US Open soll stattfindenDas grosse New Yorker Wagnis
Wo bis vor kurzem noch Corona-Patienten versorgt wurden, sollen im August die Tenniscracks vor leeren Rängen das US Open ausspielen. Fragt sich nur, ob da auch die Spieler mitmachen.
Bis vor kurzem wurden in Flushing Meadows noch Covid-19-Patienten versorgt. Auf dem Höhepunkt der Coronakrise wurde die Tennisanlage in Queen’s zum temporären Spital mit 350 Betten umfunktioniert. Ende August sollen nun im Billie Jean National Tennis Center wieder die Rackets geschwungen werden. Lange war gewerweisst worden, nun vermelden Forbes, ESPN und die New York Times übereinstimmend: das US Open wird vom 31. August bis zum 13. September ausgetragen. Die Männer- und die Frauentour segneten die Pläne des US-Tennisverbands ab, es fehlt nur noch das Okay der lokalen Behörden.
Ob das eine gute oder eine schlechte Nachricht ist, darüber sind sich die Tenniscracks uneins. Am Wochenende bekräftigten Novak Djokovic, Dominic Thiem und Alexander Zverev ihre Bedenken wegen der rigorosen Sicherheitsmassnahmen. So dürfen die Spieler nur eine Begleitperson mitnehmen, werden sie in Hotels beim Flughafen «kaserniert» und mehrmals pro Woche getestet. Zuschauer sind keine zugelassen, Medien abgesehen von TV-Partner ESPN, der jährlich rund 70 Millionen Dollar bezahlt, auch nur vereinzelt.
Fast schon surreal muteten angesichts dieser Restriktionen die Bilder von der von Djokovic organisierten Adria-Tour vom Wochenende an, wo man das Gefühl hatte, das Coronavirus existiere nicht mehr. Das US Open kann sich eine solche Sorglosigkeit nicht leisten. Zumal New York von allen US-Staaten am härtesten getroffen wurde, schon über 30’000 Coronatote beklagt. Inzwischen sind die Neuansteckungen von über 10’000 täglich zwar auf unter 1000 gesunken, weshalb Gouverneur Andrew Cuomo Lockerungen verfügte. Doch weil es am Weekend zu zahlreichen Verstössen kam, drohte Cuomo wieder mit Verschärfungen.
Der US-Verband braucht das Geld
Und in gut zwei Monaten soll also in New York die versammelte Tennis-Elite (ausser dem verletzten Roger Federer) auftreten. Der Hauptgrund dafür liegt auf der Hand: Anders als Wimbledon verfügt das US Open über keine Pandemie-Versicherung, es drohen riesige Verluste. Wegen der TV- und Sponsorenverträge ist es lohnender, ohne Zuschauer zu spielen als gar nicht. Nach der Totalüberholung der Anlage für 600 Millionen Dollar ist der US-Verband knapper bei Kasse als auch schon. Vergangene Woche entliess er 110 Angestellte.
Vor dem US Open soll in New York ab dem 24. August bereits das verlegte Turnier aus Cincinnati stattfinden. Die Idee ist, die Spieler in eine «Blase» zu bringen, in der sie bis zu vier Wochen ohne Coronarisiko leben, trainieren und spielen. Problematisch könnte es werden, falls alle Spieler nach der Einreise in die USA in Quarantäne müssten. Aber man ist optimistisch, dass die Bestimmungen auch diesbezüglich bald gelockert werden.
Viele Spieler reagierten in den ersten Gesprächen skeptisch bis ablehnend auf die Pläne des US Open. Doch gemäss der New York Times hat der Spielerrat der Männer unter der Führung von Djokovic zugestimmt. Vielen Spielern geht es eben auch nicht anders als dem US-Verband: Sie brauchen das Geld. Die Stars könnten sich zwar ein Fernbleiben leisten, aber wer will schon eine Chance auf einen Grand-Slam-Titel verstreichen lassen?
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