

Derweil richtet sich der Verdacht auf ein Mitglied der Polizei. Aber weil sich hier sämtliche Personen als fehlbar erweisen, selbst die sonst so perfekte Boerne-Assistentin, klappt das mit der Indizienkette nicht wie gewünscht.

Nobody is perfect

Nobody is perfect: Das ist der Takt, nach dem «Rhythm and Love» gespielt wird. Selbst der involvierte Priester hat seine Schwäche nicht ganz im Griff. Und Regisseurin Brigitte Maria Bertele geht hier schon mal mit grossem Zoom auf die erschöpften Gesichter. Dann wieder lässt sie eine kalte, helle Sonne auf Tote knallen, um später die Ermittler beziehungsweise ihre Assistenten in dunklen Depro-Sessions zusammenzuführen.

«Wir sind zwei Nieten an einer Hose», konstatiert Thiel beim nächtlichen Frustsaufen mit Boerne, nachdem der ihm den Dunning-Kruger-Effekt erklärt hat: Dass inkompetente Menschen oft zu inkompetent sind, um ihre eigene Unfähigkeit zu erkennen. Keine Niete aber hat Münster mit diesem «Tatort» gezogen!