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Meinung

Kolumne «Miniatur des Alltags»
Das Einmaleins des Busfahrens

Das Sprechen frühmorgens im Bus ist beinahe so verboten, wie seinen Lieblingsplatz zu wechseln.
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Frühmorgens im Bus gilt das ungeschriebene Gesetz des «Einander-in-Ruhe-Lassens». Und ich muss gestehen, auch ich bin eine langjährige Verfechterin dieser ÖV-Tugend. Mit dem Ausschöpfen meines eigentlich nicht so geringen Tageskontingents an Worten beginne ich konsequent erst nach dem Arbeitsweg. 

Dass dies allerdings eher wenig mit meinen persönlichen Vorlieben zu tun hat und vielmehr dem «Einmaleins des Busfahrens» geschuldet ist, wurde mir erst letzte Woche wieder einmal bewusst.

Denn dieses Einmaleins des Busfahrens kennt neben der Stille noch ein zweites ungeschriebenes Gesetz: die Sitzordnung. So teile ich meine tägliche Busstrecke entlang des rechten Seeufers mit wenigen, aber konstant denselben Fahrgästen und könnte auch täglich noch zu Hause voraussagen, wer sich im Bus wohin setzen wird. Diese Ordnung scheint unverhandelbar.

Mein persönlicher Platz des Vertrauens befindet gleich hinter dem Chauffeur ganz vorne, und dies seit Jahren und mittlerweile auch unabhängig von der Strecke. Doch während der vergangenen Schulferien bot sich mir plötzlich eine Chance. Ganz unverhofft war am Montagmorgen das Viererabteil im hinteren Busdrittel frei. Der beste Platz im ganzen Bus, den sonst immer zwei Primarschüler für sich beanspruchen. Doppelte Beinfreiheit, Seeseite, ein freier Platz für die Handtasche und noch ein separater für Jacke und Schal dazu.

Das unverhoffte Platzglück war jedoch nur von kurzer Dauer. Mit finsterem Blick trotteten die beiden Primarschüler am ersten Tag nach den Herbstferien an einen anderen Platz, als sie mich beim Einsteigen auf ihrem Platz ertappten. Und seither sind sie täglich nun vor mir im Bus und verteidigen ihr Revier – zwar wortlos, doch dafür mit Trotti, Rucksack und durchdringenden Blicken.