TV-Kritik «Tatort»Ein Mädchen stirbt im Walde
Die Model-Kommissare aus Saarbrücken lösen den zweiten Fall, aber noch mehr fesselt ihre Hintergrundgeschichte.
War schön im Wald, über Ostern, nicht wahr? Sonne, die ersten Blumen, erwachende Natur. Am Montagabend, im «Tatort» kam noch eine Tote dazu. Sie lag da, mit herausgerissenem Herzen, abgeschnittenem Finger und einem Zweig im Mund. Wie bei einem erlegten Tier.
Die Gymnasiastin, die im Wald getötet wurde, ist Anlass zum zweiten Auftritt der Kommissare Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) und Adam Schürk (Daniel Strässer) aus Saarbrücken. Vor einem Jahr gaben sie, ebenfalls am Ostermontag, ihr Debüt. Sie sind jung, sehen gut aus, könnten ihr Geld ebenso gut als Models auf dem Laufsteg verdienen. Die Fälle, die sie bearbeiten, dagegen sind hässlich. Dazu kommt noch ein Geheimnis, das die beiden verbindet. Doch davon später.
Jeder 25. Mensch ist ein Psychopath
Schon die Sache um das erlegte Mädchen erweist sich als komplex. Verwickelt sind Gymnasiasten, die allesamt scharf auf sie waren. Aber auch ein eingewanderter Einsiedler, in den sie offensichtlich verliebt war, spielt eine Rolle. Und vermutlich noch ein Psychopath, der auch schon in Frankreich und Italien sein Unwesen getrieben hat. Psychopathen sind gar nicht so selten, rechnet eine Kollegin den Kommissaren vor, auf jede 25. Person komme einer, es gebe mehr davon als Diabetiker.
Inszeniert ist das flott, mehr Thriller als Krimi, mit Schockeffekten, prächtigen Naturaufnahmen, einer gelungenen Treppen-Verfolgungsjagd. Aber es ist eben nicht alles. Denn da ist die Vorgeschichte der beiden Kommissare, die gemeinsam als Jugendliche Adams gewalttätigen Vater schwer verletzt haben. Der lag 15 Jahre lang im Koma. Am Ende des ersten Falls erwachte er. Jetzt hat er den Schlüssel zur Lösung des zweiten Falles in der Hand.
Das ist insgesamt sehr viel für 90 Minuten, doch Hendrik Hölzemann (Buch) und Christian Theede (Regie) gelingt es, die Stränge geschickt zu verweben. Das funktioniert für jene, die den ersten Fall kennen (er hiess «Das fleissige Lieschen» und kann in der ARD-Mediathek nachgeschaut werden). Aber auch für jene, die bei «Der Herr des Waldes» neu dazukommen.
Die Geschichte ist noch nicht zu Ende
Vielleicht wird mit dieser horizontalen Erzählweise über das Ziel hinausgeschossen, vielleicht lässt sich das Konzept nicht über viele Folgen durchziehen. Aber die Geschichte um Vergangenheit und Zukunft von Schürk und Hölzer gehört zum Besten, was es im «Tatort» gegenwärtig zu sehen gibt. Und der Fall mit den beiden Kommissaren, die gemeinsam ein Verbrechen begangen haben – wenn auch aus Notwehr –, ist noch lange nicht auserzählt.
Darum: Nächstes Rendez-vous in Saarbrücken unbedingt in einem Jahr. Wieso nicht am Ostermontag im Wald?
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