Darum darf Federer trotzdem optimistisch sein
So schnell, wie er in Cincinnati gegen Andrei Rublew verlor, sollte er diese Partie abhaken. Entscheidend ist: Er steigt erstmals seit 2015 fit ins US Open.
Für jene Federer-Fans, die nach Wimbledon ihre Wunden leckten und es kaum erwarten konnten, bis ihr Liebling wieder auf die Tour zurückkehrte, war Cincinnati auch nicht die Lösung. So rasant wie beim 3:6, 4:6 gegen den jungen Russen Andrei Rublew, in nur 62 Minuten, hatte Federer schon lange nicht mehr verloren. Anfang 2003 war er in Sydney vom Argentinier Franco Squillari in 54 Minuten 6:2, 6:3 vom Platz gefegt worden. Damals galt er noch als Ausnahmetalent, bei dem man nicht wusste, ob er jemals Grand Slams gewinnen würde – wie heute Alexander Zverev.
So kurz der Rublew-Match war, so schnell sollte ihn Federer abhaken. Er war so atypisch für ihn, dass er kaum etwas daraus ziehen kann. Der Aufschlag, in Wimbledon eine grosse Stärke, liess ihn im Stich. Und als der Baselbieter das Angriffsspiel forcierte, funktionierte das auch nicht. Er verlor am Netz 12 von 19 Punkten, verschlug auch einfache Volleys. Mit den äusserst schnellen Bedingungen, die ihm eigentlich entgegenkommen sollten, kam er nicht zurecht. Da hatte es Rublew als Qualifikant einfacher: Der 21-Jährige bestritt bereits seine fünfte Partie in Cincinnati, war schon akklimatisiert.
Das aktuelle Hoch des russischen Tennis
Im Februar hatte Rublew im Davis-Cup in Biel noch im Doppel gegen Laaksonen und den 15-jährigen Kym verloren. Inzwischen hat der US-Open-Viertelfinalist 2017 mit der schnellen Vorhand wieder zu seiner Form gefunden. In Cincinnati hatte er Glück, dass er überhaupt antreten konnte. Denn er hatte es verpasst, sich fürs Turnier einzuschreiben – und rückte nur deshalb in die Qualifikation nach, weil ein anderer Spieler Forfait geben musste. Seine Siege über Federer und Stan Wawrinka passen zum aktuellen Hoch des russischen Tennis, das mit Daniil Medwedew und Karen Chatschanow zwei Top-10-Spieler stellt, die auch am US Open zum erweiterten Favoritenkreis gezählt werden müssen.
Federer reist mit nur einem Sieg auf Hartplatz nach Flusing Meadows, erstmals seit 16 Jahren. Doch das beunruhigt ihn nicht, wie er betonte: «Ich habe in diesem Jahr 45 Spiele bestritten. Da sehe ich kein Problem.» Novak Djokovic verzichtete vor Wimbledon ja auf Rasenspiele und gewann es trotzdem. Den grossen Drei dienen die ersten Runden an Grand Slams dazu, sich in Form zu spielen. Der Modus mit 32 Gesetzten bewahrt sie in der ersten Woche meist vor bösen Überraschungen. Federer dürfte sich aber nicht unbedingt Rublew als einen seiner ersten Gegner wünschen. Ausgelost wird am nächsten Donnerstag.
Schnell das Positive suchen
Wie es seine Art ist, suchte Federer nach dem Rublew-Match schnell wieder nach dem Positiven: «Egal, wie diese Woche herausgekommen ist, ich bin froh, bin ich hierher gekommen und hatte einige gute Trainings.» Sein frühes Aus beschere ihm, nachdem er einen harten Trainingsblock hinter sich habe, nun noch ein, zwei freie Tage. Und das Wichtigste sei, dass er nicht verletzt sei. 2016 hatte er das US Open verpasst (Knie), 2017 behinderte ihn der Rücken, 2018 hatte er Schmerzen an der Schlaghand, was seine Vorhand beeinträchtigte.
Interessant ist, wie sehr Federer nach dem Rublew-Match den Unterschied der Bedingungen am Tag und am Abend betonte. Wegen der Hitze sei der Ball sehr lebhaft gewesen, schwer zu kontrollieren, sagte er. «Spiele am Tag sind auf den Hartplätzen in Nordamerika, wenn es so heiss ist, immer schwierig.» Auch wenn der Schweizer am US Open als grösster Star vornehmlich Abendspiele bestreiten wird, so dürfte er nun im Training seinen Fokus darauf richten, in der Hitze zu trainieren. Diese bereitete ihm letztes Jahr in New York beim verlorenen Achtelfinal gegen John Millmann ja erstaunliche Mühe – obschon jene Partie am Abend stattfand.
Eines ist klar: Federer bleibt vorerst die Nummer 3 hinter Rafael Nadal, der in Toronto seinen Titel verteidigte und diese Woche frei nahm. Und das bedeutet, dass er am US Open Djokovic und Nadal schlagen muss, sofern alles nach Setzliste läuft. Das hat er an einem Grand Slam noch nie geschafft. In Wimbledon fehlte ihm dazu ein Punkt.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch