«Das erinnert mich stark an die Fichen-Affäre»
SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen ist empört, wie oft ihr Name in den Datenbanken des Nachrichtendiensts des Bundes (NDB) auftaucht. Sie fordert Massnahmen.
Frau Kiener Nellen, Ihr Name tritt über 70-mal in den Datenbanken des Nachrichtendiensts des Bundes (NDB) auf. Das wissen Sie nur, weil Sie ein Auskunftsgesuch an den NDB gestellt haben. Wieso haben Sie das Gesuch eingereicht?
Im Frühjahr 2019 wurde bekannt, dass über meine Kollegin und SP-Ständerätin Anita Fetz aus Basel-Stadt Informationen gesammelt wurden. Das war für mich Anlass dazu, beim NDB das Gesuch zu stellen. Nach der Fichen-Affäre 1989 habe ich bereits einmal ein Gesuch gestellt – damals hatte ich keinen einzigen Eintrag. Ich erwartete jetzt dasselbe. Dementsprechend war ich sehr überrascht. Und habe mich stark an die Fichen-Affäre erinnert.
Der Datenbankauszug zeigt unter anderem, dass Sie sich letzten Dezember mit kurdischen Aktivisten trafen. Worum ging es da?
Dabei handelte es sich um eine Einladung zu einem Treffen im Zusammenhang mit dem Hungerstreik der kurdischen Parlamentarierin Leyla Güven. Ich habe als Präsidentin der ständigen Menschenrechtskommission der OSZE gehandelt und mich auch als Präsidentin der OSZE-Delegation der Bundesversammlung dafür engagiert, dass Güven aus dem Gefängnis freikommt und sofort die dringend nötige medizinische Hilfe erhält. Güven wurde dann im Januar 2019 auch freigelassen und konnte zum Glück vor dem Tod gerettet werden.
Dann erklären Sie sich sämtliche Einträge, die der NDB registriert hat, mit Ihrem Engagement?
Ja, insbesondere mit meinem Engagement als gewählte Nationalrätin. Es ist klar, dass, wenn nach gewissen Stichworten gefiltert wird, wie es der Nachrichtendienst tun muss, mein Name auftauchen kann. So bin ich etwa Vizepräsidentin der IPU-Beratungsgruppe gegen Terrorismus und gewalttätigen Extremismus, darum häufig Referentin an verschiedensten Veranstaltungen. Das sind jedoch alles offizielle Anlässe und Konferenzen, die mit meiner parlamentarischen Tätigkeit zu tun haben. Diese werden immer publiziert und rapportiert. Das gehört weder an den NDB gemeldet noch von diesem gesammelt. Das Gesetz verbietet solches ausdrücklich. Art. 5 Abs. 5 NDG schreibt nämlich vor, dass der NDB keine Informationen über die politische Betätigung und über die Ausübung der Meinungs-, Versammlungs- oder Vereinigungsfreiheit in der Schweiz beschafft und bearbeitet.
Was verlangen Sie vom NDB, wenn Ihr Name im Zusammenhang mit Terrorismus auftaucht?
Aus meiner Sicht muss der NDB, falls er auf eine solche Veranstaltung aufmerksam wird oder ihm Informationen von Dritten zugestellt werden, dies sofort löschen. Es lässt sich alles mit meiner parlamentarischen Tätigkeit erklären und ist deshalb nicht rechtens, wenn diese Daten gespeichert werden. Solche Informationen dürfen vom NDB nicht beschafft und gesammelt werden. Sie sind bei Eingang von dritter Seite vom NDB sofort zu löschen.
Was werden Sie jetzt tun?
Zuerst hoffe ich darauf, dass das unabhängige Aufsichtsorgan des NDB aktiv wird und von Amtes wegen meinen Fall analysiert. Zudem soll sich die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments damit beschäftigen und sich ein Urteil bilden. Je nach Ergebnis behalte ich mir den Rechtsweg vor. Dazu werde ich beim Bundesarchiv nachfragen, ob bereits Daten dorthin weitergereicht wurden.
Ich anerkenne, dass die gesetzliche Aufgabe des Nachrichtendiensts eine schwierige Gratwanderung darstellt. Aber in meinem Fall ging das Sammeln und Aufbewahren eindeutig zu weit.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch