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Gartenkolumne «Nachgehackt»
Darum reagiere ich so empfindlich auf Kommentare

Der nasskalte Mai hat dafür gesorgt, dass es in den meisten Gärten derzeit noch nicht so üppig aussieht wie gewohnt und gewünscht.
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Der Besuch fand, er habe sich meinen Garten grösser vorgestellt. Während der Mann mit den Schultern zuckte, dachte ich tagelang darüber nach.

Solche Bemerkungen kommen ab und zu vor, die noch zermürbendere Version davon ist: Der Besuch sagt, er habe sich unseren Garten anders vorgestellt. Anders? Wie anders? Anders ist nichts anderes als ein nettes Wort für schöner. Das macht mich unsicher.

Ich liebe unseren Garten, ich kenne mich aus in unserem Garten, und ich könnte stundenlang über ihn sprechen. Vermutlich habe ich das auch schon getan und dabei gar nicht gemerkt, dass ich die anderen langweilte. Immerhin: Der Mann scheint immer noch ganz gern zuzuhören. Ganz sicher aber bin ich darum so empfindlich, wenn jemand etwas über den Garten sagt. Er ist mein Bereich, er ist meine Leidenschaft.

Natürlich wirkt dieser Garten nicht so gross, wenn der Besuch ihn momentan zum ersten Mal sieht. Der Mai war nass und kühl, besonders das wärmeliebende Sommergemüse ist im Rückstand. Die Wurzelgemüse keimen eben erst, meine Stangenbohnen kommen dieser Tage in die Erde. Viele der Beete sehen eher leer aus. Selbstverständlich macht das im ersten Moment nicht viel her.

Ich brauche keinen Applaus

Aber hey, ich freue mich über den keimenden Mais, der ganz zögerlich seine ersten Spitzen durch den Boden steckt. Ich freue mich, weil ich ihn dorthin gesteckt habe und weil er jetzt wirklich wächst. Das ist jedes Mal ein Wunder. Ich freue mich, auch wenn niemand mich dafür beklatscht. Ich muss von niemandem hören, dass ich das gut gemacht habe. Und gerade darum ist der Garten so wertvoll für mich. Er hat nichts damit zu tun, was andere über mich denken und wie sie mein Handeln bewerten.

Die Gartenarbeit ist eine urtümliche Tätigkeit, die vielleicht urtümlichste überhaupt: Nahrungsherstellung und -beschaffung. Die Sinnfrage erübrigt sich – ausser man kommt auf den Gedanken, die Zeit aufrechnen zu wollen. Aber ganz ehrlich, wie hätte ich meine Zeit sinnvoller einsetzen können? Gibt es ein besseres Hobby?

Manche Gemüse, die später bei uns auf dem Teller landen, haben sogar eine eigene Geschichte. Zum Beispiel der Salatkopf, der im Gegensatz zu den am selben Tag gepflanzten Setzlingen einfach nicht wachsen wollte. Immer gleich klein blieb. Auch als ich den letzten der anderen Köpfe erntete, blieb er mickrig. Ich liess ihn stehen und pflanzte nebenan schon neue Salatsetzlinge. Und siehe da, ein paar Wochen später war er doch noch zu einem stattlichen Salat herangewachsen.

Etwas Sonne, und alles wird gut

Manche Gemüse bleiben hingegen mickrig, interessanterweise sind es aber nicht jedes Jahr dieselben. Während letztes Jahr die Auberginen einfach nicht wollten, gab es rekordmässig viele Bohnen. Und so schwierig der Start in diesem Jahr für Gurken, Tomaten und Peperoni ist, Broccoli und Salat wachsen extrem stark. Und auch Himbeeren, Blaubeeren und Erdbeeren haben noch selten so intensiv geblüht.

Nun braucht es bloss etwas Sonne – und dann wird alles gut. Das alles hätte ich dem Besuch erläutern können. Aber leider kam es mir zu spät in den Sinn.