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Rechtsextremer AfD-Nachwuchs
In seinem Zimmer lag ein SS-Befehl von Himmler

30.10.2023, Bayern, Würzburg: Der AfD-Politiker Daniel Halemba steht vor dem Gerichtsgebäude am Würzburger Landgericht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Halemba und vier weitere Mitglieder einer Studentenverbindung wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Foto: Heiko Becker/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Heiko Becker)
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Als Ende Oktober der frisch gewählte bayerische Landtag erstmals zusammentrat, wurde der neue Abgeordnete Daniel Halemba als «entschuldigt» aufgerufen, was einige Lacher provozierte: Der 22-jährige AfD-Politiker war am Morgen von der Polizei für einige Stunden verhaftet worden, wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr.

Mitte September hatten Polizisten die Räumlichkeiten von Halembas Burschenschaft Teutonia Prag in Würzburg durchsucht und waren dabei offensichtlich fündig geworden.

In einem Gästebuch hatte Halemba einen Eintrag mit dem Ausspruch «Sieg Heil» mit seinem Namen unterschrieben. In seinem eigenen Zimmer fand sich «an prominenter Stelle», wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, der Ausdruck eines mit einer sogenannten Doppelsigrune versehenen Befehls von SS-Reichsführer Heinrich Himmler aus dem Jahr 1939: Es handelt sich um einen Zeugungsbefehl an deutsche Männer. Himmler gilt als einer der Hauptverantwortlichen für den Holocaust.

NS-Erinnerungsstücke, Antisemitisches, Waffen

In anderen Räumen wurden weitere «Devotionalien» aus der Zeit des Nationalsozialismus sowie antisemitische Schriften sichergestellt, zudem mehrere Schlagringe, eine Machete, Schlagstöcke, ein Einhandmesser und eine Schreckschusswaffe. Seither ermittelt die Justiz gegen Halemba und vier befreundete Burschenschafter wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen.

Als Halemba, unter Auflagen freigekommen, am Tag nach der ersten Landtagssitzung doch noch ins Münchner Maximilianeum kam, wurde er von den AfD-Abgeordneten wie ein Held begrüsst. Nach Umarmungen und Fotos durfte das jüngste Mitglied in einer der vordersten Reihen der Fraktion Platz nehmen. Die Partei schimpfte vor den Medien über «Gesinnungsjustiz», Halemba selbst über «Repressionen der bayerischen Staatsregierung».

Halemba stammt aus einer deutschen Familie, die erst 2004 aus dem polnischen Oberschlesien nach Deutschland auswanderte. Er studiert an der Fernuniversität in Hagen Wirtschaftsrecht und nennt sich «Textilunternehmer». Laut «Spiegel» verkauft er im Internet gebrauchte Kleider. Als sein politisches Vorbild nennt er Björn Höcke, den heimlichen, rechtsextremen Anführer der AfD aus Thüringen.

Es fühle sich an wie eine Machtübernahme der Neonazis, sagte eine Ausgetretene. «Ich sehe Anklänge an 1933.»

Die Burschenschaft Teutonia Prag gilt als offen rechtsextreme Truppe, mit der alle anderen Würzburger Studentenverbindungen jeden Kontakt ablehnen. Weil er zu ihr auf Weisung der Justiz derzeit Abstand halten muss, besuchte Halemba kürzlich eine andere rechtsextreme Verbindung, Frankonia in Erlangen. Laut Szenekennern nahmen neben ihm zwei Vorstandsmitglieder der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative sowie mehrere Neonazis an einem Vortrag eines revisionistischen Historikers über den Zweiten Weltkrieg teil.

Vor einigen Jahren wären solche Verbindungen in der AfD noch ein Grund für ein Ausschlussverfahren gewesen. Heute scheint es vielen eher, als breiteten sich Rechtsextremisten aus dem Kreis der Jungen Alternative in der Partei gerade völlig ungehindert aus.

Die frühere AfD-Politikerin Freia Lippold-Eggen, der Halemba «ins Herz» ihres Wahlkreises «reingeputscht» worden war, ist deswegen gerade aus der Partei ausgetreten. Es fühle sich an wie eine Machtübernahme der Neonazis, sagte die 68-Jährige der «Süddeutschen Zeitung». «Ich sehe Anklänge an 1933.»

AfD-Demo auf dem Geschwister-Scholl-Platz?

Halembas Kumpel von der Jungen Alternative, die vom Bundesverfassungsschutz seit April als «gesichert rechtsextremistische Bestrebung» eingestuft wird, wollten kürzlich ihre Sympathie mit ihrem ehemaligen Schatzmeister an einer öffentlichen Kundgebung in Würzburg ausdrücken – ausgerechnet auf dem Platz, der an die Geschwister Scholl erinnert, hingerichtete studentische Widerständler gegen Adolf Hitler.

Das ging dann sogar der Führung der bayerischen AfD zu weit. In eindringlichen Gesprächen brachte sie den Nachwuchs davon ab. Zu Halemba hält die Partei aber weiter treu.