TV-Kritik «Tatort»Ein Meister-Manipulator verwirrt die Kommissarinnen
Der neue Krimi aus Ludwigshafen porträtiert einen Narzissten und seine gefährliche Macht.
Grün schimmern die aufgereihten Flaschen in der schummrigen Kneipe. In dieser lauen Sommernacht in Ludwigshafen springt die Kamera von einem verlorenen Mann zum nächsten: Der eine sitzt saufend am Tresen der Kneipe, der andere einsam auf seinem Balkon, der dritte steht in der abgedunkelten Küche seiner Freundin. Aber im grellen Neonlicht des Kiosks liegt einer erschlagen in seinem Blut.
Der Drehbuchautor und Regisseur von «Der böse König», Martin Eigler, gibt diesem Krimi von Anfang an eine Optik, die an Dr. Jekyll und Mr. Hyde erinnert: Strahlend helle Tage kontrastieren mit verschwommenen Shots aus Dunkelgrün, Nachtschwarz, Giftgelb.
Die Lichtchoreografie widerspiegelt jene des Plots und der Charaktere. Da ist einmal das verwirrende Hin und Her zwischen klar konturierten, aber unverständlichen Fakten und wabernden Vermutungen. Eine Tatsache sind etwa die 73 Cents, die bei der Obduktion im Rachen des Ermordeten gefunden wurden. Drumherum werfen die beiden Ermittlerinnen Odenthal (Ulrike Folkerts) und Stern (Lisa Bitter) Spekulationen in alle Richtungen auf, befeuert durch die Lügen, Andeutungen und Irreführungen der Verdächtigen.
Möchtegern-Macher ohne Frustrationstoleranz
Keiner sagt die Wahrheit. Der eine wurde mit einem Baseball-Schläger gesehen, ein anderer gibt sich undurchsichtig-unbeteiligt, ein weiterer taucht mit Blumen im Kommissariat auf. Bald aber konzentriert sich der Verdacht auf einen der vier.
Das ist dann der grosse Moment von Schauspieler Christopher Schärf: Er gibt die Ying-Yang-Persönlichkeit des hochmanipulativen Möchtegern-Machers ohne Frustrationstoleranz mit geradezu beängstigender Präzision. Sein Antoine fokussiert dabei auch krankhaft auf die jungen Frauen in seiner Umgebung. Regisseur Eigler zeichnet sie hier ganz gross, die Jekyll-Hyde-Thematik.
Die altgediente Odenthal wird noch vor ihrer etwas verstörten Profiler-Kollegin konstatieren, dass Antoine, der eigentlich Anton heisst, ein Narzisst ist. Jeden Kontrollverlust begreift er als persönliche Kränkung, die er – koste es, wen es wolle – kompensieren muss.
So startet ein raffiniertes Katz-und-Maus-Spiel bis hin zu einem spannenden Wettlauf mit der Zeit. Und sogar die – immer noch etwas schwächelnde – Figur der Sidekick-Ermittlerin Johanna Stern bekommt etwas mehr Farbe in «Der böse König».
Dass die Dialoge zwischen den Ermittlerinnen dagegen eher erklärbarmässig hölzern ausfallen, ist eine der Schwächen des Drehbuchs, das in Sachen narzisstische Störung ganz offensichtlich bis ins Letzte ausrecherchiert wurde. Ein Knüllerkrimi war das entschieden nicht. Dennoch: Die seit 1989 im Dienst stehende Lena Odenthal hält uns bei der Stange.
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